Text: Urs Heller I Fotos: Lukas Lienhard
Freie Sicht in die Küche. Showtime an der Haldenstrasse 19 in Luzern: Pietro Catalano kocht, verspricht «Transalpines Fine Dining». Sein Restaurant ist integriert in eine grosszügige Galerie («Impulse Gallery», Marmor-Skulpturen von Christian Bolt), und an der Bar des «Mixologists» führt kein Weg vorbei. Andrei Bolshakov aus Moskau, auf der Liste der «World’s 50Best Bars», liefert die Rezepturen und schult das Team. Die Grenzen sind fliessend: Die Gäste haben freie Sicht in die Küche, Autodidakt Pietro serviert seine Kreationen am liebsten selbst, mit wortreichen Erklärungen, die uns ein wenig an den «Chrüter-Oski» in seinen besten Zeiten erinnern. Den ersten Applaus holt er sich schnell ab, dank sechs Amuse-bouches der Extraklasse. Auch das Menü überzeugt. Von einer kleinen Ausnahme mal abgesehen. Grosses Bild oben: Team Catalano, v.l. Rafa, Giovanni, Elena und Pietro Catalano, Stefania, Franziska.
Power-Fleisch von Piemonteser Rindern. Highlights? Alles, was Pietro Catalano vom Bauernhof «Frisch vo de Tanne» in Ebersecken LU bezieht. 30 Mutterkühe der edlen Rasse Piemonteser weiden dort. Wir kriegen das saftige Fleisch zum Start (Rinderhuft im Filoteig, gebeizt & dehydriert) und im Hauptgang (Entrecôte, dünn aufgeschnitten, mit Pfeffer in der Sauce) und sind von Qualität und Zubereitung begeistert. Gilt auch für alles, was sich hinter dem Stichwort «Safran» verbirgt. Catalano, zuvor fünf Jahre im Aletschgebiet tätig («Heidi’s Hütte», Fiesch), hat den heissen Draht nach Mund VS und kriegt ein paar Gläsli vom begehrten Safran. Er setzt das «rote Gold» bei seinem Fischgang ein: Seesaibling, sanft gegart, dazu eine überzeugende Bouillabaisse-Sauce. Der Gang des Abends!
«Il fazzoletto». Na ja. Von den Agnolotti del Plin, die unter dem Stichwort «Il fazzoletto» aufgetragen werden, waren wir weniger begeistert: Die Teigtaschen sind zwar tadellos zubereitet, werden aber «nackt» auf einer Serviette serviert. Pietro erzählt dazu die Geschichte von den Arbeitern, die früher mit dieser Pasta im Taschentuch aufs Feld gezogen sind. Hübsche Story, schlechte Umsetzung: Ravioli müssen «schwimmen», in Butter, Salbei oder noch besser in einem eleganten Kalbsjus. Wir hätten sie am liebsten in die Waldbrühe geschmissen, die zu diesem Gang serviert wird.
Liebesgrüsse aus Kalabrien. Der Chef stammt aus Zug, seine Vorfahren aus dem Süden Kalabriens. Das weckt Erinnerungen («ricordi»). Die teilt er mit seinen Gästen: «Braccioli di riso» gibt es etwa (frittierte Riceballs mit Gruyère und Basilikum), und auch das feine Olivenöl, gewonnen aus den 800 Bäumen der Familie, hat seinen Auftritt. Aus dem Norden Italien ein mächtiger Alba-Trüffel, der angenehm grosszügig geraffelt wird. «La Famiglia» spielt eh eine zentrale Rolle: Schwester Stefania ist Pietros Partnerin im Ristorante, verspricht
«All-in»! Die Sache mit der Rechnung. Im «CAAA» fällt die Rechnung heftig aus, auf den ersten Blick zumindest (CHF 244 bis CHF 470). Aber dafür ist alles inbegriffen: Der Siebengänger. Sechs Amuse-bouches, zwei Desserts, liebevolle Friandises. Die Cocktails an der Bar. Der Champagner. Die Weinbegleitung. Der Espresso (selbst geröstete Bohnen). Olivenöl und Geschichten vom Chef.- Kleiner, feiner Garten im Sommer. GaultMillau-Rating? Wir legen uns erst nach einem weiteren Besuch fest, attestieren aber gerne: Start geglückt.