Text: GaultMillau Schweiz Fotos: Joseph Khakshouri, Urs Homberger
Ascona – Arosa. Er wollte auch im Winter etwas mehr zu tun haben, und einen solchen Wunsch sollte man einem talentierten Küchenchef wie Marco Campanella natürlich nicht abschlagen. So kocht der sympathische Deutsche mit italienischen Wurzeln im Sommer im «La Brezza» im Hotel Eden Roc in Ascona und wechselt gegen Ende Jahr dann nach Arosa ins einmalige Swiss Deluxe Hotel Tschuggen.
Gut gebucht, hervorragende Performance. Eine richtige Entscheidung, wie es aussieht, das gemütliche Restaurant ist gut gebucht, die Performance der Küche hervorragend. Schon die ersten Kleinigkeiten sind geschmacklich stark: Rindertatar im Brik-Teig mit Sardelle, Brötchen mit hausgemachtem Pastrami und Barbecuesauce, hauchdünne Petersilien-Tartelette mit Kürbis-Espuma und mit Asia-Mayonnaise gefüllte Puntarelle. Glasig gebratener Kaisergranat aus Südengland wird leicht herb und erdig kombiniert mit Rande und Bergamotte sowie in einer zweiten Schale als Tatar mit Ponzu-Vinaigrette verfeinert.
Soul-Food auf höchstem Niveau. Aber Campanella kann auch Soul-Food auf höchstem Niveau. Zuerst mit einem hervorragenden Löffelgericht aus confiertem Eigelb, Zwiebel-Chutney und Bergkartoffel-Schaum und anschliessend mit seiner Variante von Tortellini in Brodo: Hauchdünne Pastahüllen, mit Entenfarce gefüllt und an einer eleganten Entenconsommé mit dem feinen Parfüm von Zitronengras serviert. Der folgende sanft gegarte Black Cod hat eine mundfüllende, fast cremige Konsistenz, etwas Sauerkraut und eine Beure blanc mit Kräuteröl sorgen für ein perfektes Säurespiel sowie geschmacklicher Tiefe und Breite gleichzeitig.
Kalb und Taube. Der erste Hauptgang besteht aus Schwarzwurzeln in verschiedenen Texturen, sie begleiten rosa gebratenen Kalbsrücken mit einer wunderbar knusprigen Fettschicht und schöner Fleischstruktur. Der spürbar sorgfältig angesetzte Kalbsjus wird mit Nussbutter aufmontiert und etwas geschmorte Haxe erhält durch ein Stück Amalfizitrone einen gezielten Säure- und Frischekick. Brust und Keule von der Taube aus dem Hause Alfred von Escher gibt es mit Topinambur, Rotweinschalotte und Purple Curry – handwerklich hervorragend, aber auch etwas brav und spannungsfrei dargeboten.
Zweimal Joghurt. Zum Schluss wird zweimal Joghurt aufgetragen, einmal als charmant am Tisch zubereitetes veganes Pre-Dessert auf Sojabasis und dann, passend zum Land von Milch und Butter, aus der Sennerei. Die Kombination aus Joghurtmousse, Madarinen-Gel und Basilikumsorbet steht, wie das ganze Menü, für eine wohltuende Leichtigkeit, die mit intensivem Geschmack und Raffinement in der Zubereitung einhergeht. Einen Versuch wert ist übrigens auch das pflanzenbasierte Wintergarten-Menü, bei dem nur auf tierische Produkte, nicht aber auf intensive Aromen verzichtet wird. Marco Campanellas erste Saison in den Bergen ist geglückt, 17 Punkte auch auf 1800 Metern über Meer!
Tschuggen Grand Hotel
La Brezza
17 Punkte
Tschuggentorweg 1
7050 Arosa