Text: David Schnapp Fotos: Digitale Massarbeit, Olivia Pulver
Jonathan Pichler, Gemüse im Dessert liegt im Trend. Bei Ihnen auch?
Mit Gemüse arbeite ich nur, wenn es wirklich passt. Beim Pre-Dessert lässt es sich gut einbinden, weil es den Übergang vom Salzigen zum süssen Teil angenehm gestaltet.
Wann passt Gemüse in den süssen Teil des Menüs?
Wenn das Gesamtbild des Geschmacks funktioniert. Natürlich kann man Erdbeeren mit Blumenkohl kombinieren, aber es ergibt nicht so viel Sinn und ist nicht zugänglich für die meisten Gäste.
Wie kombinieren Sie die Aromen Ihrer Desserts?
Oft nehme ich zwei Geschmacksnoten, die bekannt sind, und eine, die als Kontrast eingesetzt wird. Zu Mandarine und Roggen habe ich beispielsweise Lorbeer kombiniert, den man sonst eher vom Fleisch kennt und der dann in einer neuen Kombination eine besondere Wirkung entfaltet hat.
Wie ist der Lorbeergeschmack in das Dessert gekommen?
Ich habe ein Eis auf Milch- und Rahmbasis gemacht und den Lorbeer darin wie in einem Tee ziehen lassen. Dazu habe ich dann eine Art Pulver hergestellt, indem ich Lorbeer erst frittiert und dann mit Panko-Paniermehl, Zitronensaft, Puderzucker und Salz gemixt habe.
Was braucht es, um solche Aromen zu integrieren?
Da braucht es einerseits Experimentierfreude. Andererseits ist es ein Prozess, der auf Erfahrung beruht. Manchmal geht es schneller, manchmal dauert es länger, und manchmal gelingt es gar nicht.
Was ist ein gutes Dessert?
Zuerst geht es um die Saison, vor allem, weil wir im «Magdalena» nicht Produkte aus aller Welt beziehen, sondern uns auf die Schweiz konzentrieren. Dann spiele ich gerne mit Texturen und Konsistenzen. Oft werden Desserts nach dem dritten, vierten Löffel langweilig. Das versuche ich zu vermeiden.
Und wie?
Oft ist es das Verhältnis oder die Portionierung der verschiedenen Zutaten: Diese Faktoren prägen die Wahrnehmung beim Essen stark.
Müssen süsse Geschmackskombinationen immer wieder neu entstehen, oder dürfen sie auch vertraut sein – etwa Birne und Schokolade oder Apfel und Zimt?
Ich will mich bloss nicht selber wieder-holen, aber meine Basis ist die klassische französische Patisserie. Eine Zitronencreme wird bei mir immer noch klassisch gekocht, und ich habe keine Mühe mit bewährten Kombinationen.
Welche geschmackliche Paarung hat Sie zuletzt selbst überrascht?
Der Lorbeer hat mich selbst überrascht und ist bei den Gästen sehr gut angekommen. Auch Desserts mit Salat, wie ich sie bei Christian Hümbs kennengelernt habe, sind interessant. Trotzdem habe ich selbst noch nicht damit gearbeitet.
Welches Dessert eignet sich für zu Hause, wenn nicht zehn Komponenten auf den Teller kommen können?
Tiramisu oder Apfelstrudel geht immer. Beim Tiramisu sollte das Biskuit ordentlich getränkt sein, und es darf ruhig aus mehreren Schichten mit Mascarponecreme und Biskuit bestehen.
>> Jonathan Pichler, 28, ist Chef-Patissier im vegetarischen Restaurant Magdalena in Rickenbach SZ (16 Punkte, zwei Sterne). Der gelernte Konditor aus Vorarlberg war zuvor als Patissier unter anderem bei Jan Hartwig im «Atelier» in München, bei Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein und im «Einsunternull» in Berlin tätig.