Text: GaultMillau Schweiz
Ausgebildet in Crissier, eigene Handschrift. Man erkennt die M.O.F. («Un des Meilleurs Ouvrier de France») auf den ersten Blick, respektive an der Kochbluse: Sie tragen am Kragen stolz die Farben der Trikolore. Benoît Carcenat (Bild oben) gehört zu diesem exklusiven Club. Aber Karriere hat er in der Schweiz gemacht, genauer, im weltberühmten «Hôtel de Ville» in Crissier. Vor allem Benoît Violier hat ihn gefordert und gefördert. Carcenat heisst deshalb in der Branche «Benoît deux», und das ist als dickes Kompliment gedacht. Erstaunlich und erfreulich: Das «Stahlbad Crissier» hat Carcenat geprägt. Aber im «Valrose» in Rougemont gibt es kein «Crissier light»: «Benoît deux» hat seine eigene Handschrift entwickelt, garantiert mit seiner verschworenen Truppe einen unvergesslichen Abend. GaultMillau-Chef Urs Heller: «Ich schickte drei verschiedene Tester hin. Alle waren genauso begeistert wie ich.»
«Le Club des 19»: Die geheime Watchlist. Sechs Chef sind in der Ausgabe 2023 mit 19 Punkten klassiert und in der Schweizer Szene das Mass aller Dinge: Andreas Caminada (Fürstenau GR), Tanja Grandits (Basel), Peter Knogl (Basel) und Heiko Nieder (Zürich) in der Deutschschweiz, Frank Giovannini (Crissier VD) und Philippe Chevrier (Satigny GE) in der Romandie. Der Dienstälteste ist im Ruhestand: Bernard Ravet hat in Vufflens-le-Château VD Haus und Hof verkauft. Der GaultMillau dankt für 33 unvergessliche Jahre in der «Ermitage». GaultMillau-Chef Urs Heller «Einen neuen 19-Punktechef stellen wir im GaultMillau 2023 noch nicht vor. Aber wir führen eine «Watchlist», beobachten die jungen Talente über einen längeren Zeitraum sehr genau. Für einen Platz in der Top-Liga braucht es auch Konstanz, eine Top-Leistung über einen längeren Zeitraum.»
Campanella, Hartmann & Silvia Manser. Nachwuchssorgen machen wir uns nicht. Erstaunlich viele junge Köche drängen Richtung Spitze und lassen sich auch durch Corona, Fachkräftemangel & Co. nicht stoppen. Zwei von ihnen zeichnen wir besonders aus: Marco Campanella («Eden Roc», Ascona, 18 Punkte) und Dominik Hartmann («Magdalena», Rickenbach SZ, 17 Punkte) gehören zu unseren «Aufsteigern des Jahres»; mit Hartmann steht erstmals ein 100prozentiger Vegi-Koch im Rampenlicht, auch Campanella hat ein ausgezeichnetes «grünes» Händchen. Zwei weitere «Aufsteiger des Jahres»: Die erstaunliche Silvia Manser in der «Truube» Gais AR (neu 17 Punkte) und Philippe Deslarzes in der Romandie («Njørden», Aubonne VD, 16 Punkte).
9 x 17 Punkte! Junge Talente und Routinier Colaianni! Applaus für einen schon öfters ausgezeichneten Routinier: Tobias Funke («Fernsicht», Heiden AR) kriegt den 18. Punkt. Silvio Germann verteidigt im «Mammertsberg» in Freidorf TG seine 18 Punkte, die er schon in Bad Ragaz hatte. Neu mit 17 Punkten gelistet: Lukas Kiener (Burgdorf BE), Antoine Gonnet (Brent VD), Niklas Oberhofer (Flims GR), Romain Paillereau (Fribourg), Manuel Steigmeier (Künten-Sulz AG), Dominik Sato (Thun), Daniel Zeindlhofer (Zürich), Antonio Colaianni (Zürich), Kenichi Arimura (Zürich).
GaultMillau-Restaurants trotzen der Krise? 89 Neuentdeckungen! Zu unserer eigenen Überraschung sind 870 Restaurants im Guide gelistet, so viele wie noch nie; die GaultMillau-Szene ist widerstandsfähiger als erwartet. 89 Chefs sind erstmals dabei, zwei von ihnen zeichnen wir mit je 15 Punkten als «Entdeckungen des Jahres»: Michael Schuler trat aus dem Schatten seines Lehrmeisters Stefan Heilemann und macht jetzt im «Alex Lake Zürich» in Thalwil sein eigenes Ding. Gilles Varone ist nach Lehr- und Wanderjahren in sein Heimatdorf Savièse VS zurückgekehrt, hat den ehemaligen Dorfladen umgebaut und führt jetzt mit Erfolg ein kleines Restaurant, das seinen Namen trägt. Auffallend: Ein Viertel unserer Neuentdeckungen aus dem Vorjahr legen im neuen Guide einen Punkt zu. Spricht für die jungen Chefs. Und für unser Scouting.
Der «Fall Brändli». Und weitere Auszeichnungen. Zu den besten Schweizer Köchen gehört der Schwyzer Reto Brändli. Er wurde im «Kempinski St. Moritz» aus unerfindlichen Gründen vom Besitzer gefeuert, startet dafür in Berlin durch, an bester Adresse: Adlon Kempinski, beim Brandenburger Tor; Brändli ist unser «Star im Ausland». «Sommelier des Jahres» ist Peter Zimmermann. Er kennt Zermatt, den «Zermatterhof» und die besten Walliser Winzer; auf seine Weinempfehlungen ist Verlass. Gilt auch für zwei Ikonen der schwarzen Brigade: Claudio Recchia und Gabriele Speziale sind seit 33 Jahren (!) die «Seele» der «Villa Principe Leopoldo» ob Lugano. GaultMillau zeichnet dieses «Duo infernale» als «Gastgeber des Jahres» aus. Othmane Khoris («The Alpina», Gstaad) ist unser «Pâtissier des Jahres». Zwei Auszeichnungen hat der GaultMillau bereits vergeben: Das «Beau-Rivage Palace» in Lausanne ist «Hotel des Jahres», die trendige «Bar Lupo» in Zürich das «POP des Jahres».
150 Schweizer Winzer, 90 Gourmet-Hotels. Der Guide GaultMillau Schweiz erscheint in neuem Look. Der Umschlag ist eher gold als gelb, das Layout wurde sanft angepasst. 93 der 870 gelisteten Köche werden sich freuen und steigen auf. 45 verlieren einen Punkt; einige von ihnen müssen ihr Konzept überdenken. Gelistet sind auch die 150 besten Schweizer Winzer und 90 Hotels, die ganz besonders auf die Karte Gastronomie setzen.
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Fotos: Thomas Buchwalder, Olivia Pulver, Stefan Matzke, Sedrik Nemeth, Maria Schiffer, Amélie Guénard