Fotos: Salvatore Vinci
Munter-kreative Truppe. Für Puristen scheint der Fall klar: Zu einem richtigen Raclette gehören Kartoffeln, Cornichons und Silberzwiebeln. Und ins Glas nebenher kommt Chasselas, idealerweise ein Fendant aus dem Wallis. Pfeffer aus der Mühle? Nicht mal das! So war es immer, so wird es immer sein. Dass man da allerdings kreativer vorgehen kann, zeigt derzeit eine muntere Truppe rundum Gastgeber Mike Gut. Gemeinsam betreiben sie im «Seehaus» Herrliberg am Zürichsee ein Pop-up, das ganz viel winterliches Flair verströmt. Was machen die vier Käsefreunde anders? Grosses Bild oben: Daniel Camenzind, Mike Gut, Daniel Müller & Jeffrey Grosch (v.l.).
Weihnachtskäse mit Zimt und Orangenschale. Der vielleicht wichtigste Mann im Gespann ist Daniel Camenzind. Seine Familie hat sich im nahen Fehraltorf im Zürcher Oberland der Produktion aussergewöhnlicher Raclettekäse verschrieben. Darunter sind so exotische Sorten wie der «Blaue Schalk», der mit blauem Edelschimmelpilz geimpft wird. Aber auch ein weihnachtlicher Käse, der mit Zimt und Orangenschale verfeinert wird. «Wir probieren jedes Jahr neue Varianten au», sagt Camenzind, «wichtig ist uns aber immer, dass der Käse schön schmilzt.»
Mike Gut hat erst gezögert. Lieblingssorte aus Camenzinds Sortiment ist für Daniel Müller der Kürbiskern-Curry-Raclettekäse. Der ehemalige Marketing-Mann betreibt in Zürich mehrere saisonale Schmelzkäse-Pop-ups («Raclette-Festival») – für die Location am Zürichsee hatte er eine ganz besondere Idee: Könnte man den Käse nicht mit Wein aromatisieren? Und so kam Jeffrey Grosch ins Spiel, der das bekannte Weinhaus Schenk im Raum Zürich vertritt und die Weine beisteuert. Am längsten zögerte Gastronom Mike Gut, der Raclette zwar sehr gern isst, aber sich anfangs nicht ganz sicher war, ob die Spezialität für sein Restaurant im Winter wirklich das Richtige sei. Inzwischen, notabene, ist er hell begeistert!
Premiere: Rotweinkäse. Ein Trumpf, den die Truppe ausspielen kann: Auch die jeweiligen Beilagen werden den mit Wein aromatisierten Käsesorten angepasst. Zum Heida-Käse, der mit der gleichnamigen Walliser Weissweinspezialität von Maurice Gay parfümiert wird, kommen neben Kartoffeln auch Birnen in den Teller, die mit Nelken, Essig, Zimt und Zucker eingelegt wurden. Man glaubt, den Wein im Käse zu erkennen, und freut sich über das raffinierte Nebeneinander. Eine Premiere stellt der Henri-Rouge-Käse dar, der mit einer Assemblage aus Gamaret und Garanoir aromatisiert wird: «Das hat bisher noch keiner gemacht», sagt Daniel Camenzind. Der Rotwein gibt dem geschmolzenen Käse eine überraschende Fruchtigkeit. Dazu passt nicht zuletzt die Süsse der in Balsamico eingelegten Zwiebeln, die neben Kartoffeln dazu serviert werden.
Champagner? Geht doch immer! Für Puristen dürfte derjenige Raclettekäse sein, der mit dem bekannten Chasselas Cure d'Attalens aus dem Lavaux behandelt worden ist. Auch hier kommt derselbe Wein ins Glas, ganz klassisch gibt es Cornichons und Kartoffeln nebenher. Es ist erwartungsgemäss ein gelungene, aber eher unspektakuläre Paarung. Nicht zuletzt gibt es sogar einen Raclettekäse im «Seehaus», den man ganz ohne Kartoffeln geniesst: Der Champagnerkäse wird mit einem «EPC Brut» veredelt, der dann auch nebenher auch ins Glas kommt. Dazu gibt es Röstzwiebeln. «Die Kartoffeln würden die feinen Aromen dieser Mariage neutralisieren», kommentiert Daniel Müller. Zugegeben: Champagner passt immer. Auch hier.
>> Das Raclette-Festival dauert bis 9. Februar 2025, Infos unter www.seehaus.ch