Text: Kathia Baltisberger Fotos: Nik Hunger
Lehrlingshotel. In vielen Restaurants ist es ruhig. Wer sich die Zeit nicht mit einem Take-away um die Ohren schlägt oder in einem Hotel angestellt ist, der hält sich seit Wochen an das – zumindest professionelle – Kochverbot. Doch was ist eigentlich mit den Lehrlingen? Was tun die, wenn sie keine Gäste bewirten können? Schliesslich sind sie von der Kurzarbeit ausgenommen. Hier sind Ideen gefragt. Das Casino Bern, das der Burgergemeinde Bern gehört, schickt seine Lehrlinge in einen Partnerbetrieb, das Altersheim Burgerspittel, schreibt der «Blick». In Luzern hat Gastro Luzern zusammen mit der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung einen anderen Ansatz: Das Hotel Wilden Mann (14 GaultMillau-Punkte) wurde zu einem Lehrlingshotel umfunktioniert, weiss die «Luzerner Zeitung». Die Stifte können dort ihre Fähigkeiten trainieren und kommen so nicht aus der Übung.
Der Berg ruft! In den Skigebieten ist die Lage durchzogen. Während das Badrutt’s Palace und das Carlton in St. Moritz die Saison beendet haben, läuft es in anderen Betrieben gar nicht so schlecht. Im Lenkerhof Gourmet Spa Resort hat man schon über die Festtage und im Januar auf die Hilferufe der Stadt reagiert und einige Lehrlinge für eine Mini-Stage an der Lenk aufgenommen. «Wir hatten über die Festtage und den Jahreswechsel alle Hände voll zu tun und konnten Unterstützung brauchen», sagt Direktor Jan Stiller. Lernende aus dem Art Deco Hotel Montana in Luzern, das seit anfangs Januar geschlossen ist, konnten so weiter ausgebildet werden und sogar noch neue Erfahrungen sammeln.
Take-away statt à la carte. Toll ist aber auch, wenn der Lehrbetrieb einen Take-away hat. Simon Grimbichler (grosses Bild oben), Gewinner des Wettbewerbs «La Cuisine des Jeunes» von «Schweizer Fleisch», arbeitet im «Aarhof» in Olten, der Montag bis Samstag Gerichte zum Mitnehmen anbietet. Der gelernte Koch macht hier zusätzlich die Ausbildung im Service und schliesst dieses Jahr ab. Die aktuelle Situation schlägt dem 19-Jährigen gar nicht so aufs Gemüt. «Es ist eigentlich noch ziemlich cool. Der Take-away ist sehr gefragt. Wir mussten sogar Time-Slots einführen, damit nicht zu viele Kunden auf einmal vor dem Restaurant stehen», erzählt der Stift. Die Arbeit sei aber etwas anders als sonst. Statt die Tische schön eindecken, hat Grimbichler Telefondienst. Er nimmt Bestellungen entgegen, gibt das Essen raus, kassiert ein. «Wir sind froh, dass wir arbeiten können und die Rückmeldungen der Gäste sind toll.»
Valentinsmenü mit Videoanleitung. Doch wie steht es um die Lehrabschlussprüfungen? Kommt das gut, wenn man nicht richtig üben kann? «Da muss ich selbständig viel üben und die Theorie lernen. Und ich mixe meinen Eltern jetzt abends auch häufiger mal einen Cocktail.» So ein Lockdown ist auch Zeit für Innovationen und Kreativität. «Wir bieten im Aarhof eine Valentinstagsbox an. Bei diesem Projekt habe ich die Regie übernommen», sagt Grimbichler nicht ganz ohne Stolz. Die Menükreation (Blauschimmel-Ravioli in Herzform, Kalbsfilet im Teig und ein lauwarmes Schoggichüechli) stammt aus seiner Feder. «Wir Lehrlinge haben sogar getestet, ob die Anleitung fürs Schoggichüechli auch wirklich in allen heimischen Backöfen funktioniert.» Wer die Box kauft, erhält auch noch einen Video-Link, in dem die «Aarhof»-Lehrlinge das Menü und die Produkte erklären und die wenigen Koch- bzw. Aufwärmschritte, die es noch braucht. «Durch Corona konnte ich mich jetzt im Betrieb viel kreativer einbringen.» Das Intro kann man schon mal hier einsehen:
Ungewisse Zukunft. Einzig die Zukunft bereitet dem Lehrling ein mulmiges Gefühl. Nach der LAP und dem Militär geht’s auf Jobsuche. «Man hört von so vielen Kollegen, dass ihre Betriebe schliessen mussten. Ich hoffe, dass ich durch meine Doppelausbildung in Küche/Service und meiner Wettbewerbserfahrung bessere Chancen habe. Aber ich werde sicher nicht einfach auswählen können.»