Text: David Schnapp | Fotos: Christopher Kuhn
Bilderbuch der Wunderwelten. Nachdem man die Türe zum Ristorante Verdi in der Berner Altstadt betreten hat, öffnet sich vor einem dieses aussergewöhnliche Lokal wie ein Bilderbuch der zauberhaften Wunderwelten. Auf der rechten Seite eine Stube mit der prominent platzierten Berkel-Aufschnittmaschine, vor einem ein paar Tische unter einem mächtigen Glasdach, durch welches viel Licht hineinströmt, links ein kleiner intimer Raum mit Kostümen eines Opernhauses an der Wand – schliesslich ist das Lokal dem weltberühmten italienischen Komponisten Giuseppe Verdi gewidmet. Referenzen an den Musiker, der Sohn eines Gastwirts war, finden sich überall in den geheimnisvoll verzweigten Räumen. in Nischen stehen kleine Statuen, Kunst und Dokumenten hängen überall.
Harmonie im «Verdi». Seit kurzem ist Lorina Schmid für das «Verdi» verantwortlich, welches sie als «Bijou» unter den Berner Restaurants bezeichnet. Nachgerade spektakulär ist etwa der Gewölbekeller, wo Veranstaltungen stattfinden können. Die 27-Jährige Geschäftsführerin hat schon als Kind im Betrieb einer Freundin der Mutter Freude an der Gastronomie gefunden, nach der Service-Lehre wurden ihr Talent und ihre Führungsqualitäten in der Bindella-Gruppe, zu der das «Verdi» gehört», schnell entdeckt und gefördert. «Ich möchte im ‹Verdi› eine Harmonie herstellen», sagt die Bernerin mit italienischen Wurzeln über ihren Stil. Das gelinge, wenn man spüre, was die Gäste wollen. «Ich bin keine Schauspielerin, sondern verhalte mich authentisch und das mögen die Leute», sagt sie.
«Geheimtipp in Bern.» Botschafter verschiedenster Länder, viele Bernerinnen und Berner ohne politische Funktion, aber auch Bundesräte gehören zu den Gästen im «Verdi», das Lorina Schmid trotz seiner rund 30-jährigen Geschichte immer noch als «Geheimtipp» in Bern sieht. Die einmaligen Räumlichkeiten und eine ehrliche, handwerklich gut gemachte Küche der Emilia Romagna machen seinen Reiz aus. «Dank der verwinkelten Aufteilung mit den verschiedenen Stuben und dem Keller finden wir für jeden den perfekten Platz, und können es wirklich jedem recht machen», sagt die Frau an der Front über die Möglichkeiten des ehemaligen Hotels, das aufwendig zum Ristorante umgestaltet wurde.
Das Ragù-Geheimnis. Für die Küche ist seit fünf Jahren Luca Mazzeo verantwortlich. Der 48-Jährige, jugendlich wirkende Italiener ist in Bologna aufgewachsen, legt Wert auf hausgemachte Pasta wie Tortelli oder Capellacci und hat immer «Ragù» im Vorratskühlschrank. «Ich verwende nicht nur Rinds- und Schweinehackfleisch, sondern auch Mortadella, Salami und Salsicca für meine Sauce», erklärt Mazzeo sein Geheimnis für das traditionelle Rezept aus seiner Heimat.
«Berner Zentrale für weissen Trüffel.» Neben dem typischen norditalienischen Fleischeintopf «Bollito misto» gehört zu den Klassikern des «Verdi» ausserdem der von Hand mit dem Schwungrad auf der Berkel dünn aufgeschnittene, 22 Monate alte Parmaschinken, und zum kurzgebratenen Thunfisch mit Pistazien und Spinat serviert Luca Mazzeo einen perfekten Risotto – noch ein Klassiker der Emilia Romagna. Während der Saison im Spätherbst und Winter wird das «Verdi» dann auch noch zur «Berner Zentrale für weissen Trüffel», wie Lorina Schmid mit einem Lachen versichert. Der knollige Edelpilz wird zum Beispiel fein über die handgefalteten Cappellaci mit cremig-würziger Ricotta-Füllung gehobelt. Ein Bijou aus der Erde, serviert in einem Bijou von Restaurant, wenn man so will.