Text: Anita Lehmeier | Fotos: Sedric Nemeth

Eringer Kühe und Schwarznasenschafe. Das grosse Geheimnis in Belinda Bammatters Trockenfleisch-Spezialitäten? Ganz einfach: Tradition. Handwerk. Tierwohl. Ein Besuch bei der Metzgerin/Mutter/CEO des Familienbetriebes in Naters macht klar, wie ernst sie alle drei nimmt – und locker unter einen Hut bringt. Es sind grosse Fussstapfen, in die Belinda Bammatter, reinzutreten gewagt hat. Sie erlernte wie der Vater den Metzger-Beruf, war immer im Familienbetrieb tätig und trat 2016 seine Nachfolge an. Seither leitet sie als Geschäftsführerin die Geschicke der Traditionsmetzg. Reinhard Bammatter hat ihr das Rezept für das berühmte Trockenfleisch hinterlassen. Wie man Fleisch haltbar macht und im strengen Winter was zu beissen hat, das wussten die Walliser schon vor Jahrhunderten. Wie man es darüber hinaus richtig gut macht, das hat Belinda Bammater drauf. Sie verarbeitet auch die Tiere, die schon seit ewig hier heimisch sind: Eringer Kühe und Schwarznasenschafe. Mit deren Würsten und Trockenfleisch führt Belinda Bammatter als «Superwoman» sowohl die regionale wie die familiäre Tradition in die Gegenwart. 

Die ganze Familie zieht mit. «In unserer Metzgerei steckt die ganze Familie und unser Herz», sagt die 39-Jährige mit der stylischen Kurzhaarfrisur und dem für Üsserschwizer nur schwer verständlichen Dialekt. Die Familie ist wie ortsüblich recht umfangreich: Mutter Trudi, Töchter Esther und Celine, Partner Norbert, die Schwester, der Bruder. Vater Reini hat sich mit der Geschäfts- und Schlüsselübergabe zurückgezogen. Jetzt tut er das, was er schon als Kind getan und geliebt hat: Schwarznasenschafe hirten. Er züchtet mit voller Hingabe die Schwarznasenschafe, aus denen seine Tochter dann die famosen Bammatter-Würste und -Trockenfleischstücke macht.

Metzgerin Belinda Bammater Naters November 2021

Von ihrem Papa bezieht Metzgerin Belinda Bammatter die Tiere.

«Papa hat die besten Tiere.» Wie wohl den Tieren zu Lebzeiten offensichtlich ist, zeigte sich an unserem Shooting. Entspannte, zutrauliche Mutter- und Jungtiere. Trotz Blitzlicht. Alle prächtig in Form nach dem Alpsommer, den sie in Blitzingen im Goms verbracht haben. Hochheben fürs Foto? Easy. Auch für die taffe Belinda kein Problem: Sie hebt das Jungtier mit Leichtigkeit hoch, wie das nur Durchtrainierte schaffen. «Die Qualität des Fleisches ist matchentscheidend», betont die Fachfrau. «Und nur von gut gehaltenen Tieren kommt gute Qualität. Darum will ich nur die besten Tiere. Und die hat der Papa.» Und einige ausgesuchte Hirten und Bauern aus der Umgebung, bei denen Bammatter Tiere kauft. Papas kleine Herde deckt den Bedarf nicht – auch wenn dieser corona-bedingt massiv zurückgegangen sei. Gerade das zweite Standbein der Firma, das Catering, brach drastisch ein. «In Spitzenzeiten waren wir zwei Dutzend Leute, heute sind wir zu siebt», konkretisiert sie die Krise. Jammern mag sie nicht, «wir konzentrieren uns eben auf den Laden und den Versand». Einst habe es sechs Metzgereien im Dorf gegeben, Bammatters sind heute die einzigen.

Kettenhemd & Kettenhandschuhe. Neben dem Blick auf das grosse Ganze hat die Geschäftsfrau auch ein gutes Händchen beim Kerngeschäft: beim Metzgen und Fleischverarbeiten. Wenn Belinda das Kettenhemd und die Kettenhandschuhe anzieht und das gnadenlos scharfe Messer zückt, ist sie im Element. Sie zeigt, aus welchen Stücken das Trockenfleisch stammt: von Bäggli und der Nuss, beides Teile im Oberschenkel, die sie mit wenigen, hochpräzisen Schnitten herauslöst. Die grossen Brocken werden anschliessend mit einer Mischung aus Salz, Pfeffer und Gewürzen eingerieben. Genaue Zutaten und Mengen behält Belinda für sich: Geschäftsgeheimnis. Jetzt erhalten die Stücke eine Marke, die Belindas Partner Norbert Bellwald, der mächtige Lötschentaler, mit dicker Nadel und Faden durchs Fleisch führt. Die Marke weist die Metzgerei, die Herkunft des Tieres und das Schlachtdatum aus. Vierzehn Tage liegen die Stücke im Salz, gestapelt in einer Box, dann folgt ein langwieriges Prozedere aus Pressen, Trocknen lassen, Pressen, Trocken lassen und wieder von vorne. Bis das Stück auf die Hälfe reduziert ist. Bis dahin haben sich viele Hände um sie gekümmert. So viel Zeit und Handwerk hat dann eben seinen Preis.

Wursten ist ihr Lieblingsjob. Die Hausherrin zeigt auch ihren Lieblingsjob, das Wursten. Eine sinnliche Sache: Immer wieder prüft sie mit Auge und Gaumen und Fingerspitzengefühl, ob die Wurstmasse schon perfekt ist, knallt sie dann in die Füllmaschine («Die Luft muss raus, oder wollen Sie eine Wurst mit Luft drin?»), tippt Grösse und Gewicht ein, zieht den Naturdarm über den Füllstutzen und lässt es rattern: 15 Kilo in wenigen Minuten. Auf Holzgestellen landen die Würste und das Trockenfleisch in dunklen, wohlduftenden Kammern. Holz spielt in den Kammern eine wichtige Rolle. So wie eigentlich jedes Detail auf dem Weg von der Wiese bis in den Laden. Bei Bammatters achtet die Chefin auf jedes davon.

www.bammatter-naters.ch