Text: Kathia Baltisberger Fotos: Ellin Anderegg
Weihnachtsgebäck. Da stapeln sie sich wieder in den Geschäften. Verpackt in grosse Boxen, umhüllt von bunt glänzender Folie. Kleinere Panettone, grössere Panettone und solche, die keine Familie je fertig kriegt. Und dann ist da noch dieser eher unscheinbare Kuchen. Gebacken in braunem Papier, eingepackt in Cellophan. In ebenso zurückhaltenden Lettern steht: Seri. Der Kult-Bäcker macht jetzt auch Panettone. «Ich mag sehr gerne Panettone und es war immer mein Traum, das im grossen Stil herzustellen», sagt Seri, der sich mit seinen Baguettes und den Croissants einen Namen gemacht hat. Seritone, heisst sein neustes Werk. Es liegt irgendwie auf der Hand.
Einfach machen. Irgendwann Ende November fingen Seri Wada und sein Geschäftspartner Dominic Largo an zu tüfteln. «Wir verfolgen einen Mark-Zuckerberg-Ansatz: einfach mal machen», sagt Seri. Produziert wird bei «Kleiner» in Zürich Altstetten. Dort hat sich der Bäcker eingemietet. Er kann sämtliches Equipment nutzen und seine eigenen Sachen produzieren, wenn die «Kleiner»-Mitarbeiter nicht in der Backstube sind. Anfangs nächstes Jahr eröffnet Seri in der Europaallée seine eigene Bäckerei. Wenn Seri etwas Neues macht, gibt es immer eine Findungsphase, in der auch nicht immer alles perfekt läuft. «Die erste Charge war etwas zu trocken und hatte zu wenig Rosinen und kandierte Früchte», resümiert Seri. Also wird weiter getüftelt.
Elastisch. In der grossen Knetmaschine befindet sich gerade ein Sauerteig, der eine 16-stündige Ruhephase hinter sich hat. In einem zweiten Schritt wird Mehl, Zucker, Ei und Butter in den Teig eingearbeitet. Eigentlich erstaunlich: «Das sind ja nur schwere Produkte drin, die am Ende aber so luftig und leicht werden.» Zusammen mit Produktionsmitarbeiter Guglielmo Mastroianni kontrolliert er den Teig. «Wir müssen uns auf den Teig konzentrieren, ihn genau anschauen. Das Timing ist enorm wichtig», sagt Seri Wada. Und Dominic verrät, dass in den Anfangszeiten oft ein Feldbett in der Backstube stand – um auch nachts nach dem Teig zu schauen. Und wie muss denn die perfekte Masse nun sein? «Sehr elastisch. Und der Teig sollte Fäden ziehen», sagt Seri und zieht den ihn auseinander – der sogenannte Fenstertest.
Ignoranz. Panettone ist – wie anderes Gebäck aus Seierteig auch – nicht für Schnellschüsse geeignet. Der Teig braucht immer wieder Ruhe. Nachdem Seri die Sultaninen und die kandierten Früchte hinzugefügt und den Teig portioniert hat, geht’s für eine Stunde ab in den Gärschrank. Nach dem Abfüllen in die Formen geht’s nochmals für vier bis acht Stunden an die Wärme. Erst dann kann gebacken werden. Das Resultat: Ein fluffiger Kuchen mit möglichst grossen Luftblasen. «Wenn man den Panettone zusammendrückt und wieder loslässt, sollte er in die ursprüngliche Form zurück gehen», beschreibt Serie die optimale Konsistenz. Natürlich haben Seri und Dominic viele Konkurrenz-Produkte probiert, etwas nachzuahmen versuchen sie aber nicht. «Ich habe mir das Backen ja selbst beigebracht. Deshalb machen wir vieles nicht so, wie es in der Branche üblich ist, sondern so wie wir es uns vorstellen. Unsere Ignoranz dient quasi als Quell für Innovation», sagt Seri.
Tokimeki. Hat Seri nun nach dem besten Baguette und den besten Croissants nun auch den besten Panettone von Zürich? Für ein Fazit ist es noch zu früh, die Kundenreaktionen noch nicht zahlreich genug. Aber Seris Mission ist klar: «Ich will, dass unsere Kunden den Tokimeki-Moment erleben.» Toki was? Der japanische Begriff kann am ehesten mit Begeisterung übersetzt werden. «Ich will, dass man hinein beisst und überrascht ist, weil es so gut ist. Dass man so überzeugt ist, dass man sofort jemandem ein Geschenk machen will – oder eben nicht, damit man alles selbst essen kann.»
>> Seritone gibt es bei Jelmoli in Zürich, Gusto im Viadukt oder im Chez Oskar.