Text: Fabien Goubet
Romain Paillereau, welches Ereignis im Jahr 2024 war für Sie und Ihr Restaurant prägend?
Ich erinnere mich genau an den Moment, als ich letzten September in Ascona (TI) bei der Feier für den neuen GaultMillau auf die Bühne gebeten wurde. Mit einem 18. Punkt hatte ich gerechnet; auch mit dem Titel «Aufsteiger des Jahres» – aber sicher nicht mit beidem! Als ich die Plakette überreicht bekam, wurde ich von meinen Gefühlen überwältigt. Eigentlich kann ich mit solchen Situationen gut umgehen, da blieb mir aber die Sprache weg. (Anm. d. Red.: Er schluchzte leise, hatte Tränen in den Augen.)
Gibt es ein Gericht, das Ihnen dieses Jahr besonders gelungen ist?
Mir kommt eine Zubereitung in den Sinn, bei der ich Rande, Bier, Anis und Foie gras kombiniert habe. Sie wurde in zwei Versionen serviert: Einmal sehr ästhetisch dekoriert und mit viel Detailliebe, einmal als «Apfel». Für mich ein ausgewogenes, präzises, optisch sehr hübsches Gericht, auf das ich stolz bin.
Und ein Restaurant, das Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Ich habe den «Mammertsberg» von Silvio Germann, «Koch des Jahres 2024», besucht. Begleitet hat mich mein Souschef, und wir waren beeindruckt – mein tollstes Gastroerlebnis in der Schweiz. Auch Silvio war ungeheuer sympathisch, begrüsste uns, zeigte uns den ganzen Betrieb, von den Kühlräumen bis zum Weinkeller, obwohl wir als ganz normale Gäste dort waren.
Abgesehen von Germann – gibt es noch einen Chef, der Sie beeindruckt hat?
In der deutschen Schweiz habe ich auch sehr gut gegessen bei Patrick Mahler im «Focus Atelier» in Vitznau, ausgezeichnet mit 18 Punkten. Und die der Romandie habe ich Gilles Varone besser kennenlernen dürfen. Das Essen in seinem Restaurant oberhalb Sions war sehr, sehr gut. Und er ist eine ausgesprochen freundliche Persönlichkeit!
Mit welchen Gefühlen rutschen Sie ins neue Jahr?
Ich bin sehr gelassen. Wenn ich mich sorge, bereue ich das danach immer wieder sehr schnell. Schliesslich gibt es keinen Grund für Selbstmitleid: Ich betreibe ein tolles Restaurant, bin in meinen Entscheiden frei. Ich freue mich zudem auf ganz viele Projekte im 2025. Es sind Fourhand-Dinners geplant, ich will Grillabende an aussergewöhnlichen Locations durchführen, etc. Es wird ein arbeitsreiches Jahr.
Haben Sie konkrete Pläne für Ihren Betrieb 2025?
Ich habe es nie verheimlicht, ich strebe den zweiten Michelin-Stern an. Das ist mein grosses Ziel. Und ich habe mir das auch auf mehrere Zettel notiert, die in allen Räumen meiner Wohnung hängen. So verliere ich dieses Ziel nie aus den Augen. Im Restaurant denken wir ausserdem darüber nach, unseren Gewölbekeller in eine Räucherei oder einen Reifekeller für Käse umzubauen.
Gibt es ein Produkt, mit dem Sie nächstes Jahr unbedingt mal kochen möchten?
2024 habe ich zu wenige Perlhühner bestellt – dieser Fehler soll sich nicht wiederholen. Fürs neue Jahr habe ich die Vögel bereits reserviert!
Und eine Kollegin oder einen Kollegen, den Sie bald besuchen möchten?
Noch vor Silvester werde ich bei Tanja Grandits (19 Punkte) in Basel essen gehen. Und im Januar steht das «Colonnade» in Luzern auf dem Programm, wo 17 Punkte-Chef Gilad Peled am Herd steht. Im Ausland reizt mich das Restaurant Amador in Wien sehr, ausgezeichnet mit drei Sternen. Mal sehen, ob die Zeit dafür reicht!
>> Romain Paillereau kocht imm 150-jährigen Restaurant Trois Tours in Fribourg-Bourguillon. Dort darf er nicht nur 18 Punkte sein eigen nennen, er wurde vom GaultMillau auch zum «Aufsteiger des Jahres 2025» gekürt. Restaurant des Trois Tours à Bourguillon
Fotos: HO, Julie de Tribolet