Text: Urs Heller
Die Zero Waste-Pizza. Für Tim Weiland ist klar: «Ein Fünfsterne-Hotel kann nicht zu 100 Prozent nachhaltig sein. Der Luxusgast hat seine Wünsche, und die gilt es zu erfüllen. Aber wir versuchen, mit verschiedenen Initiativen die Diskussion anzuregen, suchen das Gespräch.» Auch Executive Chef Martin Göschel, kurbelt die Diskussionen an: Der 18-Punktechef setzt schon mal eine «Zero Waste Pasta» oder eine «Zero Waste Pizza» auf die Karte. Göschel: «Brotreste unseres reichhaltigen Frühstücksbuffets sind die Basis. Aus geriebenem Brotmehl entsteht ein sehr guter und säuerlich schmeckender Pizzateig. Die Herstellung ist sehr anspruchsvoll, aber es macht Sinn.» Ausgesprochen günstig ist die «Zero Waste Pizza» nicht (90 CHF), aber das liegt weniger am Teig als am Topping: Schwarzer Trüffel wird grosszügig darüber gehobelt. Luxushotel-Pizza eben.
Die «al dente»-Frage. Göschel ist im Herzen ein eher grüner Mensch: «Meine Familie isst mehrheitlich vegetarisch. Ich bin gerne auf unseren Alpen unterwegs, sammle Kräuter, die ich dann in der Hotelküche einsetze. Wir kaufen fürs Hotel auch gerne in der Region ein. Aber da stossen wir gerade in der Wintersaison an Grenzen, vor allem bei den Früchten.» An Grenzen stossen auch einzelne Kreationen: Seine «Zero Waste Pasta» (mit Burrata und Tomaten) schmeckt hervorragend. Nur: «al dente» will nicht so recht gelingen. «Deutsch-al dente geht, italienisch-al dente geht nicht», lacht der deutsche Chef. Für seinen Signature Dish «The Alpina Bienengarten» liefern die hoteleigenen (!) Bienen zwar zuverlässig Honig und Bienenwachs, aber übergossen wird eine Seezunge; Experimente mit lokalem Fisch, etwa mit einer Forelle aus Gstaad oder Zweisimmen, sind gescheitert. Göschels grösster Nachhaltigkeitscoup: «Wir haben das Vakuumiergerät aus der Küche entfernt und im Keller eingemottet. Wir sparen so pro Jahr über eine Tonne Plastik ein.» Sous-vide-Technik ist eh nicht sein Ding: «Fleisch muss man anbraten!»
Unagi aus nachhaltiger Aquakultur. «The Alpina» (Besitzer: die Familie Mimran, der Einheimische Marcel Bach) ist das wohl schönste Hotel der Alpen, zieht Luxusgäste aus der ganzen Welt, Hollywood-Stars, Unternehmer und Bestseller-Autoren an. Diese Clientèle stellt Ansprüche. Radikal umstellen kann man das Angebot nicht, schon gar nicht im japanischen Restaurant «Megu»: Sushi-Kenner fordern auch Varianten mit Bluefin Tuna und Aal ein. Cristian Asato, der begabte neue Chef mit japanisch-peruanischen Wurzeln: «Der Süsswasser-Aal Unagi ist seit 5000 Jahren Teil der japanischen Kultur. Er ist leider gefährdet, vom Aussterben bedroht. Deshalb kaufen wir unseren Unagi aus nachhaltiger Aquakultur.»
Hahnenwasser im Luxushotel. Nachhaltige Initiativen werden im Swiss Deluxe Hotel trotzdem immer wieder sanft gestartet. Bei den Gästen sehr erfolgreich die «Aktion Hahnenwasser»: Das Wasser wird im Haus mit dem Nordaq-Filtersystem aufbereitet; S.Pellegrino und Evian gibt es nur noch auf besonderen Wunsch. General Manager Tim Weiland: «Hahnenwasser ist für uns aufwendiger, weil wir ja jede Flasche wieder reinigen, neu abfüllen und verschliessen müssen. Aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, regt Diskussionen an. Indische Gäste etwa sind völlig fasziniert, dass man in der Schweiz Wasser vom Hahnen oder aus dem Bach trinken kann.» GaultMillau geht an der Garden Party vom 14. August einen ähnlichen Weg: Die nachhaltige Start-up-Firma «BE WTR» übernimmt in Bad Ragaz den Wasserservice.
Die wunderbaren «Alpina»-Latschen. Grüne Welle auch in den 58 superluxuriösen Zimmern. Die grosszügigen portionierten «Aqua di Parma»-Duschmittel wurden durch ein nobel verpacktes Produkt mit Kräutern und ohne Palmöl ersetzt. Die Bademäntel sind zwar flauschig wie immer, aber aus Recycling-Material. Und die üblichen Slippers, die in den Hotels neben dem Bett stehen, sind auch erstklassig: «Klassische Hotelslippers, die man nur einmal verwenden kann, sorgen für tonnenweise Plastikmüll. Unsere neuen, wohligen «Alpina»-Slipper kosten zwar zwanzigmal mehr, sind aber nachhaltig. «Take me home» steht auf einer Karte neben den edlen, superbequemen Latschen. Der Gast darf sie mit nach Hause nehmen und weiterverwenden.
Fotos: Melanie Uhkoetter, Dave Brüllman, Simon Bühler, Nomadness, Reto Guntli