Text: Pascal Grob | Fotos: Pascal Grob, Olivia Pulver, Thomas Buchwalder
2500 Amuse-bouche von sieben Mitgliedern der Grandes Tables de Suisse? Was andernorts das Hauptspektakel wäre, ist bei der vierten Ausgabe der GaultMillau Garden Party «bloss» der Auftakt. Für das anschliessende kulinarische Feuerwerk sorgten 17 weitere Starchefs mit insgesamt 267 GaultMillau-Punkten rund um den Hotel-Pool des Grand Resort Bad Ragaz. Die Mission von «Züri isst»-Blogger Pascal Grob: Alle Gerichte fotografieren und durchtesten.
Rotbarbenfilet mit knusprigen Schuppen für 500 Gäste? Kein Problem für Peter Knogl. Der Saucenkönig aus Basel interpretiert die französische Haute Cuisine neu, lässt mediterrane und asiatische Einflüsse zu, ohne irgendwelchen Trends nachzueifern. An der Garden Party servierte er den zarten Fisch mit einer phänomenalen Safransauce, während ein Gel aus fermentiertem Knoblauch und eine Tomatenvinaigrette punktuell für noch mehr Tiefgang sorgten. Zum Auslöffeln gut!
Eine Premiere für die erste Frau mit der GaultMillau-Höchstnote: An der vierten Ausgabe der Garden Party tischten Grandits und ihr Team erstmals ein warmes Gericht auf. Die Bestandteile des monochrom rot leuchtenden Tellers? Gnocchi aus hausgemachtem Ziegenquark, Ochsenherztomaten, rote Johannisbeertomaten, Tomatenessenz und ein Tomaten-Espuma mit Zimtblüten, die ein dezentes Pfeffer-Aroma beisteuerten – elegant, filigran, aber trotzdem herzhaft.
Der neue Culinary Director des Zürcher Luxushotels «Dolder Grand» liebt die Herausforderung und brachte ein Gericht mit Kultstatus aus seinem Restaurant nach Bad Ragaz: Saibling an einer mit Butter gebundenen Sauce aus Kamillentee und kaltgepresstem Rapsöl. Der Garpunkt des Fischs? Glasig, butterig – perfekt! Die sommerlichen «Toppings» dazu: Saiblingsrogen, Gartenkresse sowie einzelnen Gurken- und Radieschen-Scheiben.
Der sympathische Bündner ist Kultchef und Talentförderer zugleich: Silvio Germann macht im «Mammertsberg» sein eigenes Ding, während Timo Fritsche im Vegi-Restaurant Oz mit Gemüse aus dem eigenen Schlossgarten verblüfft. Das Motto seines vegetarischen «Garden Party»-Gerichts? «Comfort food» à la Caminada: Blumenkohl, frittiert und glasiert mit einer aromatischen Barbecue-Sauce. Dazu: Blumenkohlsalat, eine fantastische Miso-Hollandaise mit Kimchi-Pulver sowie eine Ochsenschwanz-Essenz.
Der Star in Genf hat soeben Restaurant Nummer 14 eröffnet namens «Les Aviateurs» und ist der einzige Chef, der im GaultMillau jedes Jahr total über 100 Punkte sammelt. Für den Auftritt in Bad Ragaz kombinierte Philippe Chevrier sein Muschel-Kokosnuss-Ceviche mit einem Basilikum-Zitronen-Sorbet. Kumquats und Gurke verlieh dem Gericht den letzten Schliff.
Die Küche von GaultMillaus aktuellem «Koch des Jahres»? «Weltoffen», nennt er es. Birlo und seine verschworene Truppe streifen im Valstertal durch die Wälder, sammeln dort Beeren, im eigenen Garten Kräuter und lassen Saiblinge aus den Bergseen fischen. Gleichzeitig finden aber auch Wagyu und Steinbutt ihren Platz auf dem Teller. An der Garden Party präsentierte er ein grandioses Ceviche, wo sich Säure, Umami und ein Hauch Schärfe in feinfühliger Balance immer wieder abwechselten: Königsmakrele an einer «Leche de tigre» aus Sanddorn, Süsskartoffel-Püree, Tempurateig und Limettenblattöl.
Das Motto von Sven Wassmers Restaurant «Memories»? «Schöne Erinnerungen wecken und unvergessliche neue schaffen.» Gesagt, getan: Für sein Heimspiel im Garten des Grand Resort Bad Ragaz hat der Mercedes-Markenbotschafter insgesamt über 30 Kilogramm Fleisch auf dem mächtigen Azado-Grill zubereitet: wunderschön marmoriertes Entrecôte, Rib-Eye und Filet einer «alten Kuh» (bis zu 16 Jahre alt!) von Vertrauensmetzger Michael Vogt. Dazu sein hausgemachtes, pikantes Sanddorn-Kosho nach japanischem Vorbild sowie ein beeindruckendes, cleveres «Alpen-Chimichurri»: fein gehackte, knackig-frische Erbsen, wilde Wiesen-Kräuter, eingelegte Bärlauchkapern und Schnittlauchöl. Grosses Kino!
Auch der Präsident der Vereinigung Grandes Tables de Suisse ist Markenbotschafter von Mercedes-Benz Schweiz und hatte Fleisch auf dem Menü. Im Gegensatz zum Gericht seines Stand-Nachbars wurde bei Ravet aber ganz filigran angerichtet: zartes Tatar vom Saanen-Kalb aus Gstaad BE mit gerösteten Zwiebeln, Wasserkresse und Piment d’Espelette, bedeckt von einem süsslichen Blumenkohl-Espuma, Heu-Pulver und einer klassischen Tuile.
Chef Heilemann kocht mal modern-klassisch, mal unerschrocken-thailändisch. Seine neueste Leidenschaft? Produkte von den eigenen Gutshöfen, etwa Jura-Rind vom «Château de Raymontpierre», veredelt durch «Luma» und anschliessend luftgetrocknet für zehn Wochen. Für die Gardenparty packte er das Trockenfleisch in einen dünnen Pfannkuchen aus Reismehl und kombinierte zur Rolle eine exzellente, sauer-scharfe Thai-Salsa voller Umami sowie Kalamansi-Hollandaise.
Dicke Freunde sollten nicht getrennt werden. Also kocht Christian Kuchler Schulter an Schulter mit Kollege Heilemann für Jelmoli. Ihre Challenge: Das gleiche Produkt, zwei verschiedene Zubereitungsarten! Sein Gericht? Filet Wellington «Schäfli-Style». Dazu rollte Kuchler das Rindsfilet um einen Kern aus Entenleber sowie einer Farce aus Trüffel und Poulet, fest umhüllt von Wirsing und dem Pastetenteig. Ein eindrucksvolles Plädoyer für altbewährte Klassiker auch dank der kunstvoll eingeschnittenen Champignon und dem aromatischen Kalbsjus.
«Kilometro zero»? Können Gäste im «Castello del Sole» sehr wörtlich nehmen: Mattias Roock kocht am liebsten mit Produkten aus dem eigenen Garten, wo unter anderem auch 25 Tomatensorten wachsen. «Mein Gericht für die Garden Party besteht zu 90% aus Tomaten», so der Koch aus Ascona TI. Marinda, Brandywine, Viagra, Zebra und Feuerwerk heissen die Tomatensorten. Sie sind mal getrocknet, mal mariniert und liegen in einer eleganten Tomatenessenz. Nur eine ist nicht das, was sie scheint: Ziegenkäse in Form einer Tomate, «eingefärbt» mit Tomatensauce. So schmeckt Sommer!
Die Garden Party soll auch Bühne sein für die Stars von Morgen: Benoît Carcenat kocht sich in Rougemont VD mutig Richtung Spitze. In der Branche heisst er «Benoît deux», weil er bereits bei Benoît Violier in Crissier VD einen Superjob gemacht hat. Für Bad Ragaz hat der «Valrose»-Chef eine knusprige Krokette mitgebracht. Die Füllung? Spanferkelbacke und Schweinsfuss! Ponzu mit Senföl, Salicorn und ein Salat aus Süsswasseralgen sind die bärenstarken Begleiter.
Komplett vegetarisch und das im schwyzerischen Rickenbach! Dominik Hartmann geht unbeirrt seinen Weg, kriegt dafür viel Applaus und jedes Jahr mehr Punkte. Sein Markenzeichen? Gemüsefonds voller Power. Was der Jungkoch an der GaultMillau Garden Party bescheiden als «Erbse, Minze, Pistazie» betitelt, ist in Wahrheit eine vielschichtiges, erfrischendes, komplexes Konstrukt: Buttermilch-Mousse mit Yuzu-Kosho-Mayonnaise, Minze-Granité, Pistazien-Buchweizen-Crumble sowie frische Erbsen und ein Erbsen-Sud.
Gelernt hat Oscar de Matos im legendären, mittlerweile geschlossenen Restaurant «El Bulli», heute kocht er in der Quartierbeiz Maihöfli in Luzern. Der «Aufsteiger des Jahres» überzeugt mit seinem Cocktail aus spanischer, asiatischer und helvetischer Küche auch die GaultMillau-Tester: Sie erhöhten seine Note dieses Jahr entgegen allen Spielregeln gleich um zwei Punkte. Für die Garden Party hat er einen Signature Dish mitgebracht: süssliches, butteriges Pilz-Cashew-Paté, das visuell wie Foie gras anmutet, aber vegetarisch ist! Myoga-Vinaigrette, frische Brombeeren und eingelegter Wassermelonenrettich sorgen für die richtige Balance.
Wer bei «Swiss Shrimp» vorbeischaute, sah gleich doppelt: Fabio Toffolon teilte den Stand mit seinem Zwillingsbruder Dominik Sato. Insgesamt 2500 Shrimps verarbeitete das Duo, die nur wenige Stunden vor der Party von Hand geschält wurden. Auf der rechten Seite gab es die Version à la Toffolon: kurz angebraten mit einer grossartigen «Vin jaune»-Sauce. Die weiteren, wichtigen «Nebendarsteller»: frische Erbsen, gepuffter Quinoa, Friséesalat und ein Algen-Chip.
Dominik Sato entschied sich für die Variante roh und kombinierte für sein Ceviche die Shrimps mit einer Tomatenvinaigrette und sorgte mit klassischen Elemente der japanischen Küche für zusätzliche Spannung auf dem Teller: Stangensellerie-Tsukemono und Ponzu. Eine Mayonnaise aus Jalapeño und selbst gemachte Krabbenchips sorgten für den Feinschliff.
Sie ist die Top-Pâtissière im «Igniv Bad Ragaz» und die Frau fürs Süsse an der GaultMillau Garden Party. Ihr Dessert wird flink nach Bestellung am Stand à la minute zubereitet: Eine gefrorene Kugel aus Heidelbeerjoghurt, in deren Innern sich Heidelbeerkompott, Granola und Cheesecake-Creme versteckt. Die «Krönung»? Verbene-Sud und ein Sablé mit frischen Kräutern.