Text: Siméon Calame & Knut Schwander
Nagen am Gamsknochen. Am Tag des Treffens mit Ilario Colombo Zefinetti und seinem Onkel Mauro Capelli hat ein Jäger gerade einen 145 Kilogramm schweren Hirsch ins «Théâtre», Monthey VD gebracht. Und für den Folgetag erwarten die beiden drei Gämsen aus den umliegenden Bergen. Mit einem Schmunzeln gibt Capelli zu, dass er während der Jagdsaison gern mal in der Küche an einem kleinen Gamsknochen nage. Lokaler Herkunft ist hier aber nicht nur das Fleisch, sondern auch Gemüse und Kräuter. Aus dem eigenen Garten kommen etwa Bergkräuter, um die geräucherte Butter zu verfeinern, die zu hausgemachtem Brot und Grissini gereicht wird. «Als ich das Théâtre übernommen habe, wollte ich es zu einem einzigartigen Restaurant machen. Ich denke, das ist mir gelungen», sagt Gastgeber Capelli selbstbewusst. Grosses Bild oben: Grégory Halgand, Audrey Feutren, «Gastgeber des Jahres» Esteban Valle Trujillo, Ilario Colombo Zefinetti (v.l.n.r.).
Der Werdegang? Monthey retour. Den Erfolg ermöglicht hat sein Neffe, Küchenchef Ilario Colombo Zefinetti: Dieser trägt Socken mit Entenmuster, eine bunte Mütze und weite Leinenhosen. Als er noch ein Kind war, habe er es sich zur Gewohnheit gemacht, seiner Grossmutter beim Kochen zuzusehen. «Mit der Zeit wurde es zur Gewohnheit, dass ich mit ihr zusammen das Essen zubereitete.» Als er sich für eine berufliche Laufbahn entscheiden musste, sei es quasi selbstverständlich gewesen, die Hotelfachschule zu absolvieren. Sein Werdegang danach? Er kochte zum ersten Mal in Monthey. Ging danach nach Dänemark und Nizza - bis er 2016 zum zweiten Mal bei seinem Onkel Mauro anheuerte. Und von da an ging es steil aufwärts: Ausgehend von 14 Punkten im Jahr 2017 sind es nun deren 17, hinzu kommt der Titel «Aufsteiger des Jahres in der Westschweiz».
Feuertaufe mit 400 Würsten. Grégory Halgand im Hôtel de Ville in Ollon wird als «Entdeckung des Jahres» ausgezeichnet und erhält 15 Punkte. Im April 2022 hat er mit seiner Frau Audrey Feutren das Lokal eröffnet. Richtig angekommen seien sie aber erst im August desselben Jahres: «Das für die Region wichtige Oldtimer-Rennen Ollon-Villars stand an - und wir wussten, dass wir abliefern müssen.» Die Feuertaufe? 500 Burger, 400 Würste, 10 Laibe Raclettekäse, 100 Wolfsbarschfilets, 30 Fässer Bier. Alles klappte bestens.
Ihr liebster Gast? Der älteste Sohn. Ihr Restaurant bietet sowohl eine Bistroküche an (Tagesgericht inkl. Vorspeise für 24 Fr.) als auch Gourmetküche an. Zur «Entdeckung» wurde das Paar im Traditionshaus in Ollon vor allem darum, weil sich Grégory und Audrey perfekt ergänzen: Er ist fürs Salzige, sie fürs Süsse zuständig. Das Paar hat nicht zuletzt drei Kinder; 7-, 12- und 14-jährig. Damit das Familienglück nicht zu kurz kommt, wird auch mal zu unkonventionellen Lösungen gegriffen: «Regelmässig kommt unser Ältester mit seinen Freunden zu uns ins Restaurant essen», sagt Grégory, der in der Küche einzig von einem Spüler unterstützt wird. «So sehen wir ihn trotz langer Schichten häufig genug.»
Keine Osteria wie viele andere! Die GaultMillau-Tester besuchten nicht zuletzt Osterias im Tessin. Beispielsweise die «Osteria Enoteca Cuntitt» im kleinen Dörfchen Castel San Pietro im Mendrisotto. GaultMillau-Chef Urs Heller selbstkritisch: «Wir haben Power-Chef Federico Palladino 2022 als «Entdeckung des Jahres» ausgezeichnet, aber ihn damals zu tief eingestuft.» Das ist jetzt korrigiert: 16 Punkte, «Aufsteiger des Jahres». Das Osteria-Erlebnis No. 2: «Osteria del Centro» in Comano bei Lugano. Piero Roncoroni ist zurück aus den Dreisterne-Küchen in Barcelona und San Sebastian, macht jetzt im kleinen Dorf sein eigenes Ding. Konzept: Keine Pasta, keine Polenta wie üblich in einer Osteria, sondern beeindruckende Gemüseküche; Manzo und Perlhuhn sind «Beilage». Rating zum Start: 14 Punkte, «Entdeckung des Jahres».
Fotos: Lorena Widmer / Adrian Ehrbar / Darrin Vanselow / Thomas Buchwalder