Fotos: Olivia Pulver
16 Punkte und ein Stern. Um kein Schweizer Hotel wurde im Jahr 2024 so viel Rummel gemacht wie um das Mandarin Oriental Savoy in Zürich. Der GaultMillau kürte das Hotel am Paradeplatz zum «Hotel des Jahres» und zahlreiche Promis checkten ein: Michelle Hunziker, Heidi Klum und die Kaulitz-Brüder residierten im MO und Superstar Taylor Swift logierte zwar im Bürgenstock Resort, ihre Crew wurde jedoch im Mandarin Oriental einquartiert. Und fast schon nebenbei macht ein junger Chef einen hervorragenden Job. Dario Moresco ist der Küchenchef im «Orsini», dem Italiener im Mandarin Oriental. Für die Gäste war schnell klar: Da muss man hin. Und auch die Kritiker erkannten: Hier ist ein Talent am Werk. Der GaultMillau bewertet das Orsini auf Anhieb mit 16 Punkten. Wenig später folgte der erste Stern von Michelin. «Darauf sind wir wirklich sehr stolz, denn wir haben viel Arbeit reingesteckt, um das zu erreichen», sagt Moresco.
Der Mentor und sein Schützling. Auf den ersten Lorbeeren ausruhen will sich Dario auf gar keinen Fall. «Ich will mich weiterentwickeln und mich jeden Tag verbessern.» Dario ist zwar der Küchenchef im Orsini, doch er hat noch einen «Big Boss» im Rücken. Antonio Guida führt mit dem «Orsini» gleich drei Restaurants. Das mit zwei Sternen ausgezeichnete «Seta» in Milano sowie das «Talea» im Emirates Palace in Abu Dhabi. Seinem Schützling in Zürich lässt er aber weitgehend freie Hand. «Antonio kommt etwa einmal im Monat vorbei. Mein Souschef Gianmarco D’Alonzo und ich kreieren die Gerichte, aber Antonio probiert sie und gibt uns allenfalls noch Tipps», so der 31-Jährige. Und auch sonst ist Antonio immer da, wenn Dario ihn braucht. «Wir telefonieren eigentlich fast jeden Tag miteinander.»
Cooles Projekt. Guida und Moresco arbeiten nicht zum ersten Mal zusammen. Von 2017 bis 2022 kochte Moresco in der Brigade des Zwei-Sterne-Chefs in Mailand. Erst als Saucier, anschliessend als Souschef. Dann zog Dario weiter, doch es dauerte nicht lange, bis Guida sich meldete. «Er hat mich angerufen und gesagt, er hätte ein sehr cooles Projekt für mich und so bin ich im Orsini gelandet.»
Die Leidenschaft der Nonna. Antonio Guida mag zwar Darios Mentor sein, die Leidenschaft fürs gute Essen hat er aber von einer anderen Person. «Ich verbrachte als kleiner Bub viel Zeit in der Küche mit meiner Nonna Maria», erzählt Moresco. «Das war für uns wie spielen. Aber man lernt dabei so viel über Essen und gute Produkte.» Gnocchi waren Maria Nonnas Signature Dish, aber auch Bottoni mit wildem Kaninche gab es regelmässig. «Das ist so ein Gericht, das mich an meine Kindheit erinnert», so Moresco. Die Bottoni gibts auch im Orsini. Auch mit Wildhase, aber nicht ganz nach dem Rezept der Grossmutter. Dario Moresco dehydriert und fermentiert dafür Rüebli und verwendet Brennnesseln für die grüne Sauce.
Spaghetto mit Tintenfisch. Die Verbindung zur Heimat ist Dario extrem wichtig. Aufgewachsen ist er in Genua mit dem Meer vor der Haustür. «Ich liebe es, mit Produkten aus dem Meer zu arbeiten. Von Dubno bekomme ich Jakobsmuscheln aus Norwegen, Bianchi liefert mir Schwert- und Tintenfisch» Aus Letzterem macht der Chef seinen Signature Dish: Spaghetto mit geräuchertem Tintenfisch, Salzzitronen und Colatura di Alici – eine italienische Würzsauce aus Salz und Sardellen. Die Jakobsmuscheln werden lauwarm serviert mit Büffelmozzarella-Creme, marinierten Zitronen und Austernsauce.
Inspiration Wochenmarkt. Ein Highlight auf der Orsini-Karte ist die Wachtel der Familie Miéral. Dario hat bei Georges Blanc in Vonnas gearbeitet und kennt die Miéral-Produkte deshalb sehr gut. Er serviert den kleinen Vogel in mehreren Gängen. Aktuell freut sich Dario aber auf die Wildsaison. «Mein Bruder und mein Vater sind beide Jäger», erklärt er seine Faszination. Das Reh bezieht er aber über Bianchi, die ihr Wild direkt vom Jäger haben. Frische Inspiration für neue Gerichte holt sich Dario immer dienstags und freitags. «Dann ist Wochenmarkt auf dem Bürkliplatz. Wir kaufen für das Hotel nicht direkt dort ein, aber es ist der beste Ort, um neue Produkte zu entdecken.» Und das nur wenige hundert Meter von der Küche entfernt.