Text: Siméon Calame 

Eine verschworene Truppe. Vor zwei Jahren eröffnete Benoît Carcenat das «Valrose» in Rougemont VD. Mit tollen Referenzen: Entscheidende Jahre in der Talentschmiede «Hôtel de Ville» in Crissier, «Meilleur Ouvrier de France». Nur ein Jahr später zeichnete ihn der GaultMillau als «Koch des Jahres» und mit 18 Punkten aus. Seither sind die Tische im «besten Bahnhofbuffet der Schweiz» heiss begehrt. Im «Valrose» ist eine verschworene Truppe unterwegs. Benoît Carcenat, seine Frau Sabine und Mathieu Quetglas («Sommelier des Jahres 2022») führen das kleine Viersternehotel, das Fine-Dining-Restaurant «La Table du Valrose» und das sympathische «Le Café» mit seiner feinen Brasserie-Küche. Rückblick auf ein Jahr, das ihr Leben veränderte. Grosses Bild oben: Chefkoch Victor Moriez, Benoît Carcenat und Chefpatissier Josselin Jacquet.

 

Benoît Carcenat, trotz aller Erfolge scheinen Sie nicht übermütig geworden zu sein.

Benoît Carcenat: Warum auch? Wir sind stolz auf die Auszeichnungen, aber wir haben auf so ein Ergebnis nur einen Einfluss: Wir müssen gut arbeiten und immer besser werden!

Sabine Carcenat: Wir sind erst seit zwei Jahren dabei! Wir sind immer noch klein und müssen uns die damit verbundene Bescheidenheit bewahren. Manche neigen dazu, das «Valrose» mit anderen Spitzenrestaurants zu vergleichen, aber die haben alle eine ganz andere Geschichte!
 

Benoit Carcenat wird Koch des Jahres 2022

Ein grosser Moment: GaultMillau-Chef Urs Heller zeichnet Benoît Carcenat als «Koch des Jahres 2023» aus.

Valrose Mathieu Quetglas Sommelier de l’année

Leistungsträger im «Valrose»: Mathieu Quetglas, «Sommelier des Jahres 2022».

Trotzdem. «Koch des Jahres», «Sommelier des Jahres», «Cuisinier d'Or», Vinum Goldmedaille, ein Michelin-Stern - das ist doch schon ein Grund, stolz zu sein.

Benoît Carcenat: Aber natürlich! Wir fühlen uns wirklich privilegiert. Wir haben zwei fantastische Jahre mit vielen unvergesslichen Momenten hinter uns. Aber wir bleiben auf dem Boden: Unser oberstes Ziel ist es, unseren Kunden und uns selbst Freude zu bereiten. Natürlich ist es schön, Auszeichnungen zu erhalten, aber sie sind nicht der Grundstein für die Einnahmen (lacht).

 

Sie sprechen von unvergesslichen Momenten. Beispiele dafür?

Benoît Carcenat: Der Tag der Eröffnung. Und der Tag, an dem uns der Titel «Koch des Jahres» verliehen wurde. Aber auch die GaultMillau-Gartenparty im letzten Sommer hat mich beeindruckt. Dass die Gäste ihre Emotionen mit uns teilen, dass unsere Küche die Seelen berührt, ist eines der besten Komplimente, die ein Chef kriegen kann.

 

Mathieu Quetglas, Sie hatten die schwere Aufgabe, eine Weinkarte von Grund auf neu zu erstellen. Drei Monate später wurden Sie zu GaultMillaus «Sommelier des Jahres» gekürt. Das war ein großer Erfolg.

Mathieu Quetglas: Für einen Sommelier ist es eine außergewöhnliche Chance, mit einem leeren Blatt Papier beginnen zu können. Ich konnte wirklich recherchieren, Referenzen erstellen, kleine Winzer entdecken. Nach zwei Jahren zählen wir 940 Referenzen auf der Karte und es liegen tausend Flaschen im Alterungskeller.
 

Benoit Carcenat, Restaurant Valrose 2022: Sabine Carcenat, Hoteldirektorin Kinder: Gaspar (1 1/2), Agathe (4)

Der «Koch des Jahres» im Kreise seiner Familie, mit seiner Frau Sabine und seinen Kindern: Gaspard, zwei Jahre alt, und Agathe, fünf Jahre alt.

Benoit Carcenat, Restaurant Valrose 2022: Sous-Chef Victor Mories Chef de Patisserie Josselin Jacquet

«Zentrale Elemente, ohne die nichts möglich wäre»: Chefkoch Victor Moriez (l.), Chefpatissier Josselin Jacquet (r.).

Wir nehmen mal an, viele Berufskollegen besuchen Sie im «Valrose».

Benoît Carcenat: Oh ja, sehr viele. Es ist schön, sie bei uns zu treffen und sich auszutauschen. Franck und Stéphanie Giovannini sind sogar nach Rougemont gekommen, um bei uns ihren 20. Hochzeitstag zu feiern!

 

Welche Persönlichkeit würden Sie gerne in Ihrem Lokal begrüssen?

Sabine Carcenat: Meine Eltern sind große Opernliebhaber. Aufgrund der Nähe zum Menuhin Festival in Gstaad hoffe ich jeden Sommer, den deutschen Tenor Jonas Kaufmann begrüßen zu können. Und Roger Federer zu empfangen, wäre für uns auch ein grosser Moment.

 

Einen Abend im «Valrose» kann sich nicht jeder leisten. Wie hoch war die höchste Rechnung, die Sie in den letzten zwei Jahren ausgestellt haben?

Benoît Carcenat: 14'000 Franken für einen Sechsertisch, über den Mittag.

Benoit Carcenat, Hotel-Restaurant Valrose, Rougemont, VD

«Valrose» Rougemont: Das schönste Bahnhofbuffet der Schweiz.

Benoit Carcenat, Restaurant Valrose 2022: Frittierte Langoustine mit Krustentier, Langoustinenjus, Kakao, Kakao-Gel, Artischockenpüree, Artischockensalat

Carcenats Küche: Innovativ, ziseliert, aufwendig.

Sie haben das Glück, von Anfang an von einem Mäzen finanziell unterstützt zu werden.

Sabine Carcenat: In diesem Haus wird kein einziger Franken aus dem Fenster geworfen. Wir haben zwar viel Unterstützung, ohne die wir nicht dort sein könnten, wo wir jetzt sind. Aber wir legen Wert darauf, dass unser Unternehmen gesund ist. 

 

Sie wechseln Ihre Karte alle sechs Wochen. Können Sie diesen Rhythmus durchhalten?

Benoît Carcenat: Wir haben es dreizehn Mal gemacht, wir werden es auch 250 Mal schaffen (lacht). Ernsthaft: Den Rhythmus werden wir durchhalten! Das ist unsere Wette, das macht auch unseren Erfolg aus. Vielleicht werden einige Gerichte wieder auf die Karte kommen. Ich wollte das eigentlich nicht, aber wir haben festgestellt, dass einige Rezepte wie zum Beispiel der Steinpilz-Gang verdammt gut waren. Rezepte zu erfinden ist kein Problem, die perfekten Produkte dafür zu finden schon eher.

 

www.valrose.ch
 

Fotos: Thomas Buchwalder, Olivia Pulver, François Wavre / lundi13, Sedrik Nemeth