Fotos: Nik Hunger
Normal geht anders. Bis vor kurzem wurden hier Brötchen gebacken und Zöpfe geflochten. Jetzt werden Cocktails geschüttelt und auf gutem Niveau gekocht. In die ehemalige Backstube am St.Galler Blumenmarkt, in zentraler Lage, ist das Konzeptlokal «Zur Werkstatt» eingezogen. Die «Werkstatt» ist kein Restaurant wie die meisten anderen. Wer am Mittag hier tafelt, hat Salat und Wasser schon auf dem Tisch stehen und kann sofort loslegen. Den Hauptgang holt man sich direkt beim Koch in der offenen Küche, Nachschlag inklusive. So kann man sein Tempo selbst bestimmen. «Damit können wir auf den Appetit der Gäste eingehen und auf ganz natürliche Weise Foodwaste vermeiden.» Dies sagt Nadine Merz, die Betriebsleiterin der «Werkstatt». Oft ist sie auch hinter dem Herd anzutreffen, wenn Not an der Frau ist. Grosses Bild oben: Küchenchef Roman Eberhart.
Foodbox & Werkzeugkiste. Abends ist dann Food-Sharing angesagt. Das Essen wird in Gusseisenpfannen samt Réchaud auf den Tisch gestellt. Den Appetitmacher entnimmt man der kleinen Werkzeugkiste, ein Markenzeichen der «Werkstatt». In ihr kann man weitere nützliche Dinge entdecken. «Wir haben uns in den letzten Jahren weiterentwickelt und unsere eigene DNA gefunden», sagt Chef de Service Karina Muhl. Ein Highlight ist der samstägliche Brunch mit hausgemachten Spezialitäten. Auch hier hat die Werkstattkiste ihre spezielle Aufgabe. Alles ist möglich, vom kleinen Appetit bis zum Bärenhunger.
Basil Smash Sour. Der Renner sind die Cocktails. Nadine mischt uns ihren Lieblingsdrink, einen Basil smash sour. «Abends nehmen hier fast alle vor dem Essen einen Apéro-Cocktail.» Von den vielen Workshops, die die Werkstatt anbietet, laufen die Mixkurse am besten. An einem Samstag können es gut vier oder fünf verschiedene Gruppen sein, die hinter der Bar ans Werk gehen. «Da ist es auch schon vorgekommen, dass die erste Gruppe nicht gehen wollte, als die zweite kam. Dito bei der dritten, und so weiter. Am Ende waren alle Teilnehmer beisammen, und es stieg eine spontane Werkstattparty. So etwas kann nur bei uns passieren. Am Ende tanzen alle.»
Showküche & Küchenshow. Natürlich muss in einem ambitionierten Lokal auch die Küchenleistung stimmen. Dafür sorgt der Jungkoch Roman Eberhart. Für uns macht er Tatar mit Rauchmayo zurecht, kocht dann ein Surf'n'turf aus Swiss Angus Ribeye mit Lucky Shrimps aus Nänikon, Süssmaispüree, Peperonata, gebratenen Champignons und Kräuterjus. Das gefällt auch einem verwöhnten Gaumen. Zum Abschluss gibt es eine Neuinterpretation der «Belle Hélène»: Schokoladenmousse-Törtchen mit pochierter Birne und Himbeere.
Wurst mit Schuss. In einem Lokal wie der «Werkstatt» geht es zwischen Gästen und Mitarbeitern entspannt zu und her. Wer Lust hat, darf sogar einmal beim Kochen mithelfen. Beim Koch-Dinner können die Gäste mit Unterstützung der Profis ihr eigenes Menu kreieren. Dabei ist der gemeinsame Spass mindestens so wichtig wie das, was auf den Tisch kommt. Sicher ist: Hier geht’s unkompliziert zu und her. Wenn alle drei Säle rappelvoll sind, wird auch einmal der Wurst-Workshop mitten im Gästebereich aufgebaut, gleich neben der Bar. Da geht der Griff leicht über den Tresen zum Whisky. Nicht nur, um die Würste abzuschmecken.