Text: Kathia Baltisberger
«Wir sind gut unterwegs.» Er gehört zu den Stars im «Food-Mekka» Vitznau: Jeroen Achtien kocht im Vitznauerhof, sein Restaurant Sens wird neu mit sagenhaften 18 Punkten bewertet. Der Holländer macht viel, um so weit vorne mitzuspielen. Er serviert Entenleber in Pulverform, lässt Zander dry agen, experimentiert mit Koji-Pilzen und ist per Du mit den besten Produzenten rund um den See. Der 18. überrascht Achtien deshalb nur zum Teil. «Ich habe ja mittlerweile etwas Erfahrung, gehe selbst viel auswärts essen. Ich weiss, dass wir gut unterwegs sind», sagt er selbstbewusst. Auch zwei Michelin-Sterne wären ein Indiz. «Aber das heisst ja noch gar nichts», relativiert er und fügt an: «Aber natürlich haben wir darauf gehofft.»
Grosses Bild oben: Jeroen Achtien, Dietmar Sawyere, Oscar de Matos (v.l.).
Gekommen, um zu bleiben. Auf die Frage, ob so viele Punkte auch einen gewissen Druck bedeuten, muss er laut lachen. «Nein, überhaupt nicht. Ich lasse mir keinen Druck machen. Ich ziehe einfach mein Ding durch.» Mit getrocknetem und geraffeltem Rinderherzen hat er vielleicht schon beim einen oder anderen Gast Schnappatmung verursacht. Bewusst: «Ich verarbeite Produkte oder kombiniere sie so, wie man es sonst nicht bekommt. Ich möchte den Leuten die Augen öffnen, dass das eben auch geht.» Im März ist der Holländer bereits seit vier Jahren im Vitznauerhof – und will auch dort bleiben. «Man weiss ja nie, was passiert, aber die Schweiz ist fix!» Das finden wir natürlich «super goed».
32 Punkte für Sawyere. Dietmar Sawyere hat den Dreh raus: Er führt in Andermatt gleich zwei japanische Restaurants – und das äusserst erfolgreich. «The Japanese» gibts einmal im Dorf im Swiss Deluxe Hotel The Chedi und einmal auf dem Berg, bei der Bergstation Gütsch. Und er steigt mit beiden auf. Das «Original» wird neu mit 17 Punkten geführt, die «Filiale» mit 15. «Wir haben schon länger mit dem 17. Punkt geliebäugelt», gibt Sawyere zu.
Das Geheimnis seines Erfolgs? Sawyere serviert die Gerichte so, wie Europäer japanische Küche mögen. Er hält die sehr strengen Regeln der Kaiseki-Küche nicht alle peinlich genau ein. «Wir hatten zu Beginn ein traditionelles Menü und ein modernes. Das modernere kam bei den Schweizern besser an.» Der gebürtige Fribourger ist viel in der Welt rumgekommen, vor allem in Asien und Australien. Dass es im «Chedi» ein japanisches Restaurant gibt, hat er Samih Sawiris zu verdanken. Der Investor ist übrigens gern gesehener Gast. «Er isst am liebsten Hamachi-Sashimi mit Jakobsmuschel-Carpaccio und Kaviar», verrät Sawyere.
Vom «El Bulli» ins «Maihöfli». Das muss man erstmal schaffen: Oscar de Matos erhält im neuen Guide für sein «Maihöfli» in Luzern nicht nur einen Punkt, sondern gleich zwei mehr! «Wow! Das hätte ich wirklich nicht gedacht. Ich hatte mit einem Punkt oder so gerechnet, weil ich zur Preisverleihung eingeladen war. Ich war so nervös, dass ich die letzten zehn Tage nicht schlafen konnte. Aber gleich zwei Punkte mehr? Der Wahnsinn!» Das zeigt, dass der Spanier seinen Weg gefunden hat. Als ehemaliger Klosterschüler wollte er eigentlich Architekt werden, entschied sich dann aber doch für die Kochlehre. Und zwar nicht irgendwo, sondern im weltberühmten «El Bulli» bei Ferran Adrià. Von der Molekularküche, die er dort gelernt hat, steckt heute nicht mehr viel in seinen Gerichten. Dennoch hat er etwas vom Meister mitgenommen: «Perfektion! Wenn Ferran gesagt hat, du sollst das Gemüse zwei Zentimeter breit schneiden, dann meinte er auch zwei Zentimeter. Er war streng, ist aber auch ein guter Mensch.»
Luzerns neuer Star. Heute hat Oscar de Matos seinen eigenen Stil gefunden. Er serviert eine Pilz-Paté mit Quitten, einen Zander aus dem Lago Maggiore oder ein Luma-Entrecote mit Koji-Glasur. In Luzern ist er der neue Star der Gastro-Szene, teilt sich die Spitzenpositon von 16 Punkten mit Hugues Blanchard vom «Olivo» im Casino und Michèle Meier vom «Lucide» im KKL. «Dessen bin ich mir noch gar nicht bewusst. Ich muss das erstmal sacken lassen.»
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Fotos: Thomas Buchwalder, Olivia Pulver, Handout