Interview: Daniel Böniger
Daniela und Markus Segmüller, sie feiern im «Loft Five» dieses Jahr das Zehnjährige. Wie hat sich Genuss in Zürich seit Eröffnung verändert?
Markus Segmüller: Die Veränderungen sind drastisch. Das Geniessen im Restaurant gehört inzwischen für viele zum Lifestyle. Was wohl auch daran liegt, dass die Berichterstattung über Essen und Trinken auf allen Kanälen zugenommen hat. Unsere Gäste, vor allem die jüngeren, wissen inzwischen besser denn je Bescheid über Zutaten und Zubereitungen. Wichtiger geworden sind auch Ökologe und Nachhaltigkeit - es geht nicht mehr in erster Linie darum, ein grosses Stück Fleisch auf dem Teller zu haben. Nicht zuletzt hat sich der Berufsstolz der Köchinnen und Köche gewandelt. Unsere Crew im Loft Five richtet inzwischen mit Pinzetten an.
Daniela Segmüller: Seit der Pandemie merken wir zudem, dass die Abende besser laufen. Nicht wenige Leute arbeiten zu Hause und kommen dann erst fürs Abendessen in die City.
Mit der Europaallee ist ein lebendiges neues Quartier entstanden. Glaubten Sie denn von Anfang an, dass dies funktionieren würde?
Markus Segmüller: Ich schon. Wir wussten ja, dass tausende Arbeitsstellen hier entstehen werden.
Daniela Segmüller: Tatsächlich gab es bei mir diesen Moment, zwei Tage vor der Eröffnung, in dem ich den Bammel bekam. Wir hatten ja auch eigenes Geld in den Betrieb gesteckt - und ich dachte plötzlich: Was, wenn das alles nicht funktioniert? Sie müssen wissen, dass es die Europaallee bei Google Maps noch gar nicht gab, als wir starteten! Es kam vor, dass unsere Kundschaft in Opfikon an der Europastrasse landete.
Urbanes Umfeld: Das «Loft Five» an der Europaallee in Zürich.
Die Hausspezialität, das BBQ-Rindsfederstück, verlangt mit seinen Rauchnoten geradezu nach Bier.
Wie muss man sich die urbane Geniesserschaft eigentlich vorstellen?
Markus Segmüller: Wir bedienen hier Gäste, die den 18. Geburtstag mit der Familie feiern, ebenso wie jung gebliebene 70-Jährige. Und Banker kann man ja auch nicht mehr an den Krawatten erkennen. Darum sprechen wir von einer hybriden Kundschaft, deren Bedürfnisse sich stetig wandeln. An einem Tag möchte jemand auf dem Adlisberg ein Fondue geniessen, am anderen Tag hat man vielleicht Lust auf einen Rindsfilet Wellington im Carlton. Nur wenige unserer Gäste treffen wir fünfmal wöchentlich am selben Ort an.
Sie betreiben ja insgesamt neun verschiedene Restaurants mit jeweils eigenem Konzept. Gibt es eine Voraussetzung für Genuss, die sich überall durchzieht?
Daniela Segmüller: Es geht vor allem um Detailliebe. Wir wählen an jedem Ort passende Tischwäsche, Servicekleidung und Geschirr aus. Der Gast spürt das.
Markus Segmüller: Mir scheint wesentlich, dass unsere Mitarbeitenden wenn immer möglich gut geschult sind - damit ein bestimmtes Niveau auch in stressigen Situationen niemals unterschritten wird.
«Gebraut mit Leidenschaft, seit 1128», sagt Grimbergen stolz. Die Mönche aus dem belgischen Kloster Grimbergen haben dieses Bier entwickelt. Besonderes Merkmal: Grimbergen passt ausgezeichnet zum Essen. Und: Das Genuss-Bier, auch bekannt durch den Phönix im Logo, wird vorzugsweise im besonderen Kelch-Glas ausgeschenkt.
Welche Orte eignen sich, um zu geniessen?
Daniela Segmüller: Es gibt zwei Arten von Locations, die funktionieren. Entweder ein Lokal bringt eine Geschichte mit, die spürbar ist. Und man schreibt sie sorgfältig weiter, wie wir es in der Bodega Espanola tun. Oder aber ein Betrieb ist komplett neu - und dann muss man ihm die Seele erst einhauchen, wie wir es hier in der «Loft Five» getan haben.
Genuss garantiert: Bernd Fabian, Chasa Montana, Samnaun GR.
Genuss garantiert: Rita und Domenico Miggiano-Köferli, Löwen in Bubikon ZH.
Genuss garantiert: Fabio Lombardi, Rosaly's Zürich
Sie haben ja einen Ruf als exzellenter Weinkenner. Kann bei Ihnen auch Bier Teil des Genusses sein?
Daniela Segmüller: Unbedingt! Wir wandern gerne - und ein kühles Bier danach ist natürlich herrlich!
Markus Segmüller: Ich mag Bier gern, wenn ich richtig Durst habe. Oder zu Grilladen mit ausgeprägten rauchigem Geschmack. Ein Wein mit Barrique beisst sich doch manchmal merklich mit den Rauchnoten.
Ein Beispiel für ein Gericht, das zu Bier passt?
Markus Segmüller: Ja, unser Signature Dish im Loft Five, das butterzarte BBQ-Rindsfederstück. Es wird vom Metzger extra für uns zugeschnitten und stundenlang gegart.
Was sind Ihre Lieblingsgenussorte?
Markus Segmüller: Der «Löwen» in Bubikon etwa, ein gepflegter Landgasthof, wo Rita und Domenico Miggiano-Köferli ein Top-Gourmetmenü auftischt.
Daniela Segmüller: Oder das Chasa Montana in Samnaun, und längst nicht nur, weil dies mein Heimatort ist. Bernd Fabian macht einen tollen Job dort.
Markus Segmüller: Wir gehen auch gerne zum «Vorderen Sternen» für eine Bratwurst. Oder, wenn wir uns richtig hinsetzen möchten, ins «Rosaly’s» gleich dahinter. Von Fabio Lombardi wird dort eine Speisekarte aufgelegt, bei der man beim Durchlesen einfach Lust auf jedes einzelne Gericht bekommt.
Bekam vor der Eröffnung kurz den Bammel: Daniela Segmüller.
Die Detailliebe ist im «Loft Five» überall spürbar.
Markus Segmüller ist Weinkenner - mag aber auch gern Bier, wenn's passt.
Was gehört fürs Ehepaar Segmüller sonst noch zu einem perfekten Genusstag?
Daniela Segmüller: Eine Spritztour mit unserem alten Alfa Romeo. Mit offenem Verdeck natürlich.
>> Daniela und Markus Segmüller führen zusammen die «Segmüller Collection» mit neun Restaurants im Raum Zürich mit verschiedenen Ausrichtungen. Darunter das «Loft Five» an der Europaallee, wo Casual Fine Dining und trendige Cocktails angeboten werden. Auch «Carlton», «James Joyce» oder seit kurzem die «Bodega Española» gehören ins Portfolio der beiden. Beschäftigt sind rund 200 Mitarbeiter. www.segmueller-collection.ch
>> Fotos: Olivia Pulver, Rémy Steiner, Stöh Grünig
