Frau Gerber, Sie haben 300 verschiedene Biersorten getestet und darüber ein Buch geschrieben. Was ist im Trend?
In der Schweiz trinken wir vor allem Lagerbier. Innerhalb dieses Bierstils gibt es einige Neuinterpretationen, wie beispielsweise ungefilterte, naturtrübe Biere, die gerne als «Hipster-Bier» bezeichnet werden. Dann gibt es noch einen Trend bei den Spezial-Bieren: India Pale Ale (IPA) ist ein obergäriges, stark gehopftes Bier, das sehr bitter schmeckt.
Wie und wo entdecken Sie Bier-Neuheiten?
Ich habe verschiedene Bier-Abos, die mir nationale und internationale Neuheiten vorstellen. Ich mache mich aber auch im Getränke-Shop schlau und kaufe gerne mal etwas Neues. Aber wenn es um Bier-Trends geht, kann man sich nicht nur auf die Schweiz verlassen, man muss sich auch international umschauen.
Was macht ein gutes Bier aus?
Ein gutes Bier schmeckt nach dem, was auf der Flasche angeschrieben ist. Bei einem Pils erwartet man mehr Bitterkeit und eine ausgeprägte Hopfennote. Das muss man dann auch schmecken. Auch wichtig: Was durch die Nase kommt, muss sich auch im Gaumen wiederfinden. Und natürlich muss die Qualität eine gewisse Konstanz haben.
Inwiefern unterscheidet sich ein Bier-Sommelier von einem Wein-Sommelier?
Mal abgesehen vom Getränk. Ein Bier-Sommelier spuckt nicht aus. So braucht es natürlich Pausen beim Degustieren. Man kann sehr gut fünf Bier degustieren. Wichtig ist die richtige Reihenfolge – also beispielsweise von hell nach dunkel.
Wie hat sich der Ruf des Biers verändert?
Das Getränk hatte lange das Image des billigen Arbeitergetränks. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Bier ist heute salonfähig, man trinkt es auch zum Essen. Es wird auch viel mehr über die Rohstoffe gesprochen. Man betrachtet Bier häufiger von der sensorischen und nicht nur von der technischen Seite. Der Genusswert hat mittlerweile eine viel grössere Bedeutung.
Ist es unsexy, wenn Frauen Bier trinken?
So was lassen wir uns nicht sagen! Vor zehn Jahren war das schon noch so. Männer fanden es doof, wenn Frauen Bier tranken. Aber heute trinken Frauen das, was sie gerne trinken. Feldschlösschen hatte eine Marke, die gezielt Frauen angesprochen hat. Und das hat gut funktioniert. Aber grundsätzlich machen wir Bier für Menschen. Wenn es jemandem schmeckt, soll er das trinken. Ich persönlich finde es recht cool, wenn Frauen Bier trinken.
Woran liegt es, dass Frauen weniger Bier trinken?
Oft sagt man, es sei die Bitterkeit, die Frauen nicht so gern haben. Aber Frauen trinken ja auch Campari und andere bittere Getränke. Es ist nicht der Geschmack, der Frauen abhält. Sie haben vielleicht eine Ablehnung, wenn sie so ein Mass sehen. Sie trinken in kleineren Schlucken. Das Bier wird schnell warm und ist abgestanden, den Rest muss man runterwürgen. Das schmeckt niemandem. Aber Frauen sind eigentlich offener, Neues zu probieren. Der Einstieg ist vielleicht nicht so einfach. Weil ein Bier so gross daher kommt. Aber sie trinken auch gerne Spezialitäten.
Zu welchem Essen passt Bier?
Man kann grundsätzlich zu allem Bier trinken. Man kann einen 5-Gänger mit Bier-Begleitung essen. Ich finde bei Hauptgängen mit Braten dunklere Bier sehr passend. Oder Spargeln und Weizenbier ist eine tolle Kombination. Beim Dessert harmoniert z.B. Schokoladenkuchen mit fruchtigem Bier. Salat und Bier hingegen ist eher schwierig.
Welches ist ihr Lieblingsbier?
Das ist saisonal unterschiedlich. Ich habe gerne Weizenbier, das trinke ich aber nie im Winter. In den kälteren Jahreszeiten trinke ich stärkere Biere. Beim geselligen Grillieren bevorzuge ich ein Lager. Ich habe zwei Kinder, da habe ich auch mal nicht getrunken. So fand ich auch einen Zugang zu alkoholfreiem Bier.
Mögen Sie jedes Bier?
Ich probiere jedes Bier sehr gern und bin offen. Aber was ich nicht so gerne mag, ist Rauchbier.
Weizenbier mit Litchi oder Panaché – ein berechtigtes Angebot oder Blasphemie?
Ich finde, das darf es geben. Es hat sich gezeigt, dass es ein Bedürfnis gibt in der Bevölkerung.
In welchem Alter haben Sie ihr erstes Bier getrunken?
Da war ich 24! Ich mochte das nicht so gerne und habe Bier eher runtergewürgt. Erst in der Brauerei habe ich gelernt, dass es Varietäten gibt.