Text: Urs Heller I Fotos: David Birri
Lust auf Landgasthof? Einer der schönsten steht in Utzenstorf BE, seit über 200 Jahre (!) schon. Der «Bären» ist ein guter Grund, die A1 für ein feines Essen zu verlassen. Martin Thommen, jahrelang Präsident der «Jeunes Restaurateur Suisse», legt eine riesige Karte auf und sagt: «Ich bekenne mich zur klassischen Küche.» Gut so: Der «Bären» ist hervorragend gebucht. Applaus gibt’s auch von den Berufskollegen, vor allem für den Kalbsrücken, am Stück auf den Punkt gebraten, mit Carré und Filet. «Muss ja nicht immer sous-vide-Küche sein», lacht der Chef. Wir kriegten dreierlei vom Emmentaler Kalb: saftiges Steak, geschmorte Kalbsbacke und ein verblüffendes, knuspriges «Epigramm» (gezupftes Schulterfleisch, Schmorbratensauce, ausgebacken). Klassische Küche halt, grossartig. Grosses Bild oben: Die Thommens: Martin und Frau Manuela, Mutter Margret.
Die Utzenstorfer Bachforellen. Ein paar Gerichte kriegt der Chef nie mehr von der Karte. Die Bachforellen der Familie Hostettler aus dem nahen Kräiligen etwa, «die Feinen mit den roten Punkten». Wir bestellen sie «blau», im würzigen Sud gegart, an einer eleganten Haselnussbutter. Alternativen: in der Pfanne gebraten, serviert in schäumender Butter, geknüpft und gebacken mit Mayo. Das «Beste von der Bachforelle» gibt’s auch als Vorspeise: Gebeizt, als Sashimi und geräuchert, an einer Estragon-Emulsion.
Der «Apfelkuchen des Jahres»! Thommen mag Ravioli. Herbstvariante: Ein gewaltiges Raviolo, gefüllt mit geschmortem und gezupftem Kalbfleisch, dazu wunderbare Steinpilze. Natürlich liegt im Herbst auch eine Wildkarte auf. Der «Rehrücken Schloss Landshut» ist der Stolz des Hauses; Rotkraut, Kastanien, Rosenkohl und hausgemachte Spätzli gibt’s dazu. Erstklassig der Rehpfeffer. Das Fleisch wird aus dem Rücken geschnitten, die Sauce (mit Blut angereichert) ist (wie eigentlich alle Saucen im «Bären») von begeisternder Tiefe. Verführerisch auch das «Wilde Trio»: Hirschmedaillon, Rehfilet-Würfel und ein kleiner Wildburger. Und nach Kalb und Reh? Apfelkuchen natürlich, frisch aus dem Ofen! Das Rezept ist Familiengeheimnis, nur Mutter Margret Thommen und Sohn Martin wissen, wie man den wunderbaren Teig herstellt. Immerhin erfahren wir, welche Apfelscheiben draufkommen. «Wenn immer möglich Gravensteiner, sonst Granny Smith», verrät der Wirt.
The Place to b. Der «Bären», geführt in 14. Generation, ist einen Umweg wert. In den verschiedenen, heimeligen Stuben und Säli packt die ganze Familie zu, Manuela und Martin Thommen sind zurecht stolz auf ihr Team: Engagierte Köche und drei motivierte Lehrlinge am Herd, erfahrene, freundliche Mitarbeiter im Service. Das preislich attraktive Menü «Talent & Passion» ist der Stolz des Hauses. Ein Landgasthof mit Charme und Geschichte. Lauschiger Garten im Sommer. GaultMillau-Rating: Neu 15 Punkte.
Die GaultMillau-Tester stellen im Auftrag der UBS jede Woche einen «Place to b.» vor: Adressen für den gepflegten Businesslunch, für den Brunch am Wochenende, für ein Essen mit Freunden, für Trendsetter & Entdecker, für Verliebte. Bereits erschienene «Tipps der Woche» finden Sie hier.