Text: Urs Heller, GaultMillau Schweiz
Das Bürgenstock-Resort ist die Überraschung des Jahren: Tolle Restaurants im halben Dutzend. GaultMillaus Favorit: Das «Spices». Miss Chatsorn (Bild oben) verzauberte uns mit einer unglaublich intensiven «Szechuan Hot and Sour Soup». Mit liebevoll gefalteten Dim Sum. Und mit fantastischen Otoro-Sashimi. Ein authentisches Stück Asien mitten in der Innerschweiz. Und eine Aussicht, die beeindruckt. 15 Punkte.
Das «Törtchen des Jahres!»: Tatar vom Bar, Austern, Austernblätter, Zitronenblätter, drüber eine Lage Kaviar! Das ist der «Signature Dish» der jungen Chefin Virginie Basselot, die in der «La Réserve» vor den Toren Genfs unaufgeregt eine 50-köpfige Brigade führt. Mit ihrem «Törtchen» räumt Miss Basselot ziemlich ab: «Un des meilleurs Ouvriers de France» (MOF), GaultMillaus «Köchin des Jahres», 16 Punkte. Frauenpower!
Essen im Glashaus? Die «Eisblume» in Worb BE ist in einer alten Gärtnerei untergebracht. Simon Apothéloz und seine begabten Verbündeten kochen hier modern, unkopierbar, mit sorgfältig ausgesuchten regionalen Produkten. Nach Berner Rose, Tomatillo, Tomatenessenz, Brennnessel-Gazpacho und Schweineschulter (geschmort & gezupft) war für den GaultMillau die Sache klar: Das sind die Aufsteiger des Jahres! 17 Punkte.
«Popuppen» kann man nicht ewig. Das weiss auch Markus Arnold, einer der besten Chefs in Bern und GaultMillaus Aufsteiger des Jahres 2012. Arnold fahndete jahrelang nach seinem Traumrestaurant – und fand die wunderschöne «Steinhalle» mitten in der Bundesstadt. Dort gibts den Arnold jetzt doppelt: Mittags bei einem «easy Lunch», zubereitet von einer jungen Crew zu fairen Preisen (Ramen-Suppe, Schweinsbrust, Onsen-Ei). Abends mit dem A-Team dann grosses Gourmet-Kino («Casual Dining»). Mal Forelle aus Belp, mal Loup aus der Bretagne. Noch ohne Note.
Wie ersetzt man einen Star wie Marcus G. Lindner (jetzt im «Sonnenberg», Zürich)? Am besten durch einen Star wie Martin Göschel. Der war schon mal ganz oben («Paradies», Ftan), hat nach schwierigen Jahren wieder eine tolle Bühne. Sein Einstand in «The Alpina» in Gstaad ist ihm hervorragend geglückt. Er legt ein kluges Menü vor (auf Wunsch mit hohem Vegi-Quotienten) und macht auch Einfaches gross: Seine «Carbonara» etwa ist sensationell gut. Die Gäste mögen seine Küche, die Tester auch. 17 Punkte.
Im «Castello del Sole» in Ascona trat eine Legende ab und in den Ruhestand: Der Luzerner Othmar Schlegel, ein grossartiger Koch und ein wandelndes Lexikon. Der neue Chef Mattias Roock ist ein ziemlich unerschrockenes Kerlchen: Er rockte für Kempinski neue Hotels in Asien und im Middle East – und träumte dabei immer von einem Job im «Castello». Den hat er jetzt: Roock führt die Restaurants des noblen Resorts. Mit Klasse und sehr vergnügt. Die Produkte holt er am liebsten im eigenen Garten und auf dem eigenen Gutsbetrieb. «Sapori del Orto» heisst deshalb auch sein grosses Menü. 17 Punkte.
Caminada, Matsuhisa, die Cereas: St. Moritz zieht die grossen Küchenchefs magisch (und mit flotten Gagen) an. Der Neuzugang der Saison: Tim Raue aus Berlin, zu Gast im «Kulm». Der Maestro ist fleissig: Verbringt er ein paar Tage persönlich im Engadin, so steht er im Morgengrauen bereits in der Küche und macht den Lieferanten die Hölle heiss. Sonst vertraut er seinen «Resident Chefs» Lion Schirmer und Christopher Wecker. Die wissen genau, was Raues Küche so einzigartig macht: Der raffinierte, gut dosierte Umgang mit der Schärfe. 15 Punkte zum Start.
Wo genau kocht denn eigentlich Tobias Buholzer? Das wissen nur routinierte Gourmets, denn der begabte Chef wechselt regelmässig die Adresse. Gegenwärtig lässt er die «Rose» in Rüschlikon am Zürichsee blühen. Bei der Forelle mit Crunch aus fermentierter Zitrone, eingelegtem Rettich und Meerrettichespuma notierte der Tester: «Nahezu genial!» Sympathisch: Im 400-jährigen Riegelhaus gibt es auch noch die «Taverna Rosa». Buholzer auf italienisch gewissermassen. 15 Punkte.
Markus Burkhard vom «Jakob» in Rapperswil ist GaultMillaus «Entdeckung des Jahres». Weil er hervorragend kocht. Und weil er unglaublich konsequent seinen Weg geht. In die Küche kommt vor allem, was bei Bauer Matthias Holenstein biodynamisch auf dem Feld wächst. «Farm to table». Und eine Umsetzung mit viel «Umami». Burkhards Wohlfühl-Gerichte: Gebeizte Felchen aus dem Zürichsee, warmer Vichysoiseschaum über Oregano, Kornblumen, Mohn und Rettich, geschmorter Lammbauch. 15 Punkte.
Wer ins «Gamper» will, muss zähneknirschend anstehen, bis ein Tischchen frei wird. Es lohnt sich: Marius Frehner kocht eigenwillig, aber erstklassig. Und er investiert in gute Grundprodukte viel Geld. Highlights aus seinen fixen Menüs: eine «blutte Bratwurst». Öfter mal ein Ei, rauchiges, bewusst angebranntes Gemüse, Nierenzapfen vom Rind. Muss man erlebt haben. 14 Punkte.