Text: Knut Schwander Fotos: HO
Mit Crowdfunding zum 300jährigen Chalet. 2016 schloss Victor Bavaud (grosses Bild oben, links) die Hotelfachschule von Lausanne (EHL) ab, wenig später eröffnete er sein eigenes Lokal, das charmante «Café des Alpes», das dem GaultMillau auf Anhieb 12 Punkte wert war. Eine etwas verrückte Geschichte, denn Gryon ist zwar ein hübsches Waadtländer Alpendorf in der Nähe von Villars-sur-Ollon, aber nicht wirklich eine Metropole für Gourmets. Und: das 300jährige Chalet bedurfte dringend einer umfassenden Renovation! All das schreckte Victor Bavaud nicht ab: er stammt aus der Region und will der Gegend zum Aufschwung verhelfen. Bavaud startete ein Crowdfunding; statt der anvisierten 50’000 Franken schneiten 82’000 Franken herein. Sie ebneten ihm den Weg zu seinem erklärten Ziel: Er will die heimischen Produkte fördern. Und sagt überzeugt: «Mit Fleisch aus dem Ausland könnte ich viel Geld sparen. Aber ich setze auf die Region, was sich genau in jetzigen Zeiten als richtig erweist.»
Lammschulter, Tournedos vom Kalb. Weil das Restaurant zurzeit geschlossen bleiben muss, bietet er seine feinen Fleischgerichte jetzt zum Mitnehmen an und liefert sie in der Umgebung frei Haus. An Ostern zum Beispiel eine mit Bärlauch gewürzte, zwölf Stunden geschmorte Lammschulter. Letzte Woche ein Tournedos vom Kalb. «Und als nächstes werde ich Gitzi anbieten», verrät Bavaud. Bis zu 70 Menüs liefert er pro Weekend aus, auch während der Woche läuft das Geschäft. Der eine oder andere bestellt auch gleich noch den passenden Wein dazu. «Das alles rentiert ja nicht wirklich, aber es hilft mir, einen Teil der Kosten zu decken», sagt er. «Und so entdecken mich neue Kunden, die nach der Krise vielleicht bei mir einkehren».
«Erst auf die Alp, dann auf den Teller.» Mit Freude beobachtet Victor Bavaud die Kühe, die auf den grünen Wiesen rund um sein Chalet weiden. «Die gehen im Sommer zuerst auf die Alp - und danach kommen sie im Café des Alpes auf den Teller.» Und zwar nicht nur ihre Edelstücke, denn Bavaud verwertet das ganze Tier und versteht es, auch die günstigeren Stücke als Delikatesse zuzubereiten. Dabei kann er sich auf die Metzger der Umgebung verlassen, allen voran auf Jean-Pierre Nicollier in Ollon, der ihn sehr gut berät. Neben seinen saisonalen Menüs zum Mitnehmen will Bavaud zudem eine neue Linie lancieren: Gerichte und Saucen, die lange geschmort werden müssen und die heutzutage kaum mehr selber zubereitet werden.
Pata negra aus Neuchâtel. Die jetzige Krise beflügelt Victor Bavaud, sich für die Zeit danach vorzubereiten. Er will sich noch stärker als bisher auf lokale Produkte stützen und seine Karte entsprechend klein halten. «Drei Vorspeisen, drei Hauptgerichte und drei Desserts, aber dafür häufig wechselnd», erklärt er. So kann er auch ortsansässige Bauern berücksichtigen, die jeweils nur ein oder zwei Tiere liefern können. «Zum Beispiel dieses herrliche Angus Beef vom Jorat, das Gitzi der Familie Rod, die Pata negra aus Neuchâtel und die Simmentaler- und Limousin-Kälber aus Chesières», schwärmt er. Und weckt damit Vorfreude auf den Herbst, wenn Bavaud und sein Chef Ashprim Misini im «Café des Alpes» ihre bereits berühmten Wildgerichte servieren. Und natürlich ihre Spezialitäten aus Schweizer Fleisch.