Text: Fabien Goubet
Schnellstart in drei Jahren. Vor drei Jahren ist er ins «Les Trois Tours» in Fribourg gekommen. Jetzt startet Romain Paillereau durch. Gerade hat ihn der GaultMillau im Guide 2025 zum «Aufsteiger des Jahres» erkoren, sein Restaurant ist neu mit 18 Punkten ausgezeichnet. Zudem kann er einen Michelin-Stern sein eigen nennen. Drei Jahre? Eigentlich eine unglaublich kurze Zeit, um ein Restaurant zu eröffnen und so zum Erfolg zu führen.
Noch besser geworden. Der gebürtige 40-jährige Franzose aus dem Périgord scheint fast alles zu Gold zu machen, was er anfasst: Schon an seiner früheren Wirkungsstätte, der «Pinte des Mossettes» in Cerniat (FR) wurde er zur «Entdeckung» (2017) und später zum «Aufsteiger des Jahres» (2020) ernannt, einmal mehr bewies der Gastroguide GaultMillau damit sein Gespür für neue Talente. In der «Pinte» kam später nohc ein Stern hinzu. «Seit damals hat er seinen Stil noch weiter verfeinert», kommentiert der Westschweizer GaultMillau-Chef Knut Schwander, «er hat sich als wichtige Persönlichkeit in der Schweizer Gastronomie etabliert.»
Förderer Pascal Blanquet. Im Jahr 2021 beschloss Paillereau, alles aufzugeben, einschliesslich der Punkte und des Sterns. «Ich wollte meine Küche weiterentwickeln und brauchte dafür ein grösseres, komfortableres Restaurant», erzählt der Starchef. Da ihm aber das nötige Kleingeld für den Kauf, die Renovierung und die Ausstattung eines Gourmetrestaurants fehlten, gestaltete sich die Sache schwierig. Bis er den Unternehmer und Geniesser Pascal Blanquet kennenlernte – dieser erklärte sich bereit, das Restaurant Les Trois Tours zu kaufen und zu renovieren. Romain Paillereau sollte es als Küchenchef betreiben.
«Von Anfang bis Ende stimmig.» Die beiden Männer verstehen sich ausgezeichnet. Das Restaurant, eine antike Herberge aus dem 19. Jahrhundert, ist unter ihrer Federführung zu neuem Leben erwacht. Romain Paillereau dachte sich die Einrichtung aus, zeichnete sie in einem anmutigen, eleganten und schlichten Stil. Genau so, wie er es sich vorstellte. Welcher Koch würde nicht von solchen Freiheiten träumen? Es entstand ein Schmuckstück, das dem Können dieses aussergewöhnlich talentierten Kochs gerecht wird. Und so lobt auch Knut Schwander die Einrichtung, den Service, das Essen und die Getränkebegleitung: «Sein Projekt ist von Anfang bis Ende stimmig.»
Périgord, Paris, Los Angeles. Romain Paillereau sieht sich auch noch in zwanzig Jahre in seinem Fribourger Restaurant. Ihm steht der Sinn nach Sesshaftigkeit nach all den Wanderjahren am Beginn seiner Karriere: Nach einer Lehre und dem Besuch der Hotelfachschule im Périgord zog es ihn 2003 nach Les Baux-de-Provence, später in schöne Häuser in Österreich, England und natürlich Paris, wo er im Drei-Sterne-Restaurant «Four Seasons George V» den Kochlöffel schwang. 2007 flog er nach Los Angeles, wo er als Chef de Partie für die Fischgerichte im «Ortolan» zuständig war, einem inzwischen geschlossenen Sterne-Restaurant.
ASP schickte ihn in die Schweiz. Im Jahr 2009 bekam er einen folgenschweren Anruf von Anne-Sophie Pic, die ihn einstellen wollte. Kaum in ihrer Heimat in der Drôme angekommen, schickte sie ihn jedoch in ihr Restaurant im «Beau-Rivage Palace» in Lausanne. Erstmals in der Schweiz arbeitete er dort erneut als Chef de Partie (für Fleisch und Saucen). 2010 schliesslich ging Paillereau zurück nach Paris, arbeitete als Souschef mit Michel Troisgros im «Lancaster» zusammen. Nicht genug: 2014 spielte er mit dem Gedanken nach Thailand auszuwandern, um seiner Leidenschaft fürs Thaiboxen nachzugehen – doch da wurde ihm eine Stelle im «La Cène» in Fribourg angeboten: «Ich hätte zwar nie gedacht, dass ich in der Schweiz Karriere machen würde!», aber seitdem hat er den Kanton nicht mehr verlassen.
Immer dabei: kleine Notizbücher. Eine Leidenschaft fürs Kochen hat Romain Paillereau schon seit seiner Kindheit. Wohlgemerkt, damals hatte man als Heranwachsender noch keine Köche zum Idol. Doch er schwärmte vom mythischen französischen Starchef Bernard Loiseau, der inzwischen verstorben ist, dessen Portrait aber bis heute in Paillereaus Küche hängt. Sein Credo hiess bald schon: Kochen oder nichts! Seine Mutter war eine begnadete Köchin und lehrte ihn, auf gute Produkte zu achten. Michel Troisgros vermittelte ihm seine Liebe zu Zitrusfrüchten, die bis heute eine grosse Rolle in seinen Gerichten spielen. Auch Anne-Sophie Pic scheint ihre Spuren in seinem Kochstil hinterlassen zu haben. Mit ihr teilt Paillereau die Manie, alles in kleinen Notizbüchern festzuhalten, die er nie aus der Hand legt. Die Skizzen seiner Gerichte sind übrigens fester Bestandteil der Speisekarte des Restaurants; es ist seine Art, die Gäste in seine Welt einzuladen.
Zitrusfrüchte und Poulethaut-Chips. Zwei Menüs gibt es in dieser Welt zu entdecken: «Idylle» mit vier Gängen, «Emotion» mit sechs Gängen. Ende September werden diese Speisefolgen noch vom ausgehenden Sommer dominiert. In den Gerichten finden sich Ochsenherztomate, Bergminze, Yuzu, Entenbrust mit Melone, Nori-Algen und Safran. Wie angedeutet, spielen Zitrusfrüchte bei Romain Paillereau eine grosse Rolle, neben vielen Gewürzen und Kräutern. Sein Signature Dish? Die Hühnerhaut! Also knusprige Chips aus Poulethaut verfeinert mit Limettenschalen, die er höchstpersönlich als Amuse Bouche an den Tisch bringt. «Ich habe versucht, diesen Snack aus dem Angebot zu nehmen – aber alle Gäste fragten danach.» Kein Problem für ihn, dass ausgerechnet dieses kleine Gericht in die Geschichte eingeht? Er sehe das nicht so eng, schliesslich habe er auch Gäste, die wegen seines berühmten Hasen à la royale Tränen in den Augen gehabt hätten. Er pflegt sie nämlich noch, diese immer seltener servierte Spezialität aus der französischen Spitzengastronomie, das Ergebnis von sieben Tagen intensiver Arbeit.
Kommt noch ein Stern? Romain Paillereau ist zweifellos einer der talentiertesten Köche der Schweiz. Innerhalb von nur drei Jahren ist er zum renommiertesten Koch des Kantons Fribourg geworden. Noch sieht er sich nicht am Ziel: «Ich will noch besser werden. Meine Gäste zufriedenstellen, aber auch die Tester – denn die Anerkennung durch die Gastroguides bringt schon starke Gefühle mit sich. Es ist ein wenig, als würde man die Champions League gewinnen!» Kommt bald schon der zweite Michelin-Stern? «Wir werden sehen», sagt er.
Fotos: Valentin Flauraud, Louis Dasselborne, Julie de Tribolet