Text: David Schnapp Fotos: Thomas Buchwalder
Mehr als eine Sättigungsbeilage. Das Brot mehr sein soll als bloss eine achtlos weggegessene Sättigungsbeilage, hat sich bei vielen Küchenchefs als Idee durchgesetzt. Dem Handwerk des Bäckers wird in der Spitzengastronomie wieder mehr Raum gegeben. Patrick Mahler, Chef im Restaurant Focus Atelier im Park Hotel Vitznau, will «dem Brot eine Plattform geben», wie er sagt. Der talentierte Aargauer Koch ist damit nicht allein, im «Memories» von Sven Wassmer hat das täglich frisch gebackene Sauerteigbrot ebenfalls einen grossen Auftritt und selbst im «Eleven Madison Park» von Daniel Humm kommt eine Art Vollkorngipfeli mit einer Butter, die beispielsweise mit Algen aromatisiert wurde, als eigener Gang auf den Tisch.
Handgemacht vom Eigenbrötler. Patrick Mahler geht jetzt noch einen Schritt weiter. Seine Brot-Kreation wird erst nach den Snacks und den Amuse Bouches serviert und ist der erste warme Gang im Menü. Das Buchweizen-Sauerteigbrötchen kommt aus den Backwerken von Daniel «Eigenbrötler» Amrein in Wauwil und wird in Mahlers Küche ergänzt mit einem Röstgemüse-Aufstrich mit Belper Knolle und Sonnenblumenkernen sowie einer leicht geräucherten Butter, die mit pulverisierten Kräutern bestreut wird.
Beilage: kalter Espresso. Dazu serviert Mahler einen kalten Espresso, der mit viel Aufwand extrahiert wird. Sommelier Lukas Kroesen erklärt diesen Vorgang, der ebenso gut durchdacht ist wie der Rest des Gerichts: «Wir giessen den Kaffee heiss auf und lassen ihn anschliessend acht Stunden bei Zimmertemperatur extrahieren. Danach kommt er für 24 Stunden in den Kühlschrank, so setzen sich die Bitterstoffe ab. Zuletzt wird der Kaffee in einem Nitro-Whip mit Stickstoff versetzt, was ihm eine besonders cremige, feine Textur gibt.»
Sorgfältige Komposition. Das warme Brot, der würzige Aufstrich und der kalte, aromatische Kaffee ergeben einen komplexen Gang, der ziemlich einzigartig daher kommt. «Das Brot vom Eigenbrötler ist ein teures, handgemachtes Produkt. Es soll nicht einfach zu irgendwas gegessen werden, sondern ein bewusster Genuss sein», sagt Patrick Mahler. Aus Sicht eines Koches, der zudem jedes Gericht sorgfältig komponiere, mache es auch keinen Sinn, Brot wahllos zu den Speisen zu essen. «Dann passen plötzlich die einzelnen Komponenten nicht mehr zusammen, weil das Brot gewissermassen die Harmonie stört», erklärt Mahler seine Idee.