Text & Fotos: Pascal Grob

Christian Heiss, was darf bei heissen Temperaturen in keiner Hausbar fehlen?
Obwohl ich Spirituosen wie Quitten- oder Vogelbeerenschnaps richtig gern habe, sind sie mir für den Sommer zu stark. Dann bevorzuge ich etwas Leichteres: versetzter Wein, Wermut oder Amaro – alles generell unter 20 Volumenprozent.

Irgendwelche konkrete Marken?
Carpano Classico und Punt e Mes sind zwei Ur-Klassiker unter den Wermuts – letzterer ist aufgrund der relativ vielen Bitterstoffe besonders spannend für Cocktails wie «Manhattan» oder «Negroni». Versetzte Weine wie Byrrh und Dubonnet schmecken ähnlich wie Wermut, beinhalten aber kein Wermutkraut und sind daher frischer, fruchtiger und erinnern mehr an einen Wein. Auch interessant ist der spanische Wermut von González Byass, da er auf Sherry basiert und deshalb noch nussige, oxidative Noten zeigt. In der Kategorie Amaro sind unsere Nachbaren im Süden die Spezialisten: In Italien hat jedes Dorf, jede Kneipe ihren eigenen Amaro. Zucca Rabarbo, Etna Bitter oder Cynar sind drei gute Beispiele.

Kronenhalle Bar in Zürich

Eine Zürcher Institution mit Stil: Die Kronenhalle Bar mit Baujahr 1965 ist komplett in Mahagoni eingekleidetet.

Kronenhalle Bar in Zürich

Drei Sommer-Cocktails, die Gäste in der Kronenhalle Bar nicht verpassen dürfen: Amaro Mio, Lost in Berlin und Sakura.

Womit würden Sie diese Flaschen zu Hause kombinieren?
Wermut, Amaro und versetzter Wein lassen sich jeweils hervorragend mixen mit Tonic Water oder Schaumwein im Verhältnis eins zu zwei. Zusätzlich gibts in Italien noch ein altes Sprichwort, das als Leitfaden dienen kann: Dunkler Wermut funktioniert immer mit Orangenscheiben, heller immer mit Zitronenscheiben. Und wichtig: Die Flaschen stets im Kühlschrank lagern, sobald sie einmal geöffnet wurden.

Geht sowas auch ohne Alkohol?
Aus den alkoholfreien Wermuts von Martini und Jsotta lassen sich sehr gute Drinks machen. Noch decken sie zwar nicht das ganze Aroma-Spektrum eines regulären Wermuts ab, aber aktuell passiert gerade sehr viel auf dem Gebiet der alkoholfreien Aperitif-Getränke.

Welchen Sommer-Cocktail dürfen Gäste bei Ihnen in der Kronenhalle Bar nicht verpassen?
«Sakura» – meine neueste Eigenkreation, inspiriert durch die japanische Kirschblüte. Der Cocktail ist noch nicht auf der Karte, kann aber bereits bestellt werden. Die Basis ist «Morellino», ein Kirschlikör aus Schattenmorelle, dann kommen Sake, Verjus, Rin Quin Quin, Gurken und Orangenblütenwasser hinzu. Ein klarer Drink mit floralen Noten – trocken, harmonisch und balanciert. Der Kirschlikör verleiht ihm ein filigranes Mandelaroma. Ansonsten kann ich auch den «Lost in Berlin» von David Marxer empfehlen aus Wermut und Amaro, wo Quittenschnaps noch einen Hauch Frische beisteuert.

Kronenhalle Bar in Zürich

Kunstwerke von Picasso und Matisse hängen an den Wänden zwischen den Leuchten der Gebrüder Giacometti.

Kronenhalle Bar Christian Heiss in Zürich

Christian Heiss arbeitet seit über 17 Jahren in der Kronenhalle Bar und leitet sie seit Januar 2017 als «Chef de Bar».

Sie kreieren seit über 17 Jahren regelmässig neue Cocktails für die Kronenhalle Bar. Woher kommt die Inspiration?
Das kann beim Essen und Trinken passieren: Ein Geschmackserlebnis, das ich als Cocktail nachbauen möchte wie Apfelstrudel, den ich mal als flüssige Version auf die Cocktail-Karte gesetzt habe. Andererseits sind es Kleinigkeiten im Alltag – wie ein Frühlingsspaziergang unter Kirschblüten –, die schlussendlich zu einem neuen Drink wie dem «Sakura» führen.

 

>> Kronenhalle Bar
Rämistrasse 4
8001 Zürich
https://kronenhalle.com/bar/