Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Fusion-Küche, aber modern. Das Lokal wirkt unscheinbar. Unmittelbar vor dem «Kin» verläuft die vielbefahrene Seebahnstrasse, die städtischen Glascontainer zieren das urban-karge Bild. Die Umgebung wird dem Lokal nicht gerecht. Beni Landolt hat sich mit seiner Küche jüngst 14 Punkte im GaultMillau verdient. Er serviert asiatische Gerichte, verwendet dafür aber weitgehend regionale Produkte. Landolt bezeichnet seinen Stil als moderne asiatische Fusion-Küche. «Es sind nicht europäische Gerichte mit asiatischen Aromen. Ich mache es genau umgekehrt. Es handelt sich um originale Gerichte, die ich mit lokalen Produkten umsetze.» Seit Beginn steht der Miso-Lachs auf der Karte. Der perfekt gegarte Fisch kommt aus Lostallo im Kanton Graubünden. Der Tatsoi – ein Verwandter des Pak Choi – kommt von Slow Grow.
Weltenbummler. Die Liebe zum Essen wurde Beni Landolt nicht in die Wiege gelegt. Er kommt nicht aus einer Gastrofamilie und auch die Lehre zum Koch machte der Thurgauer eher aus rationalen denn aus emotionalen Gründen. Was ihn stets antrieb, war die Möglichkeit, überall auf der Welt zu kochen. Und das hat er auch getan. Er war in Frankreich, Neuseeland und Singapur. Hart war es überall, doch der Küchen-Vibe hat Landolt immer gefallen. In Frankreich lernte er, wie man lebendige Hummer halbiert, Froschschenkel zubereitet und wie man Austern öffnet. «Nach einer Woche hatte ich ganz wunde Hände.»
Harte Schule. Im «Kin» gibts eher frittierte Kalbsmilken mit Gochujang-Creme, eingelegtem Kürbis und Koriander statt Austern. Beni Landolt behandelt alle Produkte mit grösstem Respekt. «Jemand hat eine Karotte, gesät, gepflegt, geerntet und gewaschen. Wenn ich es versaue, war diese Vorarbeit nichts wert.» Diese Einstellung musste Landolt erst lernen – und zwar auf die harte Tour. In Singapur kochte Landolt im Restaurant Joel Robuchon bei Tomonori Danzaki. «Dort habe ich am meisten gelernt. Es war wie im Militär. Als Koch lernst du beispielsweise eine Art, wie man Peterli hackt. Und dann lernst du die Robuchon-Art.» Die sieht eben nicht ein Hacken vor, sondern ein sorgfältiges Aufeinanderlegen der glatten Petersilien-Blätter. Dann werden die Blätter fein geschnitten. Erst längs, dann quer. «Ich hatte deshalb immer einen Massstab in der Hosentasche, weil alles ganz genau abgemessen wurde.»
Vom Sonnenberg nach São Paulo. Zwischendurch kocht Landolt auch in der Schweiz. Im Schloss Schadau in Thun, im Hotel Belvoir in Rüschlikon oder bei Jacky Donatz im «Sonnenberg». Doch die Sehnsucht nach fernen Ländern verspürt er immer wieder. Er reist nach São Paulo, wo er erst im «D.O.M» kocht. Danach lehrt er bei Sushi-Meister Tadashi Shiraishi die Basics über die Zubereitung von rohem Fisch.
Aromen nicht vermischen. Zurück in der Schweiz eröffnete sich ihm die Möglichkeit, im «Kin» zu kochen. Die Geschwister Rico Jauch und Nina Ehrler übernahmen das Restaurant beim Lochergut. «Eigentlich wollte ich etwas Grösseres machen. Doch ich unterstützte das Team beim Aufbau der Küche und half bei der Eröffnung.» Das war vor knapp sechs Jahren. Weitergezogen ist Landolt danach nicht mehr. «Ich bin geblieben, weil es Spass gemacht hat.» Die asiatische Schiene entspricht ihm. Dabei hält er sich immer an eine Regel: «Ich vermische nicht Aromen und Gerichte aus verschiedenen Ländern. Zu Tempura aus Japan serviere ich zum Beispiel keine XO-Sauce aus Hongkong. Das macht für mich einfach keinen Sinn.» Die im Teigmantel frittierten Pastinaken-Streifen kommen im «Kin» deshalb mit einer veganen Miso-Mayo auf den Teller.
Kulinarisch in die Ferne reisen. Beni Landolt ist in Zürich geblieben. Geblieben ist auch das Fernweh. Nach fremden Kulturen und neuen Gerichten. «Ich habe jetzt eine Tochter. Da ist das Reisen nicht mehr so einfach wie früher.» Doch Beni Landolt stillt seine Reiselust – und die der Gäste – im «Kin». Der Yuzu Mushroom Salad kommt mit rotem und gelbem Chiroée, dazu gibts marinierte Pilze (Austernseitling und Kräuterseitling), eine vegane Kräutercreme und ein Yuzu-Dressing. Der schüchterne, aber unbeschwerte Koch sagt zu seinen Gerichten sehr selbstbewusst: «Ich habe meine Handschrift gefunden.»