Text: Sabrina Glanzmann Fotos: Claudia Link

Schernelz statt Schanghai. Schernelz ist ein schmucker Weiler auf 565 Metern über Meer, gehört zum kleinen Winzerdorf Ligerz. Mitten in dieser Bilderbuchszenerie steht das Restaurant «Aux Trois Amis». An seiner Fassade hängt noch immer das Wappen mit dem Rätsel aus dem Jahr 1894. Seit Juni 2016 sind Cynthia Lauper und Marc Joshua Engel (grosses Bild oben) hier die Gastgeber. Gemeinsam haben die zwei einiges: Beide sind dreissig Jahre alt, beide gelernte Köche, beide Vollblutgastronomen mit sprudelnden Ideen. Kennen- und lieben gelernt haben sich die Seeländerin und der gebürtige Deutsche im Restaurant Meridiano im Kursaal Bern, wo er in der Küche und sie als Sommelière arbeitete. «Eigentlich wollte ich nach einer Arbeitsreise durch Australien weiter nach China. Als es mit dem Visum nicht klappte, verschlug es mich in die Schweiz. Jetzt bin ich sehr happy, dass ich in Schernelz statt in Schanghai bin», erzählt Marc Joshua.

Aux Trois Amis

Ein Haus mit langer Geschichte: Das «Aux Trois Amis» steht an Schernelz’ historischer Untergasse.

Marc Joshua Engel

Mit Schwung: Marc Joshua Engel liebt das Kochen mit frischen Produkten.

Kalbsnierli mit Senfsauce – ratzfatz ausverkauft! Das «Aux Trois Amis» ist der erste Betrieb, den das charismatische Paar gemneinsam führt. Das Haus gehört zum Weingut Steiner, dessen Reben das Haus umrahmen. Dass es gleich ein so bekanntes Lokal sein würde, weit über die Region hinaus für seine Fischküche und Aussicht geschätzt, sei «schon nicht ganz ohne» gewesen, so Cynthia. «Aber weil wir von Anfang an unseren eigenen Stil verfolgten, war es gleich wie ein Heimkommen.» Devise: «Was alle anderen schon haben, müssen wir nicht zwingend auch noch machen.» Und schon gar nicht gleich. Trotzdem muss das Rindstatar, das Egli meunière oder die Felchenknusperli niemand missen. Aber Klassiker sind im «Aux Trois Amis» gerne etwas anders, moderner und eben frischer interpretiert. Das bewährte Duo Ente mit Rotkraut ist hier eine Appenzeller Freilandente mit einer Variation aus Rotkrautpüree, -roulade und -salat. Oder die Kalbsnierli mit Senfsauce sind etwas dicker geschnitten als üblich – das kommt bei den Gästen so gut an, dass eines Mittags zwei Kilo davon ratzfatz ausverkauft waren.

 

Viel Butter, viel Verjus. «Sauvages» heissen die Gerichte, die nochmals einen Tick raffinierter und wilder daherkommen. Zum nicht mehr ganz so heimlichen Star gemausert hat sich der Coq au Chasselas. Freilandpoulet aus dem Alpstein schmort stilecht im Chasselas Bielersee AOC vom Weingut Steiner, aus den Trauben direkt vor der Haustüre gekeltert. Er sei perfekt für das Gericht, das genügend Säure brauche. «Ich bin sowieso ein Säurefreak. Sie macht einfach jedes Gericht runder, frischer und auch leichter», erzählt der Koch. Denn bei aller Modernität prägt ihn die klassische Ausbildung in einem Landgasthof mit Gourmetküche bis heute: 30 Kilo Butter pro Woche verarbeitet er locker. Als Ausgleich fliessen jedes Jahr 150 Liter Verjus in die «Aux Trois Amis»-Töpfe; den Saft aus unreifen Trauben schätzen Profiköche als mildere Alternative zu Essig – und als eine regionalere zu Zitronensaft.

Schweizer Fleisch, Schweizer Fisch! Credo beim Einkauf? Fleisch aus Schweizer Freilandhaltung, «und beim Fisch alles, was wir aus dem See bekommen, ergänzt mit schönen Produkten aus Zuchten im Wallis und Frutigen». Der Ricotta kommt aus Biel, die Biomilch aus dem Jura, das Brot aus Seedorf – und auch beim Wein legt Sommelière Cynthia Lauper den Fokus auf die Region im Speziellen und die Schweiz im Allgemeinen. Geheimtipp auf der Karte: Die Weine von Jungwinzerin Anne-Claire Schott, die 2016 den Familienbetrieb im nahen Twann übernommen hat und ihn seither mit biodynamischen Ansätzen umstellt. «Der Generationenwechsel in der Schweizer Weinszene ist gerade sehr spannend. Und ich finde, wir passen da ganz gut dazu», sagt die Gastgeberin. GaultMillau-Rating für den «Jeune Restaurateur»: 14 Punkte.

 

>> www.aux3amis.ch

Schweizer LandLiebe

Diese Geschichte präsentiert Ihnen das Magazin «Schweizer LandLiebe».

Schauen Sie beim Original vorbei: www.landliebe.ch

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