Text: GaultMillau Schweiz
#1 Bei Ivo Adam am Zunfttisch. Das multimediale Ess-Erlebnis im Casino Bern ist eine Kombination aus Zeitreise durch die Berner Kulinarik-Geschichte und Vergnügen am Tisch – 500 Jahre in neun Gängen. Ivo Adam hat das Projekt Zunfttisch lange vorbereitet, es gibt ein Buch dazu und ein beeindruckendes Menü: Highlights sind die Zwiebel-Tarte-Tatin mit Käsesauce oder gedämpfter Saibling an einer Apfelwein-Beurre-blanc mit Ingwer-Zwiebel-Purée und Safrancroutons. Zur raffinierten Inszenierung gehören Film- und Animations-Sequenzen, die aus zwei speziellen Projektoren direkt auf dem Tisch wiedergegeben werden. Mit Musik, Geschichten und Geschichte wird so ein ziemlich spektakuläres Ess-Theater. «Wir bieten mehr als ein Essen, es ist ein komplexes emotionales Erlebnis über drei Stunden und gerade jetzt zur Weihnachtszeit kommen viele kleine Firmen und Gruppen», beschreibt Casino-Direktor Ivo Adam das besondere Angebot. Am meisten Freude mache ihm aber sein japanischer Koch: «Unser japanischer Chefs Tisch mit Atsushi Hiraoka hat sich gut etabliert, die japanische Botschaft kommt fast jede Woche einmal vorbei, das ist ein gutes Zeichen», sagt Adam, der sich aus dem Casino verabschiedet; Florian Bettschen übernimmt ad interim.
#2 Markus Arnold & sein Lissabon-Menü. Er bleibt der umtriebigste und vielseitigste Berner Gastronom: Markus Arnold gelingt scheinbar mühelos der Spagat zwischen 17-Punkte-Restaurant, Burger und Ramen am Mittag und weiteren Projekten ausserhalb seiner «Steinhalle»: Eben hat er die zweite Filiale vom «Mama’s Momos» aufgemacht, am Weihnachtsmarkt serviert Arnold buchstäblich tonnenweise Fondue, und im Globus betreibt der Koch mit seinem kongenialen Geschäftspartner Tom Weingart die Rooftop Brasserie. «Mein Highlight war dieses Jahr der Besuch im Restaurant Alma in Lissabon», sagt Arnold. Das habe ihn gleich inspiriert, ein ganzes Lissabon-Menü zu kreieren. Umgesetzt es mit Gerichten wie dem Carabinero mit Krustentier-Bisque-Schaum und japanischem Curry, Kürbis sowie Stangensellerie. Für das kommende Jahr hat Arnold schon wieder eine neue Idee: «Es wird ein Pop-up-Restaurant sein, aber mehr verrate ich noch nicht.»
#3 Fabio Toffolon sagt «tschou». Leider. Ende April muss sich 16-Punkte-Chef Fabio Toffolon aus dem «Äusseren Stand» verabschieden, der Zürcher Frauenverein als Pächter gibt den Standort mitten in der Altstadt auf. Bern verliert damit einer seiner besten Küchenchefs, aber gleichzeitig eröffnet sich möglicherweise eine Chance für Toffolon und seinen Zwillingsbruder Dominik Sato (17 Punkte im Seepark Thun). Die beiden träumen schon seit einiger Zeit von einem gemeinsamen Engagement als «Kitchen Twins». «Dieser Traum ist immer noch aktuell. Aber da Selbständigkeit für uns aktuell nicht infrage kommt, bräuchten wir das richtige Hotel oder einen Investor. Aber dann kann man uns auch im Doppelpack anfragen», sagt Toffolon.
#4 Claudia Salzmanns Entdeckungen des Jahres. GaultMillau-Bloggerin und BZ-Journalistin Claudia Salzmann schreibt für den Channel monatlich über Highlights in ihrer Heimatstadt. Eine ihrer wichtigsten Entdeckungen dieses Jahr: das «Viktor». «Seither rauscht es am Viktoriaplatz konstant. In der hippen Bistro-Bar wird bis spät gefrühstückt, die Karte ist mit oft wechselnden Gerichten bestückt, auch wegen des Teams mit kumulierten 90 Jahren Gastro-Erfahrung, kehrt man hier gern ein.» sagt unsere Frau in Bern und empfiehlt ausserdem einen Besuch im «Nari»: «Wer hätte gedacht, dass «Suban Thai» so einschlagen wird, als Suban Schärer ihren Betrieb vom Stadtrand ins Zentrum verlegt hat. Und mit der zweiten Filiale hat sie den Zeitgeist getroffen: Im «Nari» am Eigerplatz wird konsequent vegetarisch gekocht, Nari Schärer hat von ihrer Mutter viel gelernt und startet nun selber durch.»
#5 Pascal Grobs Dienstreise nach Bern. «Züri isst»-Blogger Pascal Grob nahm den Intercity vom Zürcher Hauptbahnhof in die Bundesstadt, und der versierte Talent-Scout wurde auch in Bern fündig: «Der Familienbetrieb ‹Da Nino› überzeugt mit einem tadellosen Pizzateig und einfallsreichen, qualitativ hochwertigen Toppings, die bestens harmonieren: ‹Diavola› mit scharfer Salami und Chimichurri, ‹Prosciutto› mit Berner Hamme oder ‹White funghi› mit Pilz-Zitronen-Creme, Champignons und Blattspinat. Montags trifft sich hier übrigens die Berner Gastro-Szene.»
# 6 French, urban, chic: Das neue Bellevue-Palace! Staatshotel war mal. Das ehrwürdige Swiss Deluxe Hotel «Bellevue Palace» mutiert zu einem frechen Treffpunkt für alle: Für Politiker, Wirtschaftskapitäne und Einflüsterer, vor allem aber auch für Berner und für Lifestyler. Langzeit-General Manager Urs Bührer löst das Versprechen «french, urban, chic» konsequent ein. Kein Fine Dining mehr im Restaurant, dafür smarte Brasserie-Küche im neugestalteten «Vue» und im trendigen «Noumi». Die Lobby wurde zur Lounge. An den Bars stehen 99 verschiedene Gins zur Wahl. Ein neues Wohnzimmer für Bern, mit DJ am Wochenende.
# 7 Drei Tipps: Lagerhärdöpfu, Dim Sum & Ravioli. Drei Berner Restaurants sind den GaultMillau-Testern 2022 besonders aufgefallen. «Moment», «Huayuan» und «Zähringer». Ruben Sägesser sorgt im «Moment» für besondere Momente, holt sich mit seiner konsequent regionalen Küche den 15. Punkt. Auf seinem Menü «Carte Blanche» auch eine «Wertschätzung ans (Sauerteig-)Brot und eine «Hommage an Lagerhärdöpfu». Im «Huayuan» sollte man sich von den vielen Buddhas und Lampions nicht abschrecken lassen. Hier gibt’s nicht üblichen chinesischen Convenience-Food, sondern prima Dim Sum, hundertjährige Eier und ein Drei-Tassen-Huhn nach Szechuan-Rezept. Im «Zähringer» direkt an der Aare steht der Ur-Walliser und Jeune Restaurateur Gaston Zeiter ziemlich einsam am Herd. An seinen fantastischen Ravioli führt kein Weg vorbei, den Coq au vin und das Cordon bleu (mit Heida-Käse aus Visperterminen) können wir auch empfehlen.
>> www.restaurant-zaehringer.ch
>> Fotos: Yoschiko Kusano, Anders Stoos, Olivia Pulver, Pascal Grob, Kurt Reichenbach