Fotos: Christopher Alexander Kuhn

«Schön sönde do». Der «Augarten» im pittoresken Rheinau im Zürcher Weinland ist ein Landgasthof wie aus dem Bilderbuch: Im gekiesten Garten beschattet eine mächtige Kastanie die Tische, eine Schiefertafel verkündet in Schönschrift das Tagesmenü, auf alten Weinfässern stehen Blumentrögli. In dieser Idylle lassen sich Besucher der Rheindoppelschlaufe mit dem berühmten Benediktinerkloster und der Musikinsel gern auf ein Bier oder ein Plättli nieder. Oder sie checken in einem der drei Hotelzimmer ein. Hinter der schlichten Fassade von Brauerei & Wirtshaus Augarten eröffnet sich ein grosser, heller Raum mit angeschlossenem Säli und der Gaststube, die vollen Einblick in die Küche erlaubt. «Schön sönde do», heisst ein Schild die Gäste willkommen, eine Referenz an die Appenzeller Heimat der Familie Schmid. Grosses Bild oben: (v.l.) Nicole, Anica und Tobias Schmid.

GMC Rest. Augarten Untere Steig 15, 8462 Rheinau ZHRubrik Schweizer FleischSchwestern Nicole (Gastgeberin) und Anica (Köchin) Schmid

Beliebtes Ausflugsziel: Der «Augarten» in Rheinau liegt gleich neben den Rheinschleifen.

Ambitionierter Sister Act. Seit fünf Jahren sind im «Augarten» die Schwestern Nicole, 31, und Anica Schmid, 29, die Betriebsleiterinnen. Ein frischer, ambitionierter Sister Act: Die Ältere amtet als Gastgeberin, Managerin und Sommelière, die Jüngere als Chef am Herd. Mit viel Charme und Kreativität verwöhnen die beiden ihre Gäste – ob Einheimische, Tagestouristen oder Feinschmecker, die von weither anreisen. «Wir wollten immer zusammen ein eigenes Gasthaus führen», erzählt Nicole Schmid. «Ab 2018 hatten wir uns umgeschaut, fanden über einen Kollegen vom Fischerverein den renovierten ‹Augarten›. Unser Konzept kam gut an. Wir bekamen den Zuschlag.» 2019 haben die Schwestern eröffnet, als viertes Restaurant im Ort mit 1300 Seelen. Und sie sind gekommen, um zu bleiben. Das beweist schon das Bild im Entrée, das sie von Stefan Manser, einem befreundeten Künstler aus Appenzell, malen liessen.

GMC Rest. Augarten Untere Steig 15, 8462 Rheinau ZH Rubrik Schweizer FleischSchwestern Nicole (Gastgeberin) und Anica (Köchin) Schmid

Keine Angst vor Zuschauern: Anica Schmid in der offenen «Augarten»-Küche. 

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Gemüse aus Mutters Garten begleiten die Rindsbäggli.

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Nicole und Anica Schmid (v.l.) im Garten ihrer Mutter Daniela.

Die ganze Familie macht mit. Das Gemälde zeigt die beiden jungen Frauen lächelnd vor ihrem Restaurant, im Hintergrund das Dorf, die Rebhänge und die Rheinschleifen. Im Gemälde verteilt ist das ganze Angebot des «Augartens»: Rinder, Schafe und Schweine, Eier und Wachteln, vielerlei Gemüse, Nüsse und Mais, ein Fischer und ein Bierbrauer. Nicole und Anica Schmid gehen mit dem Anspruch nach Regionalität und Saisonalität, den heute ja alle pflegen, noch einen Schritt weiter. Die Produkte stammen weitestgehend von der eigenen Familie: Bruder Tobias, 21, gelernter Landwirt, führt seit zwei Jahren den Bauernhof zur Mühle in Dörflingen ZH, mit Mast von IP-Suisse-Schweinen. Und er hält auch eine Mutterkuhherde mit einem halben Dutzend Tieren, gekreuzte Simmentaler, Angus und Limousins. Die Rinder und Säuli, die Metzger Walter Ehrensberger in Oerlingen ZH schlachtet, landen bei Anica in der Küche. Sie spricht mit dem Metzger ab, wie sie die Teile gerne hätte, und verwertet dann das ganze Tier – Ehrensache. Aus dem Gelatine-reichen Rindsfüssen stellt sie Fonds und Saucen her, die Zungen kommen auf die Platten der «Augarten»-Metzgete. Zusammen mit Ehrensberger hat Anica auch kleine Blut- und Leberwürste für diesen üppigen Schmaus entwickelt, ebenso eine Bierwurst. Die Bäckchen kommen in aller Regel in die Füllung von Ravioli und von Dumplings, denn um die Spezialität auf die Karte zu nehmen, reichen die Mengen nicht – für Familienessen macht Chef Anica aber gerne «geschmorte Bäggli». Die Familie Schmid hält zudem Wachteln und liefert Äpfel von Hochstammbäumen, Zwetschgen und Baumnüsse in den «Augarten». 

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Auf den Arm genommen: Junges Säuli aus der Aufzucht von Tobias Schmid.

NEUE CHALLENGE: DER EIGENE WEIN! Tobias und Nicole kümmern sich auch gemeinsam um die elf Zeilen Reben der pilzresistenten Sorte Divico, die sie kürzlich pachten konnten. Der Rebberg liegt hinter dem Schulhaus in Dörflingen, wo die drei Geschwister Chindsgi und Primarschule besuchten. «Die Reben machen zwar zusätzliche Arbeit, aber wir sehen die Weinproduktion als tolle Herausforderung», meint Nicole. Und Tobias nickt vielsagend. Keltern lassen sie die Trauben in der Staatskellerei Zürich, als Sommelière hat Nicole eine klare Vision, wie der Wein dereinst sein soll. Er kommt dann auf die Getränkekarte, mit eigener Etikette natürlich! Als Ergänzung zum rein schweizerischen Sortiment. Und zum Bier, das Braumeister Thomas Reich seit drei Jahren im «Augarten» braut. Unter den 14'000 Litern jährlich, die im «Augarten»-Saal publikumswirksam in einem Glaskasten auf einem Podest gebraut werden, ist das «Bijou», ein untergäriges, amberfarbenes Bier der Liebling der Gäste, es holte bereits eine Auszeichnung. 

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Im Garten etwas trinken – das machen Anica & Nicole Schmid nur ausnahmsweise.

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Bruder Tobias hilft auch mit, die gepachteten Rebzeilen zu hegen.

GRÜNES AUS MAMAS GARTEN. Die Sisters Schmid haben neben ihrem «kleinen» Bruder, der Fleisch und Früchte liefert, noch eine weitere interne Quelle für Spitzenprodukte: ihre Mama Daniela, 59. Zum Hof Storchennest, wo die Eltern und Sohn Tobias wohnen, gehören ein grosser Gemüsegarten und Beete voller Kräuter, Beeren und Blumen rund ums Haus. Holunder und Löwenzahn wachsen wild in Feld und Wald gleich dahinter. «Den Garten muss ich mit einem Zwick-Zaun sichern – gegen die Füchse. Die haben auch gern vegi. Wäre schade, wenn sie alles wegfressen würden und für Anica in der Küche nichts mehr bliebe», meint die Gärtnerin aus Leidenschaft. Den Hof mit Weizenanbau und Aufzucht von Schweinen betreiben die Eltern Daniela und Werner Schmid seit 2010 nach IP-Richtlinien, Sohn Tobias hilft mit. Auch aus dieser Herde landen Säuli in der «Augarten»-Küche. So wissen Köchin und Kundschaft, dass die Tiere, die auf den Teller kommen, nach bestem Wissen und Gewissen ums Tierwohl grossgeworden sind.

GEISSEN AUS DEM APPENZELL. Am Tag unseres Besuches im «Augarten» wurde auch Ziegenfleisch in Anicas Küche angeliefert: «Die Geissen stammen von unserer Schwester Judith im Appenzell», erklärt die junge Chefin. «Sie lebt auf dem Hof, den unsere Eltern einst bewirtschaftet haben, bevor sie hier an den Rhein übersiedelten. Auch bei Judiths Geissen haben wir die Gewissheit, dass sie ein schönes Leben hatten und die Qualität des Fleisches stimmt.» Während Anica stolz ihre schöne grosse Küche zeigt, krabbelt der kleine Vitus, der acht Monate alte Sohn von Nicole und die nächste Generation der Schmids, um die Ecke. Er weiss schon jetzt, wo er immer etwas Feines zu essen bekommt. 

 

>> www.augarten-rheinau.ch

 

Tierwohl & Tierschutz

Fleisch aus der Schweiz ist von hoher Qualität. Grund dafür sind strenge Gesetze und die natürlichen Ressourcen. Die Schweizer Fleischproduktion hebt sich von derjenigen im Ausland ab. Das betrifft Betriebsgrössen, Haltung, Fütterung und Rassen. Auch bei Themen wie Tierwohl und Tierschutz geht die Schweiz einen Sonderweg.

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