Text: David Schnapp | Fotos: Oliver Wagner
Besucher aus der Schweiz. Atmosphäre ist ein flüchtiges Gut – schwer zu erklären oder gar zu fassen. Und vor allem ist es nicht einfach, die gewünschte Stimmung zu kreieren, wenn man sie gerade braucht. Im Falle dieses Trios allerdings schien das ganz leicht zu sein, eine entspannte Atmosphäre der Freundschaft war diese Woche die Grundlage für einen gelungenen Abend in der historischen «Traube Tonbach» im Schwarzwald. Florian Stolte, der Küchenchef des Gourmet-Restaurants 1789 (drei GaultMillau-Hauben, ein Michelin-Stern) im Hotel lud seine Schweizer Freunde Stefan Heilemann («Widder», Zürich) und Christian Kuchler («Schäfli», Wigoltingen) zum Six-Hands-Dinner ein.
Grosses Bild oben, v.l.: Christian Kuchler, Stefan Heilemann und Florian Stolte.
Prägende Jahre. Neben der Atmosphäre ging es nicht zuletzt um eine lange Geschichte und persönliche Geschichten. Stolte und Heilemann kennen sich seit 2003, als beide in der «Traube» ihre Kochlehre absolviert haben. Auch ihre Leidenschaft für die thailändische Küche stammt aus dieser Zeit, als ihr damaliger Chef sie zum kulturell-kulinarischen Austausch nach Bangkok mitgenommen hat. Für Stefan Heilemann waren seine Schwarzwaldjahre «absolut prägend», wie er sagt. Nach der Lehre arbeitete er mehrere Jahre bei Harald Wohlfahrt im Drei-Sterne-Restaurant Schwarzwaldstube, das ebenfalls zur «Traube Tonbach» gehört, und seit Jahrzehnten eines der besten Restaurants der Republik ist. «Natürlich war das manchmal hart, vor allem am Anfang. Aber mit dem Haus und vor allem mit Florian verbindet mich eine lange Freundschaft, gerade kürzlich waren wir zusammen in den Ferien», erzählt der Schweizer Koch des Jahres von 2021.
Alles per WhatsApp geklärt. Christian Kuchler wiederum wollte ursprünglich seine Lehre hier machen und absolvierte als 14-Jähriger eine Probewoche im Schwarzwald. Das Unternehmen scheiterte dann aber an den deutschen Arbeitsgesetzen. Immerhin: «Mein Papi hat mich sicher 25- bis 30-mal zu Mittagessen in die ‹Schwarzwaldstube› mitgenommen», erzählt Kuchler. Und weil man sich gegenseitig kennt und schätzt, liefen auch sämtliche Absprachen im Vorfeld unkompliziert: «Nach einigen WhatsApp-Nachrichten war geklärt, wer was kochen soll», so Kuchler. Stefan Heilemann etwa macht «eine Art Crevetten-Cocktail» aus Tuna-Tatar mit Gamba Blanca, Kaviar, Avocado und Yuzu-Vinaigrette, während sein guter Freund Christian Kuchler ein «Sandwich» aus Foie Gras und Angus-Entrecôte im Panko-Tempura-Mantel zubereitet. Für ihn sei es «eine Ehre, hier kochen zu dürfen», sagt Kuchler.
Lob von Berti Vogts. Sein Vater Wolfgang Kuchler pflegt schliesslich seit Jahrzehnten eine Freundschaft zu «Traube»-Patron Heiner Finkbeiner und ist an diesem Abend ebenso Gast des Hoteliers wie Fussball-Welt- und Europameister Berti Vogts, der nach dem Essen mit den Köchen fürs Erinnerungsbild posiert und scherzhaft fragt, ob sie jeden Tag so gut kochen könnten wie gerade heute. Kurz, atmosphärisch spielt sich dieses Koch-Ereignis konstant in einer für Gastgeber, Köche und Gäste angenehmen familiär-freundschaftlichen Wohlfühlwolke ab, was wiederum perfekt an diesen Ort und in dieses Haus passt.