Text: Urs Heller Fotos: Charles Seiler, Bruno Voser, HO
38 Jahre sind genug. Georges Wenger (Bild oben) war 38 Jahre lang ein fantastischer Gastgeber in seinem heimeligen Restaurant gleich neben dem Bahnhof von Le Noirmont. Er begeisterte seine Gäste. Und die Tester: 20 Jahre lang schickte ihm der GaultMillau 18 Punkte in den Jura. Eine grossartige Leistung. Georges Wenger ist mehr als nur ein Starchef. Er setzte sich ein für seine abgelegene Region. Er kochte am liebsten mit Produkten aus der Region. Und er setzte sich für den Nachwuchs ein – auch für Jungköche aus anderen Betrieben. Ende Jahr will Wenger altershalber abtreten.
Der Neue in Le Noirmont: Jérémy Desbraux, «le second» von Franck Giovannini in Crissier VD.
Sie regeln nach 38 Jahren (!) ihre Nachfolge: Andrea und Georges Wenger, Le Noirmont.
Crissiers Nummer 2 kommt! Eine schwierige Entscheidung für Andrea und Georges Wenger. Aber natürlich haben sie auch diesen Schritt akribisch vorbereitet. Der Nachfolger ist erstklassig: Jérémy Desbraux übernimmt. Referenzen? Jérémy gewann 2015 den angesehenen «Prix Taittinger» und kochte für berühmte Chefs. Erst für Etienne Krebs und Gérard Rabaey, die letzten Jahre im «Hôtel de Ville» in Crissier bei Philippe Rochat, Benoît Violier und Franck Giovannini. Franck: «Er ist meine Nummer 2 und ich lasse ihn nur ungern ziehen. Ich verstehe, dass er diese Chancen packen will. Und ich freue mich für Georges, dass er einen so tollen Nachfolger findet.»
Jérémy Desbraux (r.) ist Franck Giovanninis bester Mann. Jetzt wird er Patron in Le Noirmont.
Verliebt in den Jura. Le Noirmont liegt in den Franches-Montaignes auf 971 Metern, zählt gerade mal 1687 Einwohner. Nicht gerade der Nabel der Welt, aber kein Problem für den 32jährigen Chef: «Ich fühle mich im Jura sehr wohl», sagt Jérémy, «ich freue mich auf diese Aufgabe.» Desbraux will im Februar eröffnen. Seine Partnerin Annaelle Roze wird ihn nach Le Noirmont begleiten. Wichtige Bezugspersonen sind bereits seit Jahren dort: Bruder Florian, ebenfalls ein starker Koch. Und Schwägerin Isabelle. Das wird eine echte «family affair»!
Eine 18-Punkte-Adresse im fernen Jura: Le Noirmont, das beste «Bahnhofbuffet» der Schweiz.
Wenger & sein Weinkeller. Wengers Küche ist landesweit berühmt (auch für den legendären «benichon»), aber auch der Keller hat Klasse. Georges Wenger lagert Jahrgänge, um die ihn die Fachwelt beneidet. Der Keller bleibt in seinem Besitz, steht den Nachfolgern aber zur Verfügung. Die abtretenden Patrons: «Wir werden unsere Nachfolger in jeder Beziehung unterstützen.» Noch bleiben ja ein paar Monate. Wetten, dass alle Wenger-Fans nochmals nach Le Noirmont pilgern, gewissermassen zum «letzten Abendmahl»?
