Fotos: Thomas Buchwalder, Gaudenz Danuser, HO

Gin & Bun Tschlin. Spass darf sein. Auch in einem sehr berühmten 19-Punkte- und Dreisterne-Restaurant mit Gästen aus der ganzen Welt. Also gibt es zur Einstimmung einen wabbelnden feuerrot schimmernden Ballon und drunter im Glas einen bitteren «Citrus bitter». Später zu einer Makrele wird am Tisch ein frecher Cocktail gemixt: Gin Morris, Jsotta, Gurke. Und auch zum Käsewagen (elegantes Design, smarte regionale Auswahl mit 22 Sorten auf drei Etagen) ist die Begleitung ungewöhnlich: «Bun Tschlin»-Bier aus dem Engadin, Salsiz, knusprige Maluns.

Andreas Caminada, Audi E-Tron 2019

Der Schlossherr! Andreas Caminada hat Schauenstein zu einer Genuss-Destination ausgebaut.

Kopfsalat im Cannelloni. Schön der Reihe nach: Wir entdecken bei den Starters, serviert am lodernden Kaminfeuer, ein paar Klassiker. Die knackigen Mandeln mit Entenleber und Randen. Oder den mit Peperoni «verschärften», immer wieder verblüffenden Kopfsalat, verpackt in einem Cannelloni. Wir bewundern die «Neuzugänge» im Repertoire: Eine «Kugel» (Beignet), mit Ochsenschwanz gefüllt, ein Stück Felche in Kohlrabi, einen Taco mit eingelegten Puntarelle. Masterpiece: Ein goldgelb schimmerndes Törtchen, mit Pilz und Trüffel!

Winzer Caminda

Zwei Top-Sommeliers auf dem Schloss: Anna Junge und Marco Franzelin. Auch privat ein Paar.

Casa Caminada

Casa Caminada: Exzellente Bündner Küche, bezahlbare Zimmer, freundliches Team. Ein Riesenerfolg.

Der Urgeschmack der Bündner Küche. Am Tisch selbst gleich nochmals ein Amuse-bouches-Feuerwerk: Kalb, Koriander und Kardamon in einem Mini-Tatar, dazu Kürbis in verschiedenen Konsistenzen und Temperaturen – und eine grandiose Bouillon mit einem Kürbisravioli; wir bestellten begeistert Nachschlag. Andreas Caminada kombiniert auch den «Urgeschmack der Bündner Küche» zu einem beeindruckenden Mini-Gericht: Zwiebel, Schinken und Dörrbirne! Der eigentlich bittere Cicorino Rosso kriegt auf Schloss Schauenstein einen verblüffenden Auftritt: Joghurt-Schaum, Rauchöl – wunderbar. Gilt auch für Maroni, Topinambur und Trüffel, die sich um und über ein Wachteleigelb schmiegen: «Ein Löffelgericht», sagt Andreas Caminada dazu.

 

Forelle aus dem Walensee, Pfeffer aus Kambodscha. Wir machen diskret «Buchhaltung» und stellen fest: Zwölf begeisternde, kleine Schloss-Gerichte hatten wir schon. Aber erst jetzt geht es los mit dem eigentlichen Menü: Forelle aus dem Walensee, in geräucherter Butter konfiert, mit Quitte und knackiger, lauwarmer Haselnuss-Vinaigrette als Kontrast zum schon fast zärtlich-zarten Fisch. Zweimal reichlich Pfeffer aus Kambodscha, diskret exportiert von Hannes Schmid («Smiling Gecko»). Einmal mit scharfem Chili und Rande an der Wachtel, einmal mit Wasabi an der Makrele. Fisch in einer Pfefferkruste? Andreas Caminada weiss, wer diese Kombination «erfunden» hat: Altmeister Horst Petermann. Ein Zander mit Kabis und herrlicher Butter-Emulsion ist Fisch No. 3 im Programm.

Eine Gams im Hauptgang! Andreas Caminada hat für Wild und Wild-Würste einen fachkundigen Verbündeten: Roger Zogg und seine Firma «Wilde13 – Feines für Freunde». Credo: «Uns ist kein Weg zu lang und kein Berg zu steil.» Das Grosswalsertal und das Domleschg sind die Jagdgründe. Wir kriegen ein Gams-Karrée, bei 160 Grad nur ganz kurz im Ofen. Natürlich gibt’s auf Schloss Schauenstein nicht die üblichen Wildbeilagen. Zitrone ist zentrales Thema, auch für den Fenchel dazu. Jäger Zogg auf seiner Homepage über die Jagd: «Ein krummer Finger. Ein lauter Knall. Ein Stück Kulturgut.»

 

Acht Friandises? Bitte einpacken! Grande Finale: Ein Dessert (diesmal Apfel, Felchlin-Schokolade, Karamell) – und acht unglaubliche Friandises: Sanddorn-Gelee, Quitte-Macaron, Haselnuss &/ Schokolade, Himbeere-Financier, Marshmallow (Birne), Gewürzpraline. Schokolade-Tartelette. Zu viel? Man darf die Friandises auch im einem «Säckli» mit nach Hause nehmen.

 

Caminadas Kreativität & Kondition sind grenzenlos. Andreas Caminada hat ein spannendes Jahr hinter sich: «Igniv»-Feldzug nach Bangkok und Zürich, ein paar Wechsel im Team, immer wieder neue, spannende Projekte. Kann man unbeschadet auf so vielen Hochzeiten tanzen? Caminada offensichtlich schon. Seine Kreativität und Kondition sind anscheinend grenzenlos, seine Küche stagniert nie. Und: Der smarte Patron vertraut seinen besten Mitarbeitern. Die beiden Top-Sommeliers Anna Junge und Marco Franzelin, auch privat ein Paar, wachen längst nicht «nur» über den Keller. Sie leiten souverän die sehr junge Servicebrigade, sind die neuen Chefs auf dem Schloss. Ein guter Schachzug.