Text: GaultMillau Schweiz I Fotos: Fabian Häfeli
Im Boot auf die Terrasse. Konzeptwechsel im modernen Hotel am See, das zur Living Circle-Gruppe gehört. Geführt wird das Haus jetzt von der jungen Gastgeberin Madeleine Löhner (früher Park Hotel Vitznau). Das kleine Gourmetrestaurant Aqua wurde geschlossen, die Küche neu ausgerichtet. Andere Dinge bleiben unverändert: Die Gäste der Schwesterhäuser «Widder» und «Storchen» werden nach wie vor mit dem Boots-Taxi von Zürich nach Thalwil gefahren, wo sie bei schönem Wetter auf der ausladenden Terrasse direkt über dem Wasser sitzen. Grosses Bild oben: Luigi de Gregorio.
Italianità am Zürichsee. Der neue Küchenchef Luigi de Gregorio unterstützt die urbane Sommer-Atmosphäre durch eine Karte mit italienischem Flair und internationalen Bestseller. Er war zuvor Sous-Chef im «Widder», ist Bankett-erprobt und behält deshalb auch bei 120 Reservationen an einem schönen Abend die Ruhe. Die Gerichte zum Start sind durchdacht und sorgfältig gemacht: aromatisches Dinkel-Sauerteigbrot einer nahen Bäckerei aus Adliswil, Röstzwiebelbutter und Tomaten-Hummus, dazu bestellen wir Caesar-Salat mit saftigen Pouletschenkel-Stücken und eine würzige Sardellen-Parmesansauce.
Thunfisch von der Amalfiküste. Eine sichere Hand beweist der Chef beim modernisieren von Evergreens: Das leichte Vitello Tonnato mit Thunfisch-Würfeln von der Amalfiküste, Tonnato-Espuma, eingelegten Kapernblätter aus Pantelleria und sous-vide gegarten, rosafarbenen Kalbfleisch-Scheiben ist frischer eleganter Sommer See Food. Das gebackene Ei in knuspriger Panade kommt vom eigenen Hof Schlattgut, das Gericht mit Kartoffel-Espuma und frischem Sommertrüffel wurde zwar nicht hier erfunden, ist aber ein sicherer Wert. Zur Perfektion fehlt die genaue Garstufe des Eis und etwas Fantasie beim Abschmecken des Spinats.
Mehr Liebe für die Beilagen. Herzerwärmende Mama-Küche erreicht uns mit der hübschen, würzigen Parmigiana, gefolgt von einem tagesaktuellen mächtigen Tomahawk vom irischen Rind. Warum man bei dieser Lage und Situation nicht draussen einen Grill für die Zubereitung von Fisch und Fleisch aufstellt, bleibt eine unbeantwortete Frage, aber das Steak ist ausgezeichnet und punktgenau zubereitet. Lediglich die Beilagen (Rosmarinkartoffeln und Stängel-Broccoli mit dezentem Knoblaucharoma) hätten etwas mehr Aufmerksamkeit und Liebe verdient. Der klassische Jus ist zwar einwandfrei, aber auch etwas fantasielos. Auf diesem (Preis-)Niveau wäre auch eine Auswahl mehrerer Saucen vorstellbar. Eine gute Idee zum Schluss ist das dekonstruierte Tiramisu mit Olivenöl-Biskuit, Baileys, Kaffee-Eis und Mascarpone-Espuma. Fazit: Ein guter Start mit 14 Punkten für Luigi de Gregorio, Möglichkeiten für Feinjustierungen gibt es noch.
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