Text: Stephan Thomas | Fotos: Nik Hunger

Caminadas favourite. Was empfiehlt Andreas Caminada den Gästen, die Chur besuchen wollen? «Besichtigen Sie die Altstadt. Und kaufen Sie in der Zuckerbäckerei Obertor die Mandelgipfel von Arthur Bühler.» Seither drängen sich noch mehr Leckermäuler in den kleinen Laden im Erdgeschoss des alten Stadthauses. Die Backstube ist im Obergeschoss, Lift gibt es keinen. «Ich habe ein Problem», flachst Arthur Bühler. «Ich kann nicht normal Treppen steigen. Ich kann nur rennen.» Nicht schlecht für einen 63-Jährigen, der an alles denkt, nur nicht ans Aufhören. «In unserem Betrieb arbeiten neun Personen. Besser gesagt elf, denn meine Frau Beatrice und ich arbeiten doppelt. So kommen wir über die Runden. Und falls doch nicht, streichen wir einfach die Ferien.» Kein Wunder, lässt sich keines der drei Kinder motivieren, einmal in die väterlichen Fussstapfen zu treten. Doch die Nachfolge eilt nicht. «Ich mache die Arbeit immer noch gerne. Je länger je mehr. So zwölf Jahre möchte ich schon noch anhängen.»

Mehr Liebe. Wir schauen Arthur beim Herstellen der legendären Mandelgipfel über die Schulter. «Wir machen alles von Grund auf von Hand. Der Butterblätterteig entsteht im Haus. Die Enden der Gipfel werden von Hand mit Puderzucker bestreut. Auch das machen wir händisch. Mit einem Spachtel decken wir den Teil des Gipfels ab, der keinen Puderzucker erhalten soll. Das gibt eine scharfe Linie. Wenn auch nur ein Stäubchen daneben geht, wische ich es ab. Und wenn die Linie nicht messerscharf aussieht, geht der Gipfel zurück in die Backstube. Zuletzt werden einige Mandelblättchen von Hand aufgelegt. Kopiert werden unsere Gipfel kaum. Einfach deswegen, weil das alles so aufwändig ist.» Geheimnisse gibt es bei dem Rezept fast keine - ausgenommen einen kleinen Schuss einer gewissen Substanz in der Füllung. «Unser Geheimnis ist, dass wir mehr Arbeit einbringen. Und mehr Liebe.» Nicht zu vergessen der Perfektionsdrang Bühlers: «Ich bin im Leben locker und lasse vieles laufen. Aber im Geschäft bin ich Perfektionist.»

Bühler's Zuckerbäckerei Konditor Arthur Bühler Mandelgipfel September 2021

Liebevolle Handarbeit: Konditor Arthur Bühler stellt die Mandelgipfel her.

Bühler's Zuckerbäckerei Mandelgipfel September 2021

Bühler's Zuckerbäckerei ist die Top-Adresse in Chur, wenn es um Backwaren geht.

Bühler's Zuckerbäckerei Mandelgipfel September 2021

Die Mandelgipfel sind längst Kult in der Churer Altstadt.

Bühlers secret. Geheimnisse gibt es dagegen bei den Bündner Pfirsichsteinen, der anderen Spezialität des Hauses. Das Rezept kennt ausser Arthur Bühler nur seine Tochter Corina Just-Bühler. Allein schon die Farbe, ein dunkles Rosa, ist unnachahmlich. Die Grundmasse schickt Arthur durch eine Walze, die bestimmt achtzig Jahre auf dem Buckel hat. Uralt sind auch die Förmchen, in denen die Pfirsichsteine einzeln von Hand gepresst werden. Sie gehen auf die Familie Hürsch zurück, die diese Spezialität seit 1887 in drei Generationen hergestellt hat. «Zum Schluss formen wir das Ende des Steins zu einem kleinen Spitzchen. So erhält jeder seine eigene Seele.» Es gibt auch eine Variante davon, wo die Steine mit Schokolade eingefasst und mit etwas Bronzestaub bekrönt werden. «Die Schokolade ist eine Grand Cru Sauvage von Felchlin. Andere würden hier vielleicht sparen, aber das kommt für uns nicht in Frage.»

Bühler's Zuckerbäckerei Pfirsichsteine September 2021

Ebenfalls legendär und einzeln von Hand gepresst: Die Bündner Pfirsichsteine aus Bühler's Zuckerbäckerei.

Bühler's Zuckerbäckerei Pfirsichsteine September 2021

Das Rezept für diese Spezialität des Hauses kennt nur Arthur Bühler. Und seine Tochter Corina Just-Bühler.

Bündner Tradition. Wieso heisst Arthur Bühlers Geschäft eigentlich Zuckerbäckerei, und nicht etwa Konditorei? «Die Zuckerbäckerei hat in Graubünden eine Jahrhunderte alte Tradition. Unser Betrieb ebenfalls, der besteht immerhin seit 1806. Die meisten Bündner Zuckerbäcker sind ausgewandert und haben in den Metropolen der ganzen Welt berühmte Confiserien gegründet. Einige sind dann steinreich zurückgekehrt. Wir sehen uns in dieser Tradition - mit dem einzigen Unterschied, dass wir nicht ausgewandert sind.» Zum Glück, kann man da nur sagen.