Text: Nouhad Monpays I Fotos: Adrian Ehrbar
Pariser Promis in Genf. Mit aus Frankreich importierten Starchefs ist es oft so eine Sache: Sie tragen die Trikolore am Kragen. Und kaufen am liebsten in Frankreich ein: In der Bretagne, in der Bresse, in den Pyrenäen. Gilt nicht für die beiden Chefs im Luxushotel «President Wilson» in Genf: Michel Roth und David Devel haben die Karte im 18 Punkte-Restaurant «Bayview» konsequent auf die Region ausgerichtet: Fleisch aus der Schweiz, Geflügel aus Jussy GE, Cardons aus Genf, Grappa aus dem Tessin. Die Chefs? Michel Roth ist ein «M.O.F.» («Meilleur Ouvrier de France»), Bocuse d’Or-Gewinner und Mitglied der Grandes Tables de Suisse. Er hat das «Ritz» in Paris gross gemacht, ist dann nach Genf umgezogen. Auch David Devel, der Neue im «Bayview», ist ein Mann mit Pariser Vergangenheit: 14 Jahre die Nummer 2 bei Weltstar Guy Savoy in der «La Monnaie». Grosses Bild oben: Michel Roth (l.), David Devel.
Rippe, Milke, Paleron. Die Ansage im «Bayview» ist klar: Das Terroir in den Vordergrund stellen, lokal einkaufen! Das Kalbfleisch etwa in der berühmtesten Metzgerei der Stadt, in der «Boucherie du Molard»: «Großartiges Fleisch von Schweizer Kälbern», sagt David Devel, «komplex und voller Nuancen». Zusammen mit Michel Roth hat er einen grossartigen Hauptgang entwickelt. Kalbfleisch in drei Varianten an: Rippe, Bries und Paleron (Schulterstück)! Die Rippe wird bei niedriger Temperatur vakuumgegart und mit Haselnussbutter veredelt. Die Milke wird knusprig gebraten. Ein perfektes Kalbskotelett kommt hinzu, ebenso ein Estragonjus, kleines Genfer Gemüse und Estragon-Gnocchi.
«Filet Rossini». Neu interpretiert. Beef im «Bayview»? David Devel: «Wir interpretieren Klassiker, mit lokalem Touch. Wir spielen mit den Texturen und wollen möglichst alle Teile der Tiere verwenden.» Bestseller im Signature Menü ist eine neue Version des berühmten «Filet Rossini». Der Chef: «Wir setzen auf Schweizer Fleisch, das die «Boucherie du Molard» ausgewählt hat und fünf bis sechs Wochen reifen lässt. Wir servieren in zwei Etappen: Zuerst das Filet, mit einem Gänseleberschnitzel und einer Sauce Périgueux (Rinderjus, der mit Trüffel und Portwein verfeinert wird). Dazu gibt’s die berühmten «Cardons de Genève» aus Plainpalais. Im zweiten Gang setzen wir auf Leichtigkeit und Frische: Feldsalat mit Rindscarpaccio, verfeinert mit einer Vinaigrette aus Rinderjus und Röstzwiebeln.»
Geflügel & Flusskrebse! Wie schafft man eine raffinierte Verbindung von Land und See? Devel setzt «wie immer auf hyperlokale Produkte». Geflügel von der Familie Chevenard aus Jussy GE, Flusskrebse aus dem Genfer See. Die Hühnerbrust wird bei niedriger Temperatur gegart und dann in der Pfanne gebraten. Die Ecrevisses werden mit Grappa aus dem Tessin flambiert! Dazu gibt es ein Risotto mit Fregola Sarda, das mit kandierten Artischocken und kleinen Stücken mit kandiertem Schenkelfleisch garniert ist. Hyperlokal? Die berühmten Chefs aus Paris lösen dieses Versprechen überzeugend ein.