Text: Anita Lehmeier I Fotos: Nik Hunger
Tavolata bei Bernadette Odermatt. Wenn Gäste des Bürgenstock-Resorts Lust auf Tapetenwechsel und bodenständige Landfrauen-Küche verspüren, den Nahkontakt mit «locals» suchen oder eine Nase voll Stallduft reinziehen wollen, buchen sie einen Abend bei Bernadette Odermatt, der tüchtigen Swiss-Tavolata-Köchin. Der Betrieb der Odermatts, ein typisches Schindelwohnhaus der Region und Laufstall inmitten von 25 Hektaren Grasland, liegt in Sichtweite des Nobel-Resorts, zu Fuss sind’s fünfzehn Minuten. Bei Odermatts tafelt man dann in der guten Stube. Nebenan in der Küche bereitet die Chefin Köstlichkeiten aus dem eigenen Garten und Stall zu. Beim Service helfen ihre Schwester Hilda Felber und ihre Tochter Julia – alles sehr familiär und gemütlich. Jeweils vor dem Hauptgang führt die patente Bauersfrau ihre Gäste in den Stall, wo 50 Kühe der Rasse Braunvieh mit Jungtieren friedlich dösen, futtern oder wiederkäuen. Bernadette und ihr Mann Toni – er buuret hier im Hochtal in der fünften Generation – halten den grossen Laufstall tipptopp sauber und präsentabel. Neben der Milchwirtschaft gibt’s bei Odermatts auch Wachteln, die Züchterin Ariane Nickelt hat im Schöpfli ein ideales Daheim für ihre kleinen Vögelchen gefunden. Die Mini-Eili spielen in den Menüs von Bernadette Odermatt kleine, feine Nebenrollen.
SPITZEN-SBRINZ AOP VOM BODÄ. Eine gewichtige Rolle in Bernadette Odermatts rustikaler Küche spielt natürlich der kulinarische Lokalheld, der Sbrinz AOP. Keinen Kilometer vom Hof entfernt käst Josef Bircher, de Bodä-Sepp, einen mit 20 Punkten (Höchstnote!) bewerteten Sbrinz AOP. Bei dem knorrigen Chäser mit dem glücklichen Händchen für Milch kauft nicht nur Bernadette Odermatt ein, auch Culinary Director Mike Wehrle vom Bürgenstock Resort deckt seinen Bedarf am «Gold der Alpen» in der Bergkäserei Boden in Obbürgen. Wie gut der würzige Käse auch zur Spitzenküche des Resorts passt, zeigte der Apéro, den Martin Stein, Assistant Culinary Director, am Neujahrstreffen der Sortenorganisation Sbrinz servieren liess: Die Hobelrollen von Sbrinz AOP waren gefüllt mit luftigem Frischkäse, die Möckli harmonierten herrlich mit dem Moët & Chandon Grand Vintage 2015 und dem Epesses L’Emblème von Etienne & Louis Fonjallaz. Ebenso mit den starken Aromen von Entenrilettes auf Sauerteigbrot, dem Nidwaldner Trockenfleisch vom Obbürger Misli Sepp und dem Swiss Alpine Lachs mit Gurke, Meerrettich-Mousse und Ikura-Perlen (Lachs-Kaviar).
YING & YANG AUS MILCH. Nach dem Apéro im Bürgenstock-Resort, untermalt von dramatischem Abendrot im Weitblick, ging es weiter zur Swisstavolata in der getäferten Bauernstube von Odermatts und weiteren Überraschungen mit Sbrinz AOP: Zu den Scheiben aus farbigen Randen, auf Salz gebacken, garniert mit Nüsslisalat und Wachtel-Spiegelei, hatte die fleissige Köchin Sbrinz-Chips vorbereitet, knackig-rässe Kräcker mit hohem Sucht-Faktor. Passend zur Wintersaison reicherte Bernadette Odermatt ihre klare Fleischsuppe mit Gemüseeinlage grosszügig mit gehobeltem Sbrinz AOP zu einem deftigen Bauchwärmer-Gang an. «In Sbrinz AOP steckt auch Yin & Yang; gegensätzliche Kräfte, die miteinander verbunden sind und sich ergänzen», meint Stefan Heller, Geschäftsführer der Sortenorganisation. Er kennt sich bestens aus mit der asiatischen Philosophie, war er doch Chefkoch einer grossen thailändischen Hotelkette, bevor er sich zurück in der Heimat dem «Gold der Alpen» verschrieb. «Sbrinz AOP kann nobel und währschaft.»
Ossbuco vom eigenen Kalb, Rüebli vom «Gmiäsblätz». Der Hauptgang kündigte sich schon vor dem Service mit Duftwolken aus der Küche an: Ossobuco vom hofeigenen Kalb, mit gedämpftem Rosenkohl und violetten Rüebli vom «Gmiäsblätz» zu hausgemachten Spätzli aus Nidwaldner Mehl. «Mit dem neuen Mehl habe ich ein bisschen üben müssen, beim ersten Versuch war der Teig zu feucht», sagt die routinierte Köchin, die ein- bis zweimal wöchentlich für vier bis 20 Gäste kocht. Die kommen aus der Nachbarschaft, dem Nobel-Resort und auch von weit her – Bernadette Odermatts Ruf hallt über die Kantonsgrenzen hinweg. Sie war bei der Gründung des Swisstavolata-Vereins vor gut acht Jahren schon mit dabei und kann mit dem Kochen für Gäste ihre kulinarische Leidenschaft voll ausleben – und ihren Teil zum Haushalteinkommen beitragen. Kochen für viele hungrige Mäuler hat sie lange Jahre geübt: Odermatts haben vier Kinder, drei sind bereits ausgeflogen, der Jüngste, noch in der Ausbildung zum Landwirt, macht auf dem Hof und am Familientisch mit. In der Corona-Zeit hat die nimmermüde Bernadette Odermatt noch das Glace-Machen entdeckt. Die Kilchbüel-Hofglace mit dem Kuh-Logo liefert sie an Hofläden befreundeter Bauern und in die Alpwirtschaft Unterlauelen im Eigenthal. Eine ihrer vielen Sorten, ein Lebkuchen-Glace, begleitete die Birnen-Kuchen, die den heimeligen Abend an Bernadettes Tafel süss abrundet.