Text: Urs Heller I Fotos: Thomas Buchwalder

Stahlbad Badrutt’s Palace. Im spektakulärsten Fünfsterne-Hotel in St. Moritz haben gleich zwei Superstars ihre Filialen: Nobu Matsuhisa und Andreas Caminada. Die haben einen guten Ruf zu verteidigen und überlassen nichts dem Zufall. Mister Nobu schickte zum Start für eine Woche Mark Edwards hin, der seit 26 Jahren für ihn arbeitet und jetzt weltweit für die «Quality Checks» zuständig ist. Auch Andreas Caminada reiste höchstpersönlich an, um an den letzten Details des Festtagsmenüs zu feilen. Beide Chefs wissen: Die «Palace»-Society ist immer gut drauf, ausgabefreudig, aber auch sehr fordernd und mit Sonderwünschen wenig zurückhaltend. Kochen im «Badrutt’s» heisst Kochen im Stahlbad. Grosses Bild oben: «Igniv»-Chef Gino Miodragovic.

St.Moritz Spezial 2022: Gino Miodragovic, Igniv

Gut so? «Igniv»-Chef Gino Miodragovic (r.) feilt mit seinem Boss Andreas Caminada an den letzten Details fürs Festtagsmenü.

Ginos Rückkehr nach St. Moritz. Andreas Caminada vertraut das «Igniv St. Moritz» diesen Winter einem erstklassigen Chef an: Gino Miodragovic steht in der Showküche und stemmt den Job mit einer Brigade, die noch nie im «Palace» gearbeitet hat. Immerhin kennt sich Chef Gino im Engadin aus: Er war schon mal Souschef im Haus, ehe er in Zürich arbeitete (bei Nenad Mlinarevic und im «Franz»). Gino holt sich schnell Applaus: Sein erstes Menü «sitzt». Er bleibt auch in Stressminuten ganz cool, hat das Timing im Griff, serviert souverän Vegi-Alternativen und «Specials». Gemeinsamer Nenner bei den 18 (!) Gängen zum Teilen: Der Geschmack stimmt! Das ist für Boss Caminada das Wichtigste. Und für den GaultMillau auch.

 

Hummer statt Hühnchen im «Caesar’s Salad». Erfahrene Köche und «Menü-Dramaturgen» wissen: Zum Start in den Abend muss gleich ein Hammer auf den Tisch. Also gibt es bei den «Häppchen» nicht nur wie in allen «Ignivs» üblich ein Überraschungsei (hier mit Rollgerste, Spinat und Sauerkraut) und ein Macaron (Geflügelleber, Rotkohl), sondern auch Tacos der Extraklasse. Pastrami ist drauf, im Haus gepökelt, gebeizt und 18 Stunden gegart! Der zweite Hammer: Ein «Caesar's Salad», Gino-Style. Heisst: Hummer statt Hühnchen auf den Salatblättern, eine geniale Salatsauce. Miodragovic steht für präzise Quellenangabe: «Diese Mayo hat mir Sergio Herman in Holland beigebracht.»
 

St.Moritz Spezial 2022: Gino Miodragovic, Igniv: Langustine, Kürbis, N'duja

Die Sauce des Abends! Krustentier-Nage mit N’duja-Öl für die Schärfe. Die Languste spielt nur die zweite Hauptrolle.

Ein Traum von einer Krustentier-Nage. Die beste Vorspeise? Langustine! Oder genauer: Langustine in einer fantastischen Krustentier-Nage. Das Geheimnis für die leise Schärfe in der Brühe: N’duja! Chef Gino stellte aus der scharfen Lieblingswurst der Kalabrier (und der Mafia) ein raffiniertes Öl her, das der Nage (drei Ansätze!) den Extrakick gibt. Zum Weglöffeln gut! Gilt auch für die Fischsuppe, zubereitet mit Bergen von Hummer-Karkassen: Nordsee-Krabben, Heilbutt, Langusten und Langusten-Ravioli schwimmen im weissen Topf. Ravioli-Variante Nummer 2 im ersten «Special»: Schmorbraten im dünnen Teig, weisser Trüffel (Superqualität!) drüber; ein Caminada-Klassiker.

 

Donut, mit Kristal-Kaviar aus der Dose. In den St. Moritzer Swiss Deluxe Hotels führt kaum ein Weg am Kaviar vorbei. Weiss auch Chef Gino, und er setzt die Vorgabe ziemlich frech um: Ein erstklassiger Donut wird serviert, dazu eine Dose mit Kristal Kaviar von Kaviari, Eigelb-Crème, Crème fraîche, Schnittlauch und Zwiebeln; die Gäste richten für einmal selber an. «Sterne- und Punkteküche darf auch frech und fröhlich sein», findet Miodragovic. Auch sehr gut: Der Zander mit Kohlrabi, Gazpacho und Jalapeño, die dehydrierte Karotte mit Kimchi.
 

Der Kartoffel-Code: Viel Nussbutter, viel Alba-Trüffel. Vier Hauptgänge zum Schluss. Natürlich war die Miéral-Ente, zwei Wochen zusätzlich abgehangen, der Star, auch dank Schwarzwurzeln und klassischem Entenjus. Natürlich mochten wir auch die Kalbsbacke mit Kohl, Kräuter und Esme (!) und die Bittersalate mit Pilzen und Miso. Aber am schnellsten weggeputzt war das Schälchen mit einer auf den ersten Blick ganz «normalen» Kartoffel-Mousseline. So ganz «normal» war sie nicht: Reichlich Nussbutter war drin, und reichlich Alba-Trüffel gab’s drüber. «Stocki de luxe»! Eigentlich wollten wir auch noch den Pâtissier rühmen für Quarksoufflé, für Schokolade mit Chantilly und Mango mit Joghurt und Shiso, aber der fehlt in der Mannschaftsaufstellung: Für die Desserts sorgt der Chef persönlich, unterstützt von seiner Köchin Janine Knutti. Sie sind auch für den fantastischen Candy-Store zuständig, bei dem jeder Gast noch einmal begeistert zuschlägt. 

 

>> www.badruttspalace.com