Text: Anita Lehmeier Fotos: HO
Nah am Wasser gebaut. Der englische Landschaftsmaler William Turner, der grosse Romantiker, hätte ab diesem Ausblick seine Freude gehabt: Im Vordergrund ein weites Stück vom Vierwaldstättersee mit vier seiner blaugrünen Arme. Dahinter im zarten Abendrot die Silhouette der Rigi, als langgezogenes Dreieck wie ein Kuchenstück. Leider malte Turner die Rigi meist von seinem Hotelzimmer in Luzern aus und kam nie nach Kastanienbaum, wo er einen viel perfekteren Blick auf seinen Lieblingsberg gehabt hätte. Den geniessen dafür heute die Gäste des Seehotels auf der Horwer Halbinsel. Das rosa Haus selbst, in den frühen 1980er-Jahren mitten im ruhigen Villenquartier direkt am Ufer erbaut, bietet von jedem der Frontbalkone aus diese einmalige Turner-Wow-View auf See, Rigi und Bürgenstock. Im Vordergrund steht auf einer Mole eine Trauerweide, daneben laden ein kleiner Kiesstrand zum Bade und die darüberliegenden Terrässchen zum Sünnelen. Hinter einer mannshohen, immergrünen Hecke glitzert ein Pool, umgeben von Rasen und komfortablen Liegen, reserviert für Seehotel-Gäste. Bei Schlechtwetter steht ein Mini-Spa mit Sauna und Dampfbad zur Verfügung, im Winter hübsche Fondue-Hüttchen und ein Saunaboot für Kleinstgruppen. Im ganzen Haus herrscht eine familiär-entspannte Atmosphäre wie im Filmklassiker «Les Vacances de Monsieur Hulot», diese Stimmung von Sommer-Tourismus, bevor er massig wurde. Wer Ruhe und Privatsphäre sucht, findet genau das im Mini-Universum Seehotel, weit abseits von Staus auf Autobahnen, Check-in-Schaltern und All-Inclusive-Büffets. Wer hinkommt, tut das um des Sehens willens, nicht wegen des Gesehen-Werdens. Das Seehotel Kastanienbaum meldet sich nach eher schwierigen Jahren glanzvoll zurück.
Schiff Ahoi! Die schönste Anreise führt über den Wasserweg: Direkt vor dem Haus halten einige Kursschiffe der SGV, für Privatboote stehen Anlegerplätze auf Anmeldung zur Verfügung. Und die schicke Panorama-Yacht «Saphir» startet hier zur einstündigen Seerundfahrt oder nach Luzern. Die Vierwaldstättersee-Schiffe bringen Berg-Fans auch zu den Rigi-Bahnen ennet dem See oder tief hinein in die Urschweiz – stilechter als auf einem der prächtigen Raddampfer kann man einen Ausflug nicht beginnen!
Spasswein vom hauseigenen Rebberg. Zwischen Hotel und See liegt eine weitere Sehenswürdigkeit des Hotels: ein eigener Rebberg mit 200 Stöcken der Sorte Solaris. 2017 wurden diese als Crowdfounding-Projekt gepflanzt, jeder Spender ist auf einem Messingschild genannt. 2020 wurde erstmal geerntet, seit Frühling 2021 kann man den hauseigenen Wein geniessen und sich davon überzeugen, dass der Gärtner Philipp Vogel und der Winzer Mathias Brunner von der Weinmanufaktur Hitzkirch ganze Arbeit geleistet haben im Rebberg und im Keller. Andreas Thierbach, der zusammen mit seiner Partnerin Christine Kretschmer seit Januar 2022 als Gastgeber und guter Geist im Haus amtet, nennt den weissen Solaris einen «Spasswein, ein Glas voll Freude und Munterkeit». Im Keller des Seehotels lagern neben dem Solaris allerlei Weine, auf die der charmante Direktor selber abfährt: natürlich gute Tropfen vom benachbarten Weingut Ottiger, von den Star-Winzerinnen Nadine Saxer und Irene Grünenfelder, von Martin Donatsch aus Malans oder Manfred Meier aus Zizers, Feines aus dem Wallis und dem Tessin sowie Handverlesenes nach Thierbachs Gusto aus Italien, Frankreich, Spanien und Österreich sowie ein beeindruckendes Lager an Champagner und Schaumweinen.
Abendliche Genussmomente. Um die Aufmerksamkeit von der idyllischen Umgebung auf die Nahsicht zu lenken, muss sich die Küche des Seehotels wahrlich Mühe geben. Genau das tut der junge Chef Mariusz Kapciak mit seiner achtköpfigen Küchencrew – mit Erfolg. Er kam zusammen mit dem Gastgeberpaar aus Grindelwald und dem Frutt Resort nach Kastanienbaum und pflegt nun am Vierwaldstättersee eine moderne, mediterrane Küche, die Gaumen und Auge gleichermassen schmeichelt. Neben einer Mittagskarte mit Klassikern wie Burgern, Fleischplättli, Tatars, Salaten und Fischknusperli darf sich der Chef abends mit einem Fine-Dining-Menü so richtig austoben und seine Favoriten – See- und Meeresfische sowie Edelstücke aus der Bio-Metzg Uelihof – präsentieren. Mit seinem «Moments»-Mehrgänger (für CHF 129.-) beweist Kapciak viel Können, Fantasie und Fleiss. Nach dem letzten süssen Moment ist dann das Abendrot über der Rigi immer noch am Strahlen.
>> www.seehotel-kastanienbaum.ch