Interview: Kathia Baltisberger Fotos: Thomas Buchwalder

Herr Buchmann, Tipesca bedeutet Fisch und Ticino. Sie vertreiben weit mehr als Fisch aus Tessiner Gewässern?
Wir verstehen uns als Comestibles-Händler. Tipesca gibt es seit 40 Jahren. Unser Ursprung liegt im Fischimport und dem Verkauf an Grosshandel und Wiederverkauf. Nach und nach haben wir uns auf die Belieferung der Gastronomie im Tessin, in Graubünden und Lichtenstein fokussiert. Das Familienunternehmen wurde 2017 von Mérat & Cie. übernommen. Dadurch können wir unseren Kunden zusätzlich ein hervorragendes Sortiment an Fleisch- und Geflügelspezialitäten bieten. Und wir haben begonnen, neue Partnerschaften mit Kunden in der Deutschschweiz sowie der Romandie zu schliessen.

Tipesca SA, Nicolas Buchmann 2020: pulpo, Knurrhahn, Miesmuscheln, Vongole, Hummer

Tipesca ist auf Fisch und Meeresfrüchte spezialisiert und liefert Produkte aus der ganzen Welt in die Restaurants.

Woher stammen Ihr Fisch und Fleisch?
Unsere Fischprodukte kommen nicht nur aus dem Tessin, wie man vielleicht meinen könnte. Wir arbeiten mit Fischern und Züchtern in der Schweiz und auf der ganzen Welt zusammen. Das Fleisch und Geflügel stammen von Schweizer Produzenten, verbunden mit den entsprechenden Labels. 

 

Was unterscheidet Tipesca von anderen Händlern?
Bei uns kommt von Montag bis Sonntag frische Ware an. Dies erreichen wir durch einen eigenen Import. Das bedeutet, dass unsere Partner in ihren Küchen täglich frischen Fisch und frische Meeresfrüchte erhalten können. Dank eigener Logistik können wir sehr flexibel auf Wünsche reagieren. Gerade aufgrund von Covid-19 werden die Bestellungen kurzfristiger, weil leicht verderbliche Produkte in den Küchen nicht auf Vorrat gehalten werden. Ausserhalb des Tessins können wir unsere Lieferungen mit der Mérat & Cie. bündeln – das ist nachhaltiger und effizienter. Ein weiterer und sehr zentraler Punkt für uns ist die Zusammenarbeit mit den Köchen. Daher schätzen wir auch den täglichen Austausch sehr.  

Tipesca SA, Nicolas Buchmann 2020:Drachenkopf

Vorsicht! Der Rote Drachenkopf hat giftige Stacheln. 

Luca Bellanca Meta Lugano

Luca Bellanca, «Entdeckung des Jahres 2020» im Tessin, bestellt seine Fische bei Tipesca.

Liefern Sie ausschliesslich in die Gastronomie? Oder werden auch Privatkunden glücklich?
Unser Hauptfokus ist die Gastronomie. Das heisst, wir liefern genauso an Gourmetrestaurants wie an Kantinen. Luca Bellanca, die «Entdeckung des Jahres» im «Meta» in Lugano, ist ein sehr guter Kunde. Wir liefern aber auch in die Deutschschweiz, zum Beispiel ins «Maihöfli» in Luzern oder ins «Barracuda» in Lenzburg. Wir verkaufen auch an Privatkunden. Sie haben die direkte Abholmöglichkeit an unserem Standort in Sigirino. Ein weiteres wichtiges Standbein von uns ist die Belieferung von Wiederverkäufern und Detailhändlern. 

 

Sprechen wir über die Tipesca-Kernkompetenz: Fisch. Können Sie alles liefern, was die Weltmeere und Seen hergeben?
Es gibt Produkte, die wir häufiger importieren, wie z. B. Wolfsbarsch und Muscheln, und solche, die man weniger importiert. Frische Mahi Mahi zum Beispiel. Grundsätzlich versuchen wir, jedem noch so ausgefallenen Wunsch nachzukommen. Trends setzen wir zusammen mit unseren Kunden. Aber es gibt auch Artikel, die wir bewusst nicht anbieten. So verkaufen wir zum Beispiel nur Thunfisch aus nachhaltigen Beständen.  

Was wurde denn schon Ausgefallenes bestellt?
Zum Beispiel seltene Seeigel, Garnelen aus Japan oder fliegende Fische. Handgetauchte Jakobsmuscheln oder spezielle Fische, die man mit der Fischerrute fängt. Schwierig sind auch immer die ganz grossen Fische wie Thunfische oder Schwertfische. Da braucht es auch ein bisschen Glück, die zu bekommen.

 

Regionalität ist in aller Munde. Sind Schweizer Fische gefragter als Meerfische?
Das nicht, aber regionale Fische sind ein Riesentrend. Wir haben uns schon vor Jahren darauf spezialisiert und sind einer der grössten Händler. Wir haben Partner, die exklusiv für uns fischen. Wir beziehen die Fische aus vielen Schweizer Seen, aber auch aus Zuchten wie dem Swiss Lachs aus dem Misox oder die Brüggli-Forellen. Wir vereinigen diese Produkte unter dem Label «Swiss Gourmet Poisson». Die kurzen Lieferwege resultieren in einer unvergleichlichen Frische. Zudem bieten wir seit kurzem Egli – und in Zukunft auch Felchen – von Swiss Aquakulturen in Birsfelden (BL), der im September eröffneten Aquakulturanlage – auch von diesem Pionierprojekt gibt es frischen Schweizer Fisch.
 

Tipesca SA, Nicolas Buchmann 2020:Degenfisch

Der Degenfisch - eine Spezialität, die nicht alle Tage in die Restaurants geliefert wird. 

Wie sieht es bei Meeresfrüchten aus? Was ist gefragt? 
Das kommt auf die Jahreszeit an. Muscheln sind ein Dauerbrenner. Oder Crevetten. Die kommen aus Vietnam. Wir sind glücklich, dass wir in Übersee eigene Leute haben, die unabhängige Qualitätskontrollen durchführen. Austern sind ebenfalls sehr gefragt, vor allem über die Festtage. Da verkaufen wir 100 Mal mehr als im Sommer. Alle wollen Austern: von der Après-Ski-Bar bis zur Spitzengastronomie. Die meisten Austern kommen aus Frankreich oder Holland. Es gibt gute No-Name-Austern oder dann die Top-Austern wie Bélon oder Gillardeau. Wir verkaufen auch besondere Muscheln wie die Meermandel. 

 

Überfischung, Antibiotika, Beifang: Die Fischindustrie steht immer wieder in der Kritik. Wie stellen Sie Qualität und Nachhaltigkeit sicher?
Das ist ein zentraler Punkt unserer Firmenphilosophie. Jeder Fisch muss vom Teller zum Fischer rückverfolgbar sein. Wir beschäftigen eigene Biologen zur Bestimmung der Nachhaltigkeit und arbeiten eng mit unabhängigen Nachhaltigkeitspartnern zusammen. Wenn etwas nicht unseren Standards entspricht, lassen wir die Finger davon. Lachs aus Chile zum Beispiel können wir nicht unterstützen, weil dort Antibiotika eingesetzt wird. Daneben unterstützen wir Labels wie MSC, ASC, FOS, GGAP und bauen das nachhaltige Sortiment stetig aus. 

 

Und verraten Sie uns zuletzt noch: Welchen Fisch oder welche Meeresfrucht essen Sie am liebsten?
Ich finde, die Trüsche ist total unterschätzt. Was ich auch sehr mag, ist der Glattbutt. Das ist ein Meerfisch,der meist Beifang ist. Doch das ist ein toller Speisefisch. Und ganz generell esse ich wahnsinnig gerne Muscheln und Crevetten. 

 

>> Nicolas Buchmann ist Geschäftsführer bei Tipesca. Nach seiner Ausbildung zum Umweltingenieur hat er ein Masterstudium in Fischbiologie, Fischerei und Aquakultur absolviert.

 www.tipesca.ch