Text: Urs Heller Fotos: Marcus Gyger, HO
Musterschüler Silvio Germann. Wie schafft man ein Food-Imperium und klare Verhältnisse? Andreas Caminada entwickelte mit viel Gefühl und wenig Kalkül die Formel «Igniv» (rätoromanisch für «Nest»): Unkomplizierte Restaurants sollten es werden. Mit lustbetonten Gerichten zum Teilen. Family Style. «Und vor allem musste klar sein: Ich stehe nicht selber am Herd. Ich vertraue den «Igniv»-Köchen voll und ganz.» Ein Teil der Rechnung ging auf: Caminada nistete sich mit seiner zweiten Linie in Bad Ragaz, St. Moritz, Zürich und Bangkok ein. Aber ganz so unaufgeregt und unkompliziert blieben diese Restaurants nicht. Silvio Germann beispielsweise, Caminadas stets freundlicher und gelassener Musterschüler, ist im Grand Resort Bad Ragaz ein Star: 18 GaultMillau-Punkte, zwei Michelin-Sterne, permanent ausgebucht. Und hausintern ein «Wirtschaftsfaktor»: Von der heftigen Nachfrage im «Igniv» profitieren auch die anderen Restaurants im Resort. Der fünfte Geburtstag wird am 16. Dezember gefeiert. Grosses Bild oben: v.l. Andreas Caminada, Silvio Germann, Francesco Benvenuto.
Food to share. Das Überraschungs-Ei fehlt nie im Starterkit des Igniv, begeistert die Gäste.
Pinzetten-Job: Silvio Germann richtet flink und sorgfältig an.
Design Patricia Urquiola. Das «Igniv» im Grand Resort Bad Ragaz.
Management by WhatsApp. Wie stark Andreas Caminada seinem Team vertraut, überrascht selbst seine Köche: «Er stand in den fünf Jahren vielleicht dreimal bei mir in der Küche. - Sonst kommunizieren wir per WhatsApp», sagt Silvio Germann. Alle vier «Igniv»-Chefs können sich im Rezeptpool von Schloss Schauenstein bedienen und ein paar Gerichte sind fix gesetzt auf der Karte. Gleichzeitig darf aber jeder seine eigenen Ideen entwickeln, seine eigene Handschrift schärfen. Silvio: «Wir Köche haben eine WhatsApp-Gruppe. Entwickelt beispielsweise Daniel Zeindlhofer ein neues, besonders spannendes Gericht, kriege ich das umgehend auf mein Handy.»
Igniv-Chef in St. Moritz: Marcel Skibba.
Igniv-Chef in Zürich: Daniel Zeindlhofer.
Igniv-Chef in Bangkok: David Hartwig.
Talentschmiede «Igniv». Andreas Caminada hat viele Talente. Nachwuchsförderung gehört dazu. Er setzt für seine «Filialen» konsequent auf noch unbekannte Köche, die ihm aber in seiner eigenen Brigade auf Schloss Schauenstein aufgefallen sind. Der Chef hat ein goldenes Händchen: Silvio Germann (Bad Ragaz) ist längst der zweite Star im Imperium. Marcel Skibba arbeitet im Sommer auf dem Schloss und überwintert im «Badrutt’s Palace» in St. Moritz. Dort zeigt er Klasse, eiserne Nerven («Palace»-Gäste haben so ihre Sonderwünsche…), und den hausinternen Wettbewerb hat er auch für sich entschieden: 17 Punkte für Skibba, 16 Punkte für Mister Nobus «Matsuhisa». Daniel Zeindlhofer legt im «Igniv» Zürich von Karte zu Karte zu; beim Startkapital von 15 Punkten wird es nicht lange bleiben. In Bangkok (im St. Regis-Hotel) hat David Hartwig nach langer Wartezeit einen blitzsauberen Start hingelegt; die thailändischen Foodies und Expats sind begeistert.
Candy-Store in allen vier «Igniv»! Lollis, Schokolade, Gelée zum Mitnehmen.
«Igniv» und die starken Frauen. Hinter Andreas Caminadas «Igniv»-Erfolgen stehen starke Frauen: Die spanische Stararchitektin Patricia Urquiola hat alle Restaurants designt. Ehefrau Sarah ist die Controllerin im Konzern. Die jungen Köche sind begeistert von ihrem souveränen Kostenmanagement, stöhnen schon mal über die klaren Vorgaben, wissen aber genau: «Anbrennen» kann da nix. Auch an der Front gibt es eine Powerfrau: Ines Triebenbacher in «Igniv» Zürich. Sie kennt die Küche ihres Partners Daniel Zeindlhofer bis ins letzte Detail, tritt am Tisch nicht nur äusserst charmant, sondern auch sehr fachkundig auf und erweitert beharrlich ihr Weinwissen. Alle «Igniv»-Gastgeber haben ein grosses Vorbild: Francesco Benvenuto, Gastgeber und Sommelier der ersten Stunde in Bad Ragaz. Besonderes Merkmal: Francesco lässt Abend für Abend die Doppelmagnum kreisen: Food to share, wine to share.
