Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver
Petri Heil. Walchwil, 4 Uhr morgens: Motorengeräusche durchbrechen die dunkle Stille, zwei Fischerboote gleiten zügig auf den Zugersee. Arthur und Theo Zimmermann müssen ihre Netze mit den gefangenen Felchen einholen. Heute sind sie nicht alleine. Gregor Smolinsky, 16-Punkte-Chef in der «Sihlhalde» in Gattikon, und Luca Bianchi, Co-Geschäftsführer beim Delikatessenhändler Bianchi, dürfen bei Arthur mit aufs Boot. Trotz zusätzlichem Gewicht wird nicht lange erklärt, hier hat man einen Job zu erledigen. Mit Speed geht’s ab auf den See, ein paar Möwen begleiten die Boote wie Flieger-Patrouillen. Die Brüder halten nach ihren Bojen Ausschau, die die Netze markieren. Theo verschwindet nach kurzer Zeit in der Dunkelheit.
Keine grosse Hilfe. Arthur hat den Anfang gefunden und zieht das Netz ein. Die Felchen haben sich in den feinen Kunstfasern verheddert. Der Fischer befreit sie, um sie dann mit einem gezielten Schlag auf die Bootskante zu töten. Bei grösseren Exemplaren gibt’s ab und zu auch mal mit dem Knüppel «eins auf die Rübe». So gehts Schlag auf Schlag, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kisten füllen sich. 17 Kilo oder rund 70 Fische passen da rein. «Smoly» und Luca Bianchi schauen fasziniert zu. «Wir waren vermutlich mehr im Weg, als dass wir helfen konnten», sagt Smolinsky. «Beim letzten Netz durften wir uns aber nützlich machen.»
Eine Überraschung im Netz. Auch bei Bruder Theo auf dem Boot läufts rund. «2020 ist eine gute Saison», sagt der 71-Jährige. Die Fische, die den Brüdern ins Netz gehen, sind etwa zwei bis drei Jahre alt. Was noch zu klein ist, bleibt gar nicht erst im Nylon-Geflecht hängen. Auch Beifang ist hier kein Thema. «Ich habe noch keinen Delfin rausgezogen», scherzt Theo. Dafür ist dem Fischer an diesem Morgen ein Hecht ins Netz gegangen. Ein absoluter Glücksfall!
Sauber oder nicht? Langsam wird es hell, die Sonne versteckt sich aber noch hinter dem Berg. Ein Traumtag – obwohl es ziemlich frisch ist auf dem See. Theo fischt kurzärmlig. «Perfekt», schwärmt er. Doch selbst wenns regnet, macht ihm das nichts aus. «Nur der Wind ist ecklig.» Nach rund zwei Stunden werden die Fische im Netz weniger. «Das Netz ist voll mit Algen, die Felchen schwimmen lieber im sauberen Wasser.» Der Zugersee sei in einem guten Zustand, besser als noch vor Jahren, als überdüngt wurde. Die «Studierten» seien allerdings anderer Meinung. «Sie sagen, der See sei zu dreckig. Wir sagen: Das stimmt nicht.»
Am liebsten Filet. Arthur hat am Vorabend sechs Netze ausgeworfen, Theo acht. Arthur ist also schneller fertig. Die Brüder fischen und verkaufen separat, die Infrastruktur an Land teilen sie sich. Erst müssen die Fische entschuppt werden. Das geschieht mit einer Kartoffelschälmaschine. Dann werden Kopf und Schwanz abgeschnitten, der Rest kommt in die Filetiermaschine.
Mehr Wertschätzung! Gregor Smolinsky nimmt gleich vier Kilo mit in die «Sihlhalde». Die Zubereitung ist gar nicht so leicht, das richtige Timing ist alles. «Ich gare sie nur ganz kurz unter dem Salamander. Etwa 40 Sekunden», verrät er. Serviert werden sie mit einer Beurre blanc und Salzkartoffeln. Simpel, aber perfekt. Für den Hobby-Fischer war der Morgen mit den beiden Berufsfischern ein Highlight. «Genial, wenn man sehen kann, wie die Produkte quasi aus der Quelle gezogen werden. Eigentlich sind die Felchen viel zu günstig, wenn man den ganzen Aufwand dahinter sieht. Die Wertschätzung für das Produkt fehlt häufig noch. Aber ich ziehe Felchen eindeutig dem Wolfsbarsch vor.»
Zusammenarbeit seit Jahrzehnten. Wenig später steht schon der Bianchi-Chauffeur auf der Matte. «Die meisten Restaurants bestellen Felchen-Filets. Auf Wunsch liefern wir die Fische aber auch ganz», sagt Luca Bianchi. Ziehen die Zimmermann-Brüder besonders viel Fisch aus dem See, reiche es sogar für Privatkunden. Der Fisch-Spezialist Bianchi arbeitet schon lange mit den Brüdern aus Walchwil zusammen. Wie lange genau, will Luca wissen. «Keine Ahnung», sagt Arthur. «Ich habe schon mit deinem Urgrossvater Geschäfte gemacht.»
>> Die Bianchi AG ist Spezialist für Fisch, Krustentiere, Fleisch, Geflügel und andere Spezialitäten. Der grösste Lieferant der Schweizer Gastronomie ist in Zufikon AG und in Saint-Prex VD zu Hause. www.bianchi.ch