Diese Woche hat das renovierte Restaurant im ersten Stock des Sprüngli-Hauses am Paradeplatz eröffnet. Sind Sie zufrieden mit dem Resultat?
Milan Prenosil: Ich bin schlichtweg begeistert. Und werde wohl künftig öfter dort anzutreffen sein als vor der Renovation.
Warum dieser gewichtige Umbau?
Tomas Prenosil: Unser Restaurant hatte über die Jahre schon ein wenig Patina angesetzt. Und, fast noch dringlicher, die Infrastruktur hinter den Kulissen war in die Jahre gekommen. Weil wir bezüglich der Kulinarik einen Schritt nach vorne machen wollten, musste zumindest die Küche erneuert werden. Wir begannen dann auch über den Gastbereich nachzudenken, wollten Stil und Ambiance dem Zeitgeist anpassen.
Wieso bespielen Sie den Abend nicht?
MP: Ursprünglich wollten wir das. Doch nach reiflicher Überlegung und nach Prüfung der Konkurrenz in der Gegend, kamen wir zum Schluss: Es gibt abends, vor allem im Sommer, zu viele Restaurantsitzplätze rund um den Paradeplatz. Wir fokussieren auf den Tag, das können wir! Als Eventlocation sind die Räumlichkeiten im ersten Stock natürlich auch nach 18:30 Uhr bespielbar.
TP: Jazzkonzerte, Firmen- und private Anlässe wie Jubiläen oder Hochzeiten – mit der erneuerten Infrastruktur ist einiges möglich. Wir sind hier an einem der schönsten Plätze Zürichs, den man durch die grossen Fenster ja auch sehen kann. (Grosses Bild oben: Tomas und Milan Prenosil, v.l.n.r.)
Zum täglich erhältlichen Angebot gehört neu Lobster Roll, eine Besonderheit. Weshalb?
TP: Ich habe dieses Gericht in England angetroffen, eine elegante Speise mit viel Grandezza. Und ich fand, das passt zu uns. Wir stellen die Brötchen, die für die Rolls in Butter angebraten werden, selbst in Dietikon her.
Auch Pastetli mit Brätchügeli stehen auf der Karte. Eine Ihrer Kindheitserinnerungen?
MP: Die gehörten schon vor dem Umbau zu unserem Angebot, die erwartet man einfach von uns. Auch unsere jüngere Kundschaft! Wenn wir als Kinder jeweils hier am Paradeplatz essen durften…
TP: Das ist eher selten vorgekommen!
MP: … dann bestellten wir lieber das Club Sandwich.
Wie gefallen Ihnen die weiteren Neukreationen von Küchenchef Patrick Senn, etwa die Poulet-Praline mit Selleriecreme?
MP: Ein origineller Apéro-Bite, finden wir! Er schmeckt nicht nur gut, sondern wird in einer alten Sprüngli-Silberschale serviert. Dieses Gericht zeigt, dass Patrick Senn die perfekte Besetzung für den Job ist.
TP: Wir sind stolz auf das ganze Team des Restaurants, das aus einigen Dutzend Leuten besteht. Wir konnten diese ja über die Monate des Umbaus alle halten! Nicht zuletzt machen sie «Sprüngli» aus.
Neue Kulisse, altes Team. Was sagen Sie der älteren Dame vom Züriberg, die Ihr Lokal trotzdem nicht wiedererkennt?
TP: Uns ist sehr bewusst, dass unser Restaurant in Zürich eine Art Allgemeingut darstellt – leider wird es solche Vorkommnisse geben. Wir werden dann versuchen, auch kritische Gäste abzuholen, den Dialog zu suchen. Dass die Mitarbeiter mit Begeisterung hinter dem neuen Konzept stehen, hilft sehr.
Hand aufs Herz, haben Sie nie mit dem Gedanken gespielt, den Hauptsitz am Paradeplatz in Zürich zu verkaufen?
TP: Eine berechtigte Frage. Wir haben auch dies in den letzten 34 Jahren manchmal diskutiert. Für uns ist der Paradeplatz aber ein wichtiges Bindeglied zur Kundschaft – vor allem das Restaurant, weil man hier ja länger verweilt als nur ein paar Minuten.
MP: Schön ist ja, dass der Paradeplatz zurzeit eine Aufwertung erlebt. Ich denke ans jüngst eröffnete Mandarin Oriental Savoy. Im Gebäude des ehemaligen Bankvereins wird es Gastronomie geben. Im Griederhaus wird Louis Vuitton ausbauen und Dior einziehen. Wir sind jetzt halt ein «Sprüngli» voraus!
Den Spagat zwischen Tradition und Zukunftsvisionen zu finden, scheint zentrales Thema bei «Sprüngli» zu sein. Gibt es dafür ein Rezept?
MP: Ein gutes Gespür ist wichtig. Schon die Generationen vor uns versuchten ja diesen Spagat, sie waren beispielsweise stets aufgeschlossen gegenüber technischen Neuerungen.
TP: Und wir haben eine langjährige Strategie, die wir regelmässig prüfen und den Gegebenheiten anpassen.
In der Schweiz sind Sie mit 28 Filialen vertreten. Hinzu kommen Shops in München. Welche Rolle spielt für Sprüngli der Online-Kanal?
MP: Wir waren diesbezüglich Pioniere in der Branche, schon 1997 bauten wir die erste Homepage! Aber auch dieser Zweig unseres Geschäfts ist organisch gewachsen. Wer heute nicht online ist, hat keine Chance – auch wenn man Frischprodukte wie Pralinés und Schokoladen verkauft. Um auf die Frage zurückzukommen: Das Geschäft floriert.
Und wie schaffen Sie es, trotz hoher Präsenz – etwa in Schweizer Bahnhöfen – exklusiv zu bleiben?
MP: Natürlich spielt das besondere Einkaufserlebnis dabei eine wichtige Rolle. Wussten Sie, dass vor 20 Jahren unsere Mitbewerber unsere Standorte in Basel und Zug verhindern wollten? Unsere Qualitätskonzepte und unsere Strategie haben die SBB schlussendlich überzeugt.
TP: Fürs besagte Einkaufserlebnis achten wir vor allem auf Details: Die Schachbrettböden in den Filialen, die edlen Vitrinen, die hochwertigen Verpackungen.
Reicht das denn, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten?
TP: Als ein grosser Anbieter von Macarons aus Frankreich auf den Schweizer Markt drängte, hatten wir schon Respekt. Wir verbesserten unsere Rezepturen, verbannten künstliche Farbstoffe und Aromen aus den Luxemburgerli, setzten auf Schweizer Eier aus Bodenhaltung, damals alles andere als selbstverständlich. Offenbar hat das funktioniert, es gibt heute nur wenige Filialen des besagten Mitbewerbers in der Romandie.
Wie viele Luxemburgerli essen Sie selbst pro Woche?
TP. Ich esse täglich einige Luxemburgerli, das gehört zu meinem Beruf. Unter uns gesagt, habe ich aber Bisous – Luxemburgerli mit Schokoladenüberzug – fast noch lieber! Wer bei uns beginnt, nimmt im ersten halben Jahr vier Kilo zu. Danach pendelt sich der Konsum auf etwas tieferem Niveau ein! (Lacht.)
Haben Sie in den letzten Wochen eigentlich mit dem Gedanken gespielt, eine Dubai-Schokolade zu lancieren?
MP: Es ist beeindruckend, wie Anbieter via Social Media zig Millionen Menschen erreicht haben - praktisch kostenlos! Aber ehrlich gesagt, mir schmeckt Dubai-Schokolade nicht besonders – viel mehr bin ich ein Fan unserer Grand-Cru-Schokolade.
>> Die Brüder Tomas und Milan Prenosil sind die treibenden Kräfte hinter der renommierten Confiserie Sprüngli in Zürich, bekannt für exquisite Schokoladen und Pralinés. Tomas, CEO, und Milan, Verwaltungsratspräsident, führen das traditionsreiche Familienunternehmen mit Innovationsgeist und einem starken Fokus auf höchste Qualität. Seit 1836 steht «Sprüngli» für handwerkliche Meisterschaft und verwöhnt Kunden weltweit mit köstlichen Confiserie-Produkten wie den berühmten Luxemburgerli.