Text: Urs Heller Fotos: Thomas Buchwalder
«Kitchen Impossible» und drei Sterne. Gut, wenn man gute Freunde hat. Das Kontaktnetz von Küchendirektor Mike Wehre ist beeindruckend. Also checkten für sein Food-Festival auf dem Bürgenstock starke Köche ein. Der beste und berühmteste: Juan Amador aus Wien, Österreichs erster und einziger Dreisterne-Koch (grosses Bild oben, ganz rechts). Michelin brachte die Stadt zum Schäumen, als die Höchstnote nicht an Lokalmatador Heinz Reitbauer im Wiener «Steiereck» ging, sondern an den Neuzuzüger aus Deutschland (mit spanischen Wurzeln). Juan Amador konnte die Aufregung nicht ganz verstehen: «Ich hatte doch schon immer drei Sterne.» Stimmt. Auch in Langen bei Frankfurt und in Mannheim schaffte er es ganz nach oben. Was seinen eigenen Ansprüchen entspricht: «Wer zwei Sterne hat, will auch den dritten…» Juan Amador (voller Name: Juan de la Cruz Amador Perez) ist auch ein TV-Star: Seine Duelle mit TV-Koch Tim Mälzer bei «Kitchen Impossible» waren spektakulär.
Kaisergranat & Kalbskopf. Amador (18 Punkte im GaultMillau Österreich) zog aus lauter Liebe nach Wien. Seine Frau ist dort zuhause. Wer bei ihm essen will, muss Taxi fahren. Sein Restaurant liegt im noblen 19. Bezirk, im grünen Stadtgürtel der Stadt. Wiens beste Winzer, Fritz und Lissi Wieninger, haben ihm in der Heurigen-Hochburg Döbling ihr Restaurant zur Verfügung gestellt; eine geschäftliche und auch freundschaftliche Beziehung. Juan Amador brachte auf den Bürgenstock seine Klassiker mit: Die geeiste Beurre Blanc, die so fantastisch zu Kaviar, Haselnussmilch und Gillardeau-Austern passt. Den Atlantik-Steinbutt mit der ausbalancierten Schärfe von Vadouvan. Die mittlerweile weltberühmte Mieral-Taube mit Mango-Kokosnuss und Purple Curry. Am meisten verblüffte ein eher neues Gericht: Kaisergranat, Kalbskopf, Miso und Steinpilz. Ein tiefer Teller voller Power, voller Umami, angerichtet mit der Entschlossenheit eines erfolgreichen Chefs und ohne Pinzette. Zum Auslöffeln gut! Lissi Wieninger servierte ihr volles Wein-Programm zum «Menü Retrospektive»: Grüner Veltliner (begeisternd frisch!), Wiener Gemischter Satz, Riesling, Chardonnay, Pinot Noir und Beerenauslese.
No pictures, please! Juan Amador überlässt nichts dem Zufall. Aus Wien brachte er gleich fünf seiner Köche, denn «es soll nahezu so schmecken wie zu Hause in meinem Restaurant.» Nur die «Hausordnung» war gelockert: Die Gäste auf dem Bürgenstock durfte ihre Handys zücken, was daheim in Wien unerwünscht ist. Juan Amador: «Am Tisch sollte man die Handys weglegen. Ich mag es nicht, wenn man meine Gerichte fotografiert. Der Gast soll einfach nur geniessen. Verbieten kann ich die Fotos nicht. Aber auf der Karte haben wir unseren Wunsch klar formuliert.» Amadors Ärger: Vor allem die asiatischen Gäste lassen sich für ihre Instagram-Fotos minutenlang Zeit – unterdessen erkalten die Kreationen des Meisters und verlieren an Geschmack.
Chefs auf Reisen. Gastgeber Mike Wehrle und Gastchef Juan Amador sind demnächst wieder auf Reisen. Wehrle fliegt nach Hongkong, mit reichlich Käse und Trockenfleisch im Gepäck: Bürgenstock-Promotion mit Swiss Food bei Florian Trento im «Peninsula». Juan Amador hat im wiedereröffneten Kult-Hotel «Raffles» Singapur einen Termin. Er kocht dort zusammen mit Rolf Fliegauf («Ecco» im «Giardino» Ascona). Juan: «Bin ich auf Reisen, schliesse ich daheim zu.»