Text: Isabel Notari | Fotos: Kurt Reichenbach
Die Paccheri der Fratelli Cerea. Eine Perfektionistin ist sie, die dunkelhaarige Nina Müller, seit April 2020 CEO von Jelmoli. Wolford, Swarovski, Christ Uhren & Schmuck waren unter anderem zuvor die beruflichen Stationen der an der Wirtschaftsuni Wien ausgebildeten Betriebswirtin. Nun ist die 51-jährige Vorarlbergerin nach Zürich gezogen. In eine grosszügige Loftwohnung, die mit viel Geschmack und Stil eingerichtet ist. Blickfang ist ein langer, gemütlicher Holztisch vor der Küchenzeile. Langstielige Hortensien sind darauf in drei Vasen verteilt. Der Tisch ist edel eingedeckt – weisses Leinen, Porzellan, Silberbesteck, Kristallgläser – und wirkt dennoch zeitgemäss. Essen und Geniessen sind der neuen Warenhaus-Chefin wichtig. Sie steht auch selber gerne am Herd und kocht am liebsten Gerichte, die zwar schlicht daherkommen, aber etwas Zeit zur Herstellung brauchen. Etwa Paccheri al Pomodoro, ein Klassiker der Brüder Cerea, zweier Spitzenköche aus Bergamo (I). Drei verschiedene Tomaten werden dafür eingekocht, püriert, mit Butter aufmontiert und mit Parmesan verfeinert. Das Interview.
Nina Müller, kochen Sie oft?
Im Moment für meine Vorstellungen zu wenig. Ich würde gerne öfters Freunde einladen. Aber zeitlich geht es einfach nicht.
Von wem haben Sie denn kochen gelernt?
Von meiner Mutter, einer unglaublich guten Köchin. Mein Vater reiste viel. Wenn er wieder zu Hause war, erzählte er, welche feinen Gerichte er im Ausland gegessen hatte. Meine Mutter versuchte dann, es nachzukochen. Gutes Essen war bei uns ein grosses Thema. Genau wie Tischkultur.
Die zelebrieren Sie auch gerne?
Und wie. Ich habe eine Riesenfreude an meinem Silberbesteck, dem Porzellan und den Gläsern. Dinge, die ich über viele Jahre gesammelt habe. Dekoelemente kaufen und dann weggeben – das mache ich nicht. Ich bevorzuge es schlicht und behalte meine Dinge immer sehr lange.
Was kochen Sie gerne?
Die italienische Küche mag ich sehr. Pasta in allen Variationen. Geschmortes, grosse Braten oder auch mal ein Gigot finde ich ebenfalls schön. Auch kulinarisch liebe ich es schlicht. Zu viele Geschmacksnoten auf einem Teller finde ich nicht gut.
Vegetarisch oder vegan ist für Sie kein Thema?
Dafür esse ich zu gerne Prosciutto. Was aber nicht heisst, dass die vegetarische Küche mir nicht zusagt. Die Rezepte von Yotam Ottolenghi, dem israelisch-britischen Koch, faszinieren mich gerade sehr.
Welche Rezepte haben Sie aus Ihrer Heimat Vorarlberg mitgenommen?
Ein schön paniertes Schnitzel ist schon was Feines.
Und welches Schweizer Gericht bringt Sie zum Staunen?
Da ich eine Verfechterin von Traditionen bin, ist es das Zürcher Geschnetzelte mit Rösti. Das verbinde ich allerdings stets mit einem Besuch in der «Kronenhalle»: Dort bestelle ich es immer.
Kochen Sie aufwendig? Oder muss es eher schnell gehen?
Wenn ich mal koche, geniesse ich es. Dann schaue ich nicht auf die Zeit.
Was tischen Sie Gästen auf?
Sehr gerne verschiedene Antipasti. Unser Hauskoch bei Jelmoli, Carmelo di Maggio, bereitet sie nach Rezepten seiner Mutter zu. Dann mag ich Pasta und eine schöne Käseplatte zum Abschluss. Gerne aber auch Geschmortes, Braten oder Gigot. Süsses liegt mir nicht. Wenn es doch ein Dessert sein soll, gibt’s einen Affogato. Das ist eine Kugel Vanilleeis, die mit einem Espresso übergossen wird.
Kauft eine Warenhaus-Chefin gerne ein? Sind Sie jeweils mit einer Einkaufsliste unterwegs?
Zum Einkaufen muss ich ja nicht weit gehen. Ich empfinde es als riesiges Privileg, im Jelmoli-Food-Market einkaufen zu können. Seit ich in Zürich bin, habe ich stets die frischesten Produkte im Kühlschrank. Eine Liste brauche ich nur, wenn ich für Gäste ein Menü plane. Sonst bin ich sehr spontan.
Sie kochen nach Rezept?
Selten. Ich lasse mich aber gerne inspirieren, auch von Kochbüchern. Wahrscheinlich backe ich darum nicht gerne. Denn bei der Patisserie muss ja genau rezeptiert und abgewogen werden.
Ihr Lieblingsprodukt aus der Jelmoli-Food-Abteilung?
So ganz spontan … das Baguette von Seri Wada und «Wiedikerli», ein spezielles Würstchen von der Zürcher Metzgerei Keller. Und natürlich Käse, Käse, Käse – da könnte ich mich reinlegen.
Verraten Sie uns Ihre Lieblingsrestaurants in Zürich?
Ist es ein besonderer Anlass, kehre ich gern bei Stefan Heilemann im «Widder» ein. Auch das Bindella-Restaurant In Gassen gefällt mir. Wenn ich Lust auf Sushi habe, ist es das «Ginger». Und ein Lieblingslokal ist auch die «Neue Taverne» von Nenad Mlinarevic. Ich entdecke aber auch gerne neue Restaurants. So treffe ich mich an jedem ersten Donnerstag im Monat mit zwei Freundinnen zum Essen. Ausgewählt wird jeweils ein Restaurant, das nur eine von uns kennt.
Sind Punkte und Sterne bei der Auswahl ein Kriterium?
Nein, ich orientiere mich eher bei Instagram oder Food-Bloggern. Pascal Grob vom GaultMillau-Channel hat immer spannende Tipps. Mir müssen in Restaurants die Ambiance und die Küche gefallen. Punkte und Sterne sind mir eigentlich nicht so wichtig. Aber wer gerne isst, kommt natürlich an den ausgezeichneten Restaurants nicht vorbei.
Was bestellen Sie auswärts?
Gerichte, die ich zu Hause eher nicht selber mache. Pesce al sale etwa, einen ganzen Fisch in der Salzkruste.
Und was essen Sie nicht gerne?
Von Insekten bin ich nicht überzeugt. Von Innereien auch nicht besonders.
Gibts Wein zum Essen?
Immer sehr gerne.
Rot oder weiss?
Zum Starten geniesse ich einen österreichischen Weisswein. Ich trinke wahnsinnig gerne Grünen Veltliner.
Zu Pasta, Gemüse oder Fleisch gibts Rotwein. Zum Käse sowieso.
Was lagert in Ihrem Keller?
Zwei Drittel sind österreichische Weiss- und Rotweine. Dann Rotweine aus Italien und Champagner.
Wo liegt bei Ihnen im Restaurant die finanzielle Schmerzgrenze?
Es ist für mich schwierig, das mit einer Zahl zu beurteilen. Der Genuss zählt. Kostet aber ein Wein über 100 Franken, fange ich an zu überlegen. Da muss der Anlass schon speziell sein. Anders beim Food. Ist das Menü wirklich ein Erlebnis, gebe ich gern auch mal einiges mehr aus. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es das Geld meistens wert ist. Aber mich können 35 Franken für einen Teller Pasta reuen, wenn sie lieblos und schlecht gekocht ist.
Was nervt Sie in Restaurants?
Unfreundlichkeit. Werde ich in einem Lokal uncharmant bedient, kehre ich kein zweites Mal dort ein.