Text: Urs Heller
Ein guter Chef ist auch ein guter Metzger! Manchmal sagt ein Lamm mehr als 1000 Worte. Philippe Chevrier und sein langjähriger Küchenchef Damien Coche kaufen das ganze Tier bei einem Bauern ihres Vertrauens im Wallis ein. Dann wird auf «Châteauvieux» in Satigny GE seziert wie in einer Metzgerei. Wir kriegen folglich nicht nur Kotelette und Filet-Stück vom Lamm, sondern auch das zarte Filet Mignon und Panoufle, einen unter den Rippen versteckten Special Cut. Andere «übersehen» dieses Teil oder scheuen die Arbeit; Chevrier seziert, spiesst auf und hat so ein überraschendes Element auf dem Teller. Er pfeffert, wie es seinem feurigen Temperament entspricht heftig und pimpt auch noch die klassische Sauce – mit grünem Curry. «Goût ist alles», lacht der 19-Punktechef und erteilt uns noch etwas Lamm-Kunde: Immer nur die Weibchen einkaufen. Die sind zarter.» Beim Einkaufen die Racks genau anschauen: Die Weibchen haben die kürzeren, dünneren Knochen…
«Tomates Ô Tomates». Mit «Mozz» und Chimichurri. Der Weg hin zum Lamm, serviert auf der wunderschönen Châteauvieux-Terasse mitten in den Genfer Rebbergen, ist lang, aber ausgesprochen vergnüglich: Wir starten mit einem Pulpo-Salat an Chimichurrisauce, einem frechen Cocktail aus Tonic, Gurken und Granny Smith-Apfel und einem Schälchen mit den besten Tomaten vom Markt; «Tomates Ô Tomates» heisst dieser Klassiker auf der Karte. Eine elegante «Mozz»-Mousse, eine «Tuile» aus altem Parmesan und ein Basilikum/Zitronensorbet hieven dieses Gericht in eine höhere Liga. Auch das Ceviche von der Langustine passt prima zu den spätsommerlichen Temperaturen; angerichtet wird mit einem Wassermelonen-Gazpacho und einer soufflierten Mais-Galette.
«Showtime: Crevette royal rouge»! Der Service präsentiert draussen auf der wunderschönen Terrasse mitten in den Genfer Weinbergen eine frische Pracht-Crevette aus portugiesischen Gewässern. Ein knackiges Teil, zum Dreinbeissen gut, mit Sellerie und erfrischenden, rosaroten Grapefruit-Würfeln. Ein kräftiger Consommé von den Karkassen wird zur «Crevette royal rouge» gegossen. Auch der zweite Fisch im Menü stammt aus Portugal: Filet de rouget de roche croustillant! Wie kriegt man einen so heiklen Fisch aussen so knusprig und innen so saftig hin? «Betriebsgeheimnis», lacht Chef Coche. Den sehr präzis gebratenen Rouget gibt’s mit schwarzem Knoblauch und eleganter, milder Safran-Crème.
Feigen und sieben verschiedene Pfeffer. Und nach unserem «Lamm des Jahres»? Pâtissier Nicolas Turin muss ran: Pavlova von schwarzen Früchten! Erstklassig, auch wenn wir den Einsatz von chinesischem «Qiandao»-Kaviar beim Dessert etwas krass finden. Das Schlussfeuerwerk zündete Maître Esteban Valle Trujillo: Er flambierte die ersten Feigen der Saison (aus Sizilien), servierte die süsse Frucht mit sieben (!) verschiedenen Pfeffersorten und einer verblüffenden Vin Jaune-Glace.
«La Chasse». Und Weine von Bonnet. Vier verschiedene Menüs auf Châteauvieux sind zu haben, das à la carte-Angebot ist riesig, und im Herbst kommt Chevriers Lieblingskarte dazu: «La Chasse», Wild & Wildvögel! Die Domaine de Châteauvieux ist auch ein Paradies für Weinfreunde. Die besten Genfer Flaschen sind hier zu haben, zu sehr freundlichen Konditionen und auch im Offenausschank. Unser Tipp: Weine von Nicolas Bonnet; der Genfer Topwinzer und Philippe Chevrier arbeiten eng zusammen.
>> Fotos: Julie de Tribolet, Didier Martenet, HO