Text: Urs Heller
Zwei Sterne, 18 Punkte. Der Club der glühenden «Adlon»-Verehrer ist prominent: Kaiser Wilhelm II war im historischen Hotel der erste Gast und buchte gleich für umgerechnet 75 000 Euro ein Jahrespackage. Der Maharaja von Patiala schenkte dem Haus einen Elefantenbrunnen, der heute in der riesigen Lobby steht und fand: «Wer das Adlon nicht kennt, kennt Deutschland nicht.» Kempinski hat das «Adlon» 1997 nach einem Vollbrand neu eröffnet. Seither ist der Palast beim Brandenburger Tor wieder die erste Adresse in der Hauptstadt. Der Gästemix ist ungewöhnlich und vergnüglich: Staatspräsidenten, Einflüsterer, Stars & Sternchen, Marathonläufer mit riesigen Medaillen um den Hals. Und Gourmets aus der ganzen Welt: Hendrik Otto (zwei Michelin-Sterne, 18 GaultMillau-Punkte) ist der Star im Haus.
HO-QII. Die Speisekarte im sehr eleganten «Esszimmer» (mit Bibliothek) im ersten Stock liest sich wie ein streng geheimer Code: «HO=-QII». HO alias Hendrik Otto empfiehlt seine Saisonspezialitäten: Creme und Parfait von der Gänseleber, Langoustine im Krustentierfond, Neustrehlitzer Rehrücken. Im grossen Menü gibt’s Hamachi, Loup de mer mit Kopfsalat, lackierten Schweinbauch mit Dim Sum und Omaka Beef. «Kindheitserinnerungen, Reiseimpressionen und Eindrücke vom Markt prägen meine Karte», sagt Otto, der auch bei seinen Berufskollegen in der Schweiz einen sehr guten Ruf geniesst.
3 Gänge - 30 Minuten - 30 Euro. Frech geht auch im «Adlon», und dafür ist Tim Raue-Schüler Kai Weigand zuständig. Im «Sra Bua» gibt’s das Beste aus der asiatischen Küche. Kai kann auch ganz fix. Neuestes Angebot: Ein «After Work-Special» zwischen 1800 und 1900: Drei Gänge in 30 Minuten für 30 Euro! Frühlingsrollen mit Sichuan Tofu zum Start, Bao Buns Char Sin Style, eine Bento Box mit «Eis am Stil» zum Dessert. In der Lobby werden «Adlon»-Klassiker angeboten: Eine Currywurst, streng nach dem 1959 patentierten Rezept der Berliner Imbissbudenbesitzerin Herta Heuwer. Und einen Döner. Der allerdings wurde fünfsternemässig aufgepeppt: Filetstreifen vom Kalbsrücken, Trüffelcreme.
Die «Ladies in Red». Das «Adlon» lebt von seiner Historie, von seinen auffallend gut geschulten Mitarbeitern – und von seiner privilegierten Lage «Unter den Linden» und beim Brandenburger Tor. Die freie Sicht auf dieses Monument begeistert, auch von den 307 Zimmer und 78 Suiten aus. Sie sind zwar etwas in die Jahre gekommen (Baujahr 1997), aber sie sind sehr gepflegt, ausgestattet auch mit blitzschnellem Internet. Das Concierge-Team kennt sich aus in der Stadt, und Sonderwünsche werden wie in allen Kempinski-Hotels von den fünf «Ladies in Red» gelöst, die mit einem Lächeln in der Lobby stehen, mit dem Auftrag, für «special moments» zu sorgen.