Text: David Schnapp Fotos: Olivia Pulver

Ruhe vor dem Sturm. Am späten Nachmittag ist es noch ruhig in der Küche des Restaurants «Le Pavillon», das sich gewissermassen im Gartentrack des Swiss Deluxe Hotels «Baur au Lac» in Zürich befindet. Es ist aber bloss die Ruhe vor dem Sturm, den die beiden 3-Sterne-Köche Juan Amador (Wien) und Jacob Jan Boerma (Amsterdam) zusammen mit ihrem Gastgeber, 18-Punkte-Chef Laurent Eperon, gleich entfachen werden: Ein Sechs-Hände-Dinner voller Energie und Geschmack von drei Köchen, die höchst unterschiedliche Herangehensweisen kennen.

 

Amadors Hits. Juan Amador ist immer wieder mal im Lande, kocht bei Heiko Nieder am «Epicure» oder bei Mike Wehrle auf dem Bürgenstock und sagt: «Ich habe viele Gäste aus der Schweiz. Als ich heute von Wien nach Zürich geflogen bin, sass vorne in der Business Class eine Dame, die gestern bei mir im Restaurant war. Amador hat für den Auftritt in Zürich Klassiker seiner Karriere mitgebracht – wie die geeiste Beurre Blanc oder die Miréal-Taube mit Purple Curry. Zu seinen Signature Dishes hat der Deutsch-Spanier ein gespaltenes Verhältnis. In seinem Restaurant serviert er viele davon nur noch auf Anfrage, aber er weiss auch, dass es wie Pop-Hits sind, die man immer wieder gerne hört.

Laurent Eperon - Eight Stars & Six Hands Dinner mit Jacob Jan Buerma, Juan Amador, Laurant Eperon - Baur au Lac, Zürich - Samstag, 25. Januar 2020 - Copyright Olivia Pulver

Gastgeber Laurent Eperon beim Anrichten.

Juan Amador - Eight Stars & Six Hands Dinner mit Jacob Jan Buerma, Juan Amador, Laurant Eperon - Baur au Lac, Zürich - Samstag, 25. Januar 2020 - Copyright Olivia Pulver

Voller Einsatz bei Juan Amador.

Jacob Jan Buerma - Eight Stars & Six Hands Dinner mit Jacob Jan Buerma, Juan Amador, Laurant Eperon - Baur au Lac, Zürich - Samstag, 25. Januar 2020 - Copyright Olivia Pulver

Jacob Jan Boerma mit konzentrierter Energie.

Violettes Curry. Und die Taube zum Beispiel, die mit Mango, Kokosnuss und einer Gewürzmischung des ehemaligen Spitzenkochs Ingo Holland gewürzt wird, sei erst noch aus purem Zufall entstanden: «Ich war als Gastkoch nach Thailand eingeladen und Ingo hat mir diese Gewürzmischung zum Testen gegeben, die wegen der Hibiscusblätter eine sonderbare violette Farbe hat. Zuerst habe ich gedacht: ‹Was ist das denn?›. Doch mit den thailändischen Mangos und der Kokosnuss gab das eine perfekte Kombination», so der 51-Jährige, der in Wien das einzige 3-Sterne-Restaurant Österreichs betreibt.

 

Boermas exzellentes Gespür. Jacob Jan Boerma kommt etwas später zu den Mise-en-Place-Arbeiten. Der Holländer hat es letzte Nacht richtig krachen lassen und kam erst in den Morgenstunden ins Bett. Trotzdem ist er jetzt so energiegeladen wie eine Powerbank und kann kaum ein paar Sekunden stillsitzen, damit die Fotografin ein Gruppenbild schiessen kann. Boerma hat im Dezember nach 18 Jahren sein Restaurant in Vaassen NL geschlossen, um sich neuen Projekten zu widmen. Selbst eine Pizzeria und ein Restaurant in der Schweiz werden als Idee gehandelt. Aber im «Baur au Lac» zeigt er nochmals, warum er jahrelang mit 19 bis 19,5 Punkten im GaultMillau und 3 Michelin-Sternen ausgezeichnet war: ein federleichter Macaron mit mexikanischer Füllung oder eine grandiose Langoustine mit Kürbis und Thai-Aromen zeigen sein exzellentes Gespür für Produkt, Technik und Geschmack.

Keine reduzierten Saucen! Boermas Küche ist durchs Band leicht und frisch, aber intensiv. Sein Geheimnis: «Es gibt bei mir keine reduzierten Saucen, so wirkt das Essen nicht so schwer, und es schmeckt viel harmonischer. Schwere Saucen dominieren durch die fettigen Aromen den Geschmack», erklärt der «fliegende Holländer», wie ihn seine Kollegen Amador und Eperon nennen. Die Langoustine etwa serviert Boerma mit einer überraschenden Sauce auf Basis von entsaftetem Stangensellerie, die mit Limette, Ingwer, einer selbst hergestellten Thai-Curry-Mischung, Apfel und Muscheljus kombiniert wird.

 

Eperon im Rampenlicht. Anlässe wie diese veranstaltet Hausherr Lauren Eperon zwar gerne, aber nicht zu oft, wie er sagt: «Es macht mir zwar grossen Spass, ist aber auch immer eine Herausforderung für das Team, weil viele Organisations- und Vorbereitungsarbeiten nötig sind. Zum Glück sind wir ein grosses Hotel und haben genügend Möglichkeiten», so der sympathische Romand, der seit 2009 in Zürich arbeitet und längst einer der besten Chefs der Stadt ist. Aber auch einer, der lieber in seiner Küche steht als im Rampenlicht.

Jacob Jan Buerma, Juan Amador - Eight Stars & Six Hands Dinner mit Jacob Jan Buerma, Juan Amador, Laurant Eperon - Baur au Lac, Zürich - Samstag, 25. Januar 2020 - Copyright Olivia Pulver

Gute Laune bis zum Schluss: Jacob Jan Boerma und Juan Amador.

Eukalyptus aus dem Kräutergarten. Eperon präsentiert ein starkes Dim Sum mit Trüffel, eine bezaubernde Kombination aus Taschenkrebs und Kaviar an einer Sauce aus Holunderblüten und Seeigel und natürlich einen Klassiker aus dem «Pavillon»: geangelter Steinbutt an einer Eukalyptus-Beurre-blanc mit etwas Kaviar und Muscheln. Auch dieses Gericht ist das Resultat von Intuition und nicht von langer Planung, wie Laurent Eperon verrät: «Unsere Floristin, die den Kräutergarten betreut hat mir irgendwann Eukalyptus gebracht. Ich wusste zuerst nicht, was damit anfangen, dann habe ich einige Blätter für einige Minuten in einer klassischen Beurre blanc ziehen lassen und wusste: Das ist es!» Das Ergebnis ist eine feine, kraftvolle Sauce mit einer geheimnisvollen Frische, die auch beim verwöhnten Publikum an diesem Abend im «Baur au Lac» breite Anerkennung erhält.