Text: Kathia Baltisberger, Daniel Böniger, David Schnapp
Auch ein Star-Bäcker braucht mal Ferien. Doch die sind für den Eigenbrötler alias Daniel Amrein am Donnerstag vor der Garden Party vorbei. Dann kommt er nach Hause und macht sich an die Arbeit, denn seine Sauerteigbrote haben eine lange Teigführung. 70 Kilogramm Brot hat er dabei – und rollt sie im Gepäckwagen des Luxushotels über den Rasen zu seinem Stand. Neu im Party-Angebot ist Focaccia mit Arance Candite und Süssmandeln. «Die kandierten Früchte sind aus 80 Prozent Bitterorangen und nur 20 Prozent Zucker. Das Bittere kommt richtig gut raus», findet Amrein. Die Variante mit fermentierten Nüssen zieht allerdings nicht nur Gäste an, sondern auch Wespen. Zum Glück ist Partnerin Yasmina immer an seiner Seite. Sie hat vom Pflaster bis Parapic alles dabei: «Daniel hat sich letztes Jahr so übel mit dem Messer geschnitten, seither bin ich vorbereitet.» Diesmal bleibt Amrein unfallfrei. Und der Eigenbrötler ist der heimliche Star der Party. Sein Buchweizen-Sauerteigbrot ist ein Bestseller in der Schweizer Gastronomie. Als Star sieht er sich dennoch nicht. «Ich bin nicht so gerne im Mittelpunkt. Aber ich habe mir Stefan Wiesner als Vorbild genommen. Der ist auch introvertiert, geht aber nach aussen und zeigt, was er kann.» Grosses Bild oben: Muriel Beeler (l.), Joël Ellenberger & Lisa Oestreich («Igniv»).
Wo der Eigenbrötler ist, da ist auch Käse-Affineur Rolf Beeler nicht weit. Gleich neben dem Brotstand stapelt der Käse-Papst seine Spezialitäten aufeinander. Natürlich dürfen die grossen Laibe nicht fehlen. Der einzige Rohmilch-Appenzeller der Schweiz zum Beispiel oder ein sechsjähriger Sbrinz. Letzterer kommt bei Temperaturen bis 32 Grad ins Schwitzen. «Das schadet dem nicht, das kann man einfach wegwischen», erklärt der Experte. «Aber man muss schon darauf achten, welche Käse die Hitze aushalten.» Auch mehrere Weichkäse hat Beeler dabei – und die halten den Temperaturen Stand. «Der Rohmilchbrie aus Solothurn ist eine Wucht. Der kann locker mit einem französischen Brie mithalten.» Wer in den Genuss von Beelers Käse kommen möchte, kann sie an verschiedenen Wochenmärkten erstehen: In Zürich, Luzern, Aarau oder Wettingen und samstags trifft man Rolf Beeler am Markt in Luzern an. Aber nicht jede Woche: «Ich bin auch schon 70 Jahre alt! Da muss man nicht mehr immer überall sein.» Ausserdem hat Beeler eine Hüftoperation hinter sich. «Die habe ich extra auf Mitte Juli gelegt, damit ich pünktlich zur Garden Party wieder laufen kann.» Der Plan ist optimal aufgegangen.
Nach Brot und Käse darf es aber Kaviar sein: Für Sebastian Titz ist es die letzte Garden Party, im November tritt er eine neue Stelle in der Klinik Gut an. Mit einer Ausnahme hat der sympathische Chef des «Verve by Sven» im Grand Resort jedes Jahr eine knusprig-luftige Waffel mit Eigelbcreme gefüllt und mit Oona-Kaviar gekrönt. «Einmal gab es die Waffel nicht. Weil alle Gäste danach gefragt haben, ist sie seither wieder als unser Signature Dish dabei», sagt Titz. An seiner Seite steht, auch das hat Tradition, Oona-Verkaufschef Heinrich-Marc Stehli. Acht Kilogramm «schwarzes Gold» hat er dabei: Oscietra Carat vom russischen Stör sowie «No 3 traditionnel» vom sibirischen Stör. «100 Prozent Schweiz», sagt Stehli dazu. Als einziger Anbieter verzichte Oona auf Konservierungsstoffe, nur Salz wird dem Naturprodukt aus Frutigen hinzugefügt: «Damit haben wir auch in einem umkämpften Markt ein Alleinstellungsmerkmal und wachsen jährlich um 20 Prozent.» Der Kaviar sei ausserdem «sauber im Geschmack und zugänglich», so Stehli.
Schweizer Qualität bietet auch Ronald Herculeijns von Swiss Lachs – und bewahrt trotz des Ansturms von 500 Gästen auch noch einen kühlen Kopf. Mit drei charmanten Helferinnen verteilt er im Akkord Kostproben von geräuchertem sowie Graved Lachs an die Gäste: «Je nach Gusto mit oder ohne Meerrettich!» Nach den heftigen Unwettern im Misox im vergangenen Juni ist die Party aber pure Entspannung: «Unsere Farm in Lostallo war drei Tage lang ohne Strom, zum Glück hatten wir genug Diesel fürs Notstromaggregat», sagt Herculeijns. Vier Leute seien vor Ort gewesen und hätten 36 Stunden durchgearbeitet. Der Mitgründer von Swiss Lachs ist keiner, der in «Jammer-Laune» verfällt: «Die Fische in unserer Zucht sind alle unversehrt geblieben.» Und es gibt mehr gute Nachrichten: Jüngst konnte Herculeijns die Übernahme der «Basis 57» in Erstfeld am Gotthard vermelden. «Die Reaktionen auf unseren Einstieg dort, gerade aus der Region selbst, sind überwältigend.» Wo isst er eigentlich den Schweizer Lachs selbst am liebsten? Jetzt im Sommer sei der Schweizer Edelfisch aus nachhaltiger Zucht besonders als Ceviche ein Genuss: Seine Lieblingsadressen hierfür sind das «Barranco» und das peruanische Pop-up «Hora de Peru» im Hotel Widder, beide in Zürich: «Zweimal hervorragend!»
Grund zum Feiern hat Sezai Özkan am Stand von Laurent-Perrier. Der Regional Director für die Schweiz, für Österreich und Deutschland kann den Gästen ein brandneues Label präsentieren: «Erstmals gibt es bei Laurent-Perrier einen Champagner, der nur aus Reserveweinen hergestellt wird», erklärt Özkan. 55 Prozent Chardonnay und 45 Pinot Noir aus den Jahren 2014, 2015, 2018 und 2019 finden sich im Laurent-Perrier Héritage, der auf dem Know-How und den Reserveweinen aufbaut, welche auch die Basis des Prestige-Champagner Grand Siècle sind. «Wir sind sehr Gastronomie-orientiert und wollen dem Wunsch vieler Köche und Sommeliers entgegenkommen, einen edlen Champagner zu produzieren, der preislich aber unter dem Grand Siècle angesetzt ist», so Sezai Özkan. Mit Tobias Funke, Christian Kuchler und Silvio Germann sind drei Schweizer Starchefs Markenbotschafter des Hauses. Weiter Ambassadoren seien eine Möglichkeit, «aber wir wollen mit Leuten zusammenarbeiten, die zu uns passen», sagt Özkan.
Nicht ganz so glamourös, aber mindestens so gefragt war das Produkt der freundlichen Herren am Stand von BE WTR. «Bei diesem Wetter ist Wasser das Produkt, das jeder braucht», sagt ein sichtlich zufriedener Michael Dobler. Als Sales Manager des Wassersystems aus Lausanne kennt er die Erfolgsfaktoren von BE WTR genau: «Viele Gastronomen wollen nachhaltiger werden, unsere Marke gilt als cool und der Umgang damit macht die Arbeit vieler Betriebe einfacher: es gibt keine Harassen zu schleppen oder leere Flaschen zu entsorgen.» Mit dem System kann Leitungs- oder Quellwasser gefiltert, gekühlt und auf Wunsch mit Kohlensäure angereichert werden. «Dabei werden 99 Prozent aller unterwünschten Stoffe und Rückstände aus dem Wasser gefiltert, ohne aber das Aroma zu verfälschen. Wasser aus Gstaad schmeckt deshalb anders als Wasser aus Bad Ragaz», sagt Michael Dobler. Immer mehr High-End-Häuser setzten auf BE WTR, so Dober. In Resort Bad Ragaz beispielsweise habe man schon zwei Anlagen installieren können.
Viel Sonne, viel Durst! Wie viele Liter «Appenzeller» und «Chopfab» er an die Gäste der Garden Party verteilt hatte, kann Geschäftsführer Aurèle Meyer von der Brauerei Locher am Ende eines heissen Tages aber nicht sagen. «Wie erwartet war die Nachfrage nach unserem Red Ginger, serviert mit Zitrone, einem Zweig Minze und viel Eis, besonderes gross!» Ob davon für die Afterparty noch genügend übrig bleiben würde, war gegen 17 Uhr noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Besonders mutig von Meyer war es, auch «Ghackets», «Gschnetzlets» und «Tschipps» von Brewbee an die Garden Party mitzunehmen: Es handelt sich dabei um eine Art «Fleischersatz», hergestellt auf Basis von Malztreber, der beim Brauen in Appenzell übrig bleibt. Ein sportlicher Ansatz, wenn rundherum Starchefs exklusive kleine Gerichte mit Fisch und Fleisch bester Qualität anbieten. Meyers sieht es pragmatisch: «Unsere Produkte brauchen sich nicht zu verstecken. Und guten Gesprächsstoff liefern sie auch noch!» Zu einem eisgekühlten Quöllfrisch auf jeden Fall.
Snacks von den Starchefs, exklusive Getränke und ganz viel Sonnenschein – braucht der Mensch mehr? Aber sicher, würden Beat Hauenstein von Davidoff und Dominique Niederhauser von Nespresso antworten: Zum Beispiel eine erlesene Zigarre und/oder ein aromatischer Espresso sorgen nach einem guten Essen für die feine letzte Note. Da stimmen auch die Starchefs Peter Knogl («Cheval Blanc», Hotel Trois Rois in Basel) und Heiko Nieder («The Restaurant», Dolder Grand in Zürich) zu, beide mit 19 Punkten ausgezeichnet. Knogl liebt es, in den Ferien (seine Lieblingsdestination: Barcelona und die dortigen Sternerestaurants) in Ruhe eine Zigarre zu rauchen. «Da habe ich die Zeit, die es für diesen Genuss braucht.» Nieder wiederum ist ein regelrechter Kaffeefreak: «Obwohl ich gerade versuche, mich zu zügeln, komme ich auf etwa sechs Tassen täglich.» Der Mann mit den vielen Aufgaben im The Dolder Grand ist übrigens nicht nur Botschafter für die Schweizer Kaffeeweltmarke, sondern eben auch für Davidoff: «Wir brauchen dafür Persönlichkeiten mit Herz, Hirn und Fleiss, gepaart mit der nötigen Passion», erklärt CEO Beat Hauenstein. Es sei ein grosses Glück, in den Personen von Peter Knogl und Heiko Nieder gleich zwei Chefs mit diesen Attributen gefunden zu haben.
Grosses Glück ist auch beim bekanntesten Fischhändler des Landes zu sehen: «Ich hatte Glück, dass sie gerne Austern isst», sagt Dario Bianchi auf die Frage nach seiner Begleiterin. Der Co-Chef des traditionsreichen Comestibles-Unternehmens ist mit Partnerin Claudia Kobler zur Garden Party gekommen. Für Harmonie zwischen den beiden sorgt unter anderem die Tatsache, dass beide die Königin der Muscheln mit der granitharten Schale und dem intensiven Meer-Aroma mögen. 1500 Stück Gillardeau-Austern No 2 haben Dario Bianchi und seine Leute mitgebracht, sie liegen unter anderem in einem massgefertigten roten Wagen gut gekühlt auf Eis. «Wir wollten immer einen Fisch-Wagen, haben aber nichts gefunden. Da haben wir halt einen bauen lassen, so Bianchi. Lackiert werde er wie die Karosserie eines Autos. Das ist so exklusiv wie die Austern an sich – jede einzelne trägt das eingravierte «G» in der Schale. Das Maison Gillardeau hat es geschafft, aus seinen Austern eine Marke zu machen, dazu komme ein spezielles Produktionsverfahren, das für einen aussergewöhnlichen Geschmack sorge, weiss Dario Bianchi.
Erfahrene Gäste wissen: An der Garden Party sollte man Platz fürs Dessert lassen – das Angebot ist gross: Lisa Oestreich, Pâtissière im «Igniv» in Bad Ragaz, hat zusammen mit ihrem Chef Joël Ellenberger den unverkennbaren Candy-Store bestückt. «Wir hatten etwa eineinhalb Wochen Arbeit. Zum Glück ist Joël ein guter Knecht», scherzt Oestreich. Nur die Macarons seien eine Hassliebe. «Neulich habe ich zu Hause welche gemacht, und die sind auch mir nicht gelungen.» Sie ist nicht die einzige im Grand Resort mit einer Leidenschaft für Süsses. Michel Erpel hat als Chefpâtissier des Hauses zusammen mit seiner Chefin Nadine Wächter buchstäblich Kunstwerke geschaffen: «Die Mini-Desserts sind den Werken im Garten nachempfunden, die im Rahmen der Bad RagARTz ausgestellt werden.» Es gibt Schokoküsse, Zitronenkuchen und Tiramichoux – eine mit Mascarpone gefüllte Brandteig-Kugel. Für Abkühlung sorgt zum Schluss die Crew von «Kalte Lust». Die Glace-Profis aus Olten haben neue Kreationen und Klassiker mitgebracht. 19-Punktechef Franck Giovannini hat eine der Neuheiten aus Haselnuss und Zitrone kreiert. «Die Zusammenarbeit mit ihm hat ‹gfägt›. So etwas ist für uns extrem lehrreich», sagt Florian Stähli von «Kalte Lust». Der Aufbau der Glace aus drei Schichten habe die Arbeit komplex gemacht: «Das war drei Mal so aufwendig.» Dass sich der Aufwand gelohnt hat, zeigen die vielen Gäste, die am Ende des Tages für eine Portion «Kalte Lust» anstehen.
>> Fotos: David Birri, David Biedert, Olivia Pulver