Fotos: Thomas Buchwalder, HO
Es wird eng am Pass! Gute Chefs kochen im Stress noch besser. Mattias Roock zum Beispiel (grosses Bild oben), Küchenchef im Swiss Deluxe-Hotel Castello del Sole in Ascona. Im «Schloss des feinen Essens» ist Höchstsaison. Alle Zimmer belegt. Alle Tische reserviert. Und anspruchsvolle Gäste, die für ihr gutes Geld auch ziemlich gut essen möchten. Das Epizentrum des Geschehens? Der kleine Pass in der Küche. Da geht alles raus: Die 150 Dinners für die Hotelgäste auf der Traumterrasse «Tre Stagioni». Das 18-Punkte-Menü «Sapori del nostro orto» für die «Locanda Barbarossa». Und so nebenbei Tabouleh, Fattoush und Baba Ghanouj für das orientalische Buffet im «Parco Saleggi». Chef Roock steht am (Eng-) Pass, überwacht jeden Teller, erfüllt klaglos Extrawünsche (davon hat’s ziemlich viele…). Don’t crack under pressure!
Essenz von 22 Tomaten, Yuzu & Pepquino. In der «Locanda» ist «farm to fork» angesagt. Was im Garten und auf dem eigenen Landwirtschaftsbetrieb wächst, wird zu einem beeindruckenden Menü verarbeitet. Die Essenz aus 22 verschiedenen Tomaten (angepflanzt von Direktor Simon Jenny!) mit Ziegenkäse aus dem Verzasca ist längst ein Klassiker. Und wahrscheinlich wird auch der Zander aus dem Lago Maggiore mit Pepquino-Gurken (gibt’s sonst nur in Mexiko) und mit Yuzu einer; Roock zeigt dieses Gericht auch an der GaultMillau Garden Party in Bad Ragaz. Der eigene Loto-Risotto mit angebeizten, leicht geräucherten, frech geflämmten Jakobsmuschel-Scheiben ist beeindruckend, die Fagottini (Ricotta, Stracciatella, Périgord-Trüffel) kunstvoll gefaltet; kriegt man nur mit hartem Training so elegant hin! Einschränken lassen mag sich der Chef nicht: Auch ein marinierter Langustino in einem unglaublichen Sud (Wassermelone, kalter Tessiner Grüntee) oder ein Wolfsbarsch mit Fregola Sarda kommen auf den Tisch. Rating für den «Aufsteiger des Jahres»: 18 Punkte.
«Vollpension» auf der Traumterrasse. Auf der «Tre Stagioni»-Terrasse mitten im riesigen Park nehmen zunächst mal die Hotelgäste Platz. Man kennt sich, grüsst sich und weiss: So gut wie hier isst man selten in einem Hotel. Also buchen 90 der 150 Gäste Vollpension; die gibt’s andernorts schon lange nicht mehr. Inszeniert wird sie bemerkenswert. Wir kriegen einen «Cefalo» und müssen googlen. Ok: Meeräsche heisst das auf deutsch. Der Fisch kommt gebeizt, mit einem kleinem Yuzu/Kräutercrumble auf den Tisch. Sehr erfrischend. Der Risotto wird open-air unter einer kleinen Cloche serviert: Hummerscheiben, wilder Fenchel und vor allem eine tolle Bisque veredeln ihn. Selbst der «Güggel» kriegt bei Roock den gewissen Twist: Die Brust wird an der Karkasse gebraten, die Keule abgetrennt, gerollt und wie ein «Bonbon» serviert. 16 Gerichte stehen jeden Abend zur Wahl. Nicht genug für die Stammgäste am Zwölfertisch: Sie möchten lieber Enten. Kriegen sie. Draussen im Park wird schnell und fröhlich tranchiert. Wir notieren: Die «Tre Stagioni»-Küche wird immer besser. Neues Rating: 15 Punkte.
«Buffet di pesce, frutti di mare e sushi». Im «Tre Stagioni» sind auch Nicht-Hotelgäste herzlich willkommen. Sie kommen vor allem am Freitagabend, denn dann baut Chef Mattias ein Meerfrüchte-Buffet auf, auf dass sich die Balken biegen: Astice, Gamberoni, Gamberetti, Polipo, Salmone, Triglia, Yellow Fin, Jakobsmuscheln-Ceviche, Maki, Nigiri, Sashimi, Dim Sum. Schlaraffenland! Abwechslung ist bei Roock Programm. Also gibt’s mal eine «Serata Ticinese» mit Penne, Polenta und Brasato, mal ein «Tramonto alla Spiaggia», mit Tapas und Paella Ticinese (Loto Reis, Perlhuhn) direkt am Lago Maggiore. Und weshalb wird’s auch noch orientalisch im Park? Roock: «Die Gäste wissen, dass ich ein paar Jahre im Kempinski Doha gearbeitet habe. Also wollen sie auch mal Middle East-Küche. Kriegen sie.»
Die Castello-Ragazzi. Mattias Roock ist der Star. Aber der blonde Hüne, der unerschrocken das Erbe des legendären Othmar Schlegels angetreten hat, ist vor allem auch ein Teamplayer. Er weiss genau: Ohne die 22 Schwerarbeiter in der Küche und ohne die vielen, erstklassigen «Ragazzi» im Service könnte er die grandiose Leistung nicht bringen. Seine wichtigsten Verbündeten: Die Souschefs Leopold Ott und Robert Fiedler. Der neue Pâtissier Charles Piatti. Und Sergio Bassi, einer der besten Maîtres im Land. Er kennt seine Gäste und ihre Macken. Er kennt seinen beeindruckenden Keller. Und um den Humidor kümmert er sich auch noch. Das «Castello del Sole» ist das Flaggschiff in Gratian Andas Hotel-Kollektion «The Living Circle».