Text: David Schnapp Fotos: Thomas Buchwalder

Geborener Handwerker. Seine Eltern sind beide Akademiker, sein Bruder hat Architektur studiert, aber Alessandro «Ale» Mordasini war laut eigener Aussage nie besonders interessiert am schulischen Lernen. Der Berufsberater empfahl eine handwerkliche Tätigkeit, «beim Schnuppern hat es mir in der Küche sofort gefallen», erzählt der sympathische Aargauer mit Tessiner Wurzeln. Heute ist Mordasini eines der grossen Talente der Schweizer Gastronomie, Gewinner des prestigeträchtigen Koch-Wettbewerbs Goldener Koch und seit zwei Monaten Küchenchef in der «Krone» im malerischen Regensberg ZH.

 

Stimmungsvolle Mittelalterkulisse. Der Hotel- und Restaurationsbetrieb im Zürcher Unterland ist in eine stimmungsvolle Mittelalterkulisse eingebettet, das Haus wurde vor einigen Jahren nach einem Grossbrand mit viel Sinn für Stil renoviert. Ale Mordasini war hier schon einmal als Küchenchef angestellt, aber 2015 «hat es noch nicht richtig gepasst», erzählt er. Nach Stationen bei Markus Arnold in der «Steinhalle», in der Direktionskantine des Versicherers Swiss Re, als Fachlehrer oder als Gerichte-Entwickler der Zürcher Fast-Food-Kette Not Guilty, ist Mordasini nun zurückgekehrt und hat viel vor.

Restaurant Krone Regensberg 2019

Stilvoller Mix: alte Mauern und modernes Design.

Ale Mordasini 2019

Posieren gehört zum Job: Mordasini im «Krone»-Restaurant.

Verlangsamter Herzschlag. Jetzt kommt der Regensberg-Rückkehrer jeden Tag gerne zur Arbeit: «Wenn ich vom Parkplatz zum Restaurant hochgehe, ist es jedes mal als würde sich mein Herzschlag etwas verlangsamen, es ist schon ein besonderer Ort hier», sagt er. Von hier oben sieht man in der dunstigen Ferne den Uetliberg, den Flughafen Zürich und einen Bauernhof, der die Eier bringt, die im Abendmenü mit Schwarzwurzel und Trüffel und zum Frühstück als Egg Benedict serviert werden.

 

Grosse Bühne. Vom Sonntags-Brunch, über die Apero-Lounge am Donnerstagabend bis zum 6-Gang-Gourmetmenü bietet die «Krone» dem Küchenchef eine breite Bühne, um seine vielfältigen Fähigkeiten zur Geltung zu bringen. «Qualität gibt es für mich nicht nur im Gourmet-Teil», sagt Mordasini und weiss genau, «betriebswirtschaftliche Gesetzmässigkeiten gelten». Ein Boutique-Hotel mit Restaurant wie dieses müsse wirtschaftlich geführt werden, «es soll für den Gast, für die Mitarbeiter und für den Betrieb stimmen», sagt der Realist Mordasini.

«Feine coole Dinge.» Der 25-Jährige ist kein Blender sondern ein eher stiller Schaffer, der erst nachdenkt und dann handelt oder spricht. «Als Küchenchef stehe ich natürlich hin für das Foto, und es macht mir sogar mittlerweile auch Spass, aber mein Antrieb ist nicht, berühmt zu werden», sagt Mordasini in seiner angenehm bodenständigen Art. Sein Ziel als Koch kann er dabei wie alles ziemlich präzise formulieren: «Ich möchte feine coole Dinge kochen. Es braucht kein Schauspiel, es soll dem Gast einfach schmecken.»

 

Zwei Hauptzutaten. Als erfolgreicher Wettbewerbskoch hat Mordasini gelernt, strukturiert zu arbeiten, zu denken und zu organisieren. Das kommt ihm im Alltag zu Gute, und das wird bei seinen akkurat angerichteten Tellern auch sichtbar. Trotzdem sind die Gerichte letztlich einfach, die Lachsforelle wird leicht in Nussbutter konfiert, mit einer hervorragenden Beurre blanc, Kräuteröl und Kräutern auf einem knusprigen Ring serviert. Beim Flanksteak von Luma Beef variiert Ale Mordasini den Knollensellerie und macht ihn zum Star auf dem Teller. Ein Teil wird geschmort, aus der Schale entsteht ein Crumble, aus den Abschnitten ein Püree und aus den Blättern ein grünes Pulver. So entsteht ein hochästhetisches Gericht, das aber letztlich bloss aus zwei Hauptzutaten besteht: Fleisch und Sellerie.

Krone Regensberg 2019

Restaurant und Hotel mit Ausblick: Die «Krone» in Regensberg mit dem Neubau (rechts).

Gast im eigenen Restaurant. Kürzlich hat sich Ale Mordasini ins Restaurant gesetzt und sein eigenes Menü gegessen: «Das sollte man als Koch immer wieder mal tun, um die eigene Arbeit mit etwas Distanz zu betrachten». So habe er gemerkt, dass die Portionengrösse bei sechs Gängen etwas reduziert werden könne, dass die Musik im Restaurant nicht immer passe und dass das eine oder andere Detail noch verbessert werden könne. Zum Beispiel müsse er mit seinem Team aus zwei Köchen und einem Abwascher aufpassen, dass sie nicht zu laut sprechen, weil das im Gastraum sonst gut gehört werde.

 

Das Beste aus drei Welten. So wie Mordasini an Details arbeitet, so arbeitet er auch an sich selbst. «Ich habe meine eigene Handschrift noch nicht ganz gefunden», gibt er unumwunden zu. Er weiss: «Der persönliche Stil eines Kochs entwickelt sich mit der Zeit und der Erfahrung.» Sicher ist sich Mordasini aber auf jeden Fall in seinen kulinarischen Grundwerten. Er suche nach Harmonie am Gaumen und vereine das Beste aus verschiedenen Welten: Schweizer Tradition, nordische Frische und mediterrane Leichtigkeit. Man braucht kein grosser Prophet zu sein, um voraussagen zu können, dass Ale Mordasini mit seiner Persönlichkeit und seinen Ideen als Koch noch zu reden geben wird.

 

>> Website Krone Regensberg

 

GaultMillau und Partner American Express scouten junge Chefs, die die Zukunft vor sich haben. Die ersten Namen auf der neuen Liste «Talente 2019» Ale Mordasini, («Krone» Regensberg), Marco Campanella («La Brezza», Ascona), Giuseppe D’Errico («Ornellaia» Zürich) und Thomas Bissegger («1904 Designed by Lagonda», Zürich. Fortsetzung folgt.